ARD entfernt "Zehntausende Dokumente" aus ihren Online-Angeboten

Die Maßnahmen sind Folge des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der neben gesetzlichen "Verweildauerregelungen" auch eine Negativliste mit für öffentlich-rechtliche Anstalten unzulässigen Angeboten im Online-Bereich enthält. ARD-Chef Peter Boudgoust sieht sich unterdessen in einen "bitteren Medienkrieg" verwickelt.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die ARD hat eigenen Angaben zufolge in den vergangenen Monaten "Zehntausende Dokumente" aus ihren verschiedenen Online-Angeboten herausgenommen. Die Maßnahmen sind Folge des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der neben gesetzlichen "Verweildauerregelungen" auch eine Negativliste umfasst. Letztere legt fest, was die öffentlich-rechtlichen Anstalten im Online-Bereich nicht anbieten dürfen, darunter beispielsweise Preisvergleiche, Kontakt- und Tauschbörsen sowie Spieleangebote ohne Sendungsbezug. Der SWR etwa habe rund 80 Prozent seiner Rezeptdokumente aus dem Bestand gelöscht, teilte die ARD am Mittwoch mit.

Den größten Teil der Löschungen dürften allerdings Inhalte ausgemacht haben, die nach den neuen Regelungen nur noch eine bestimmte Zeit lang in den Mediatheken vorgehalten werden dürfen. So müssen etwa TV-Sendungen nach sieben Tagen aus dem Netz verschwinden, für Großereignisse wie Sportveranstaltungen gilt eine Frist von 24 Stunden. "Presseähnliche Angebote" sind nur mit einem eindeutig ausgewiesenen Sendungsbezug zulässig. Alle Online-Angebote werden zudem im Rahmen eines Drei-Stufen-Tests daraufhin abgeklopft, ob sie vom öffentlich-rechtlichen Auftrag gedeckt sind, ob sie zum publizistischen Wettbewerb beitragen und welcher finanzieller Aufwand für das Angebot erforderlich ist.

Abgeschlossen haben müssen die Sender ihre Drei-Stufen-Testverfahren bis zum 31. August – über die Fortschritte informierten die jeweiligen Intendanten jetzt bei ihrer Frühjahrssitzung in Leipzig. "Seit einem Jahr sind mehr als 100.000 Dokumente aus den ARD-Onlineangeboten genommen worden", erklärte der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust, der mit Kritik an dem Löschdiktat nicht sparte: "Beliebte Inhalte der ARD im Internet müssen von uns aus dem Netz genommen werden. Und die Möglichkeit, unsere Sendungen zeitlich unbegrenzt abzurufen, ist bereits jetzt vielfach eingeschränkt. Das ist schade, da unsere Angebote vor allem wegen der vielen Audios und Videos für die Gebührenzahler einen deutlichen Mehrwert im Netz bieten."

Laut WDR werden ab Juni auf sportschau.de "nur noch 50 bis 60 Prozent der Inhalte online sein, die den Nutzern noch ein Jahr zuvor zur Verfügung standen". Der NDR hat eigenen Angaben zufolge in den vergangenen Wochen mehr als die Hälfte seines Online-Angebots gelöscht, betroffen gewesen seien insbesondere Nachrichten- und Wirtschaftsseiten (79 Prozent). "Im Internet gibt es bei uns keine Expansion, sondern das Gegenteil", führte ARD-Chef Boudgoust weiter aus. Er sei erstaunt, dass in Deutschland solch ein "bitterer Medienkrieg" geführt werde. RTL und Sat.1 hätten im vergangenen Jahr hohe Gewinne erwirtschaftet, was zeige, dass Deutschland "der profitabelste Markt für kommerzielle TV-Anbieter in Europa" sei. (pmz)