Bundesrat streitet über Linie zu Websperren auf EU-Ebene

Der Europa-, der Rechts- und der Wirtschaftausschuss der Länderkammer empfehlen den Länderchefs, die Blockade von Webseiten in einer Stellungnahme zum EU-Richtlinienentwurf gegen Kinderpornos abzulehnen, Innenpolitiker plädieren für "Löschen und Sperren".

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Im Bundesrat gibt es noch Meinungsverschiedenheiten über den Entwurf der EU-Kommission für eine Richtlinie zur Verschärfung des Kampfs gegen Kinderpornographie. So empfehlen (PDF-Datei) der Europa-, der Rechts- und der Wirtschaftsausschuss den Länderchefs, die Blockade von Webseiten in einer Stellungnahme zu dem Vorschlag entschieden abzulehnen. Auch der Innenausschuss hält zwar fest, dass der Opferschutz am besten durch das Löschen von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten wirksam umgesetzt werden könne. Allein er plädiert aber dafür, dass ergänzend auch Zugangssperren angewandt werden sollten. Der Grundsatz "Löschen und Sperren" sei "intensiv zu verfolgen".

Der EU- und der Wirtschaftsausschuss meinten dagegen, das Kommissionspapier mit Zugangserschwerungen setze "nicht bei den Ursachen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern" an. Vielmehr müssten Straftaten in diesem Bereich mit effektiven Ermittlungsmethoden konsequent verfolgt werden. Insbesondere müssten Täternetzwerke und die Betreiber von Servern mit kinderpornographischen Inhalten "mit Nachdruck ermittelt und die entsprechenden Einrichtungen zügig aus dem Internet entfernt werden". Dafür müsse mit den zuständigen öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten kooperiert werden.

Websperren widersprechen nach Ansicht der beiden Ausschüsse auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Mit ihnen könne die Verbreitung von Missbrauchsbildern nicht effektiv bekämpft, die Sperren könnten technisch mit einfachsten Methoden umgangen werden. Auch böten sie keinen Schutz gegen "alternative Verbreitungswege". Sie seien auch nicht erforderlich, damit dem Löschen "ein milderes, mindestens gleich wirksames Mittel zur Verfügung" stehe, das auch praktikabel sei. Sperren setzten nicht unmittelbar beim Verantwortlichen an, zudem erfassten sie oft auch legale Inhalte, deren Urheber in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit empfindlich gestört würden. Der Aufbau einer "Sperrinfrastruktur" sei aus rechtsstaatlichen Gründen bedenklich, "weil diese die Gefahr ganz anderer Verwendungen in sich birgt".

Auf den Grundsatz "Löschen statt Sperren" hat sich eigentlich auch die Regierungskoalition in ihrem Fahrplan für die laufende Legislaturperiode verständigt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière stellte diese Verabredung jedoch jüngst in Frage und appellierte für "Löschen und Sperren". Dieser Kurswechsel wird aber auch in den eigenen Reihen zumindest der Jungen Union kritisiert. Die Länderchefs entscheiden nun am Freitag in der Plenarsitzung des Bundestags über die endgültige Eingabe an Brüssel. (anw)