Streikdrohung gegen Privatisierung der Telekom Austria

Die Republik Österreich wird sich gegen den Widerstand der Belegschaftsvertreter von weiteren 17 Prozent der Telekom Austria AG trennen.

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Die Republik Österreich wird sich gegen den Widerstand der Belegschaftsvertreter von weiteren 17 Prozent der Telekom Austria AG (TA) trennen. Dies wird der Aufsichtsrat der staatlichen Privatisierungsholding ÖIAG (Österreichische Industrieholding AG) heute in Wien beschließen. Derzeit hält die ÖIAG noch 42,2 Prozent der Aktien, zuzüglich 5 Prozent, die an eine laufende Wandelanleihe gebunden sind. Sollten auch die verbleibenden 25,2 Prozent veräußert werden, wollen die TA-Mitarbeiter streiken. Seit dem kompletten Ausstieg der Telecom Italia (TI) im Januar ist mit 52,8 Prozent mehr als die Hälfte der Aktien in Streubesitz. Die österreichische Regierung hat wiederholt ihre Absicht zur Vollprivatisierung der TA bekundet, ein im Rahmen des TI-Rückzuges unterzeichnetes Stillhalteabkommen läuft Ende Mai aus.

Dass vorerst nur 17 Prozent abgegeben werden, gilt als ein taktischer Zug, niemand zweifele am Verkauf der restlichen 25,2 Prozent in absehbarer Zeit, meinen Beobachter. Die Schar der Kritiker daran ist groß. Neben der Opposition (SPÖ und Grüne) und den Mitarbeiter-Vertretern hat sich auch Telekom-Chef Heinz Sundt mehrmals für den Staat als Kernaktionär stark gemacht. Die Gewerkschaft verweist auf eine aktuelle Umfrage, wonach fast drei Viertel der Österreicher gegen die Privatisierung der TA sind, sogar 82 Prozent gegen das ebenfalls vorgesehene Abstoßen der Post AG. Daher hat sie heute eine Protestaktion vor dem ÖIAG-Gebäude veranstaltet, während sich die fünf Mitarbeitervertreter im Aufsichtsrat gegen die zehn Kapitalvertreter wohl werden geschlagen geben müssen. "Wir werden versuchen, zur Absicherung der Wandelanleihe weitere zwei Prozent zu reservieren, aber am Ergebnis werden wir nichts ändern können", sagte Michael Kolek, Vorsitzender des Zentralausschusses des Telekom-Betriebsrates in der vergangenen Nacht zu heise online.

In einer langen Sitzung hatte Kolek mit seinen Mitstreitern die weitere Vorgehensweise besprochen, die verbleibenden 25,2 Prozent Staatsbesitz sind heilig. "Wir werden jedes mögliche Gespräch suchen, mit dem Management, der ÖIAG und der Regierung. Hier wird ohne Plan ein stark profitables Unternehmen verkauft, für die Mitarbeiter gibt es überhaupt keine vernünftigen Lösungen. Wenn alles nichts hilft, werden wir streiken." Eine fertige Lösung hat auch Kolek nicht parat, aber er sieht Probleme und will verhandeln. "Es müssten erst Gesetze geändert werden, damit die Beamten für eine vollprivatisierte Telekom überhaupt arbeiten dürften. Das wird schon durchs Parlament gehen, aber wir befürchten eine Husch-Pfusch-Lösung." Mehrere Kollegen hätten sich bereits, zu entlohnter Untätigkeit verdammt, das Leben genommen. "Sie wurden zwar bezahlt, fühlten sich aber als Menschen dritter Klasse."

Auch aus finanzieller Sicht ist der Verkauf umstritten. Die Opposition will lieber auf Dauer Dividenden in der Staatskasse sehen als einen einmaligen Erlös. In Finanzkreisen wundert man sich, dass nicht gleich alles verkauft wird -- für ein Gesamtpaket von 42,2 Prozent könnte ein deutlich höherer Preis erzielt werden als für Teilverkäufe über die Börse. Doch auch das zuletzt erhöhte Angebot der Swisscom dürfte an der alsbaldigen Verkaufsorder nichts mehr ändern. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)