Ab 1. Oktober: Lkw-Maut auch für 7,5-Tonner

Die Schilder für die Grenzübergänge sind fertig: „Maut/Toll/Péage ab 7,5 t“, heißt es dort künftig in drei Sprachen. Die Ausweitung der Lkw-Maut am 1. Oktober 2015 soll neues Geld für die Straßen bringen. 4,5 Milliarden Euro sind es schon heute jedes Jahr

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Von
  • Martin Franz

Die Ausweitung der Lkw-Maut betrifft auch kleinere Unternehmen, die 7,5-Tonner einsetzt.

(Bild: Daimler)

Die Schilder für die Grenzübergänge sind fertig: „Maut/Toll/Péage ab 7,5 t“, heißt es dort künftig in drei Sprachen. Die Ausweitung der Lkw-Maut am 1. Oktober 2015 soll neues Geld für die Straßen bringen. 4,5 Milliarden Euro sind es schon heute jedes Jahr.

Was ändert sich? Und für wen?

Seit 2005 wird die Maut für alle Lastwagen aus dem In- und Ausland kassiert, die mit Anhänger mindestens zwölf Tonnen wiegen. Diese Gewichtsgrenze wird nun deutlich abgesenkt – auf 7,5 Tonnen. Damit sind ganz neue Branchen betroffen. „Das kann der Transporter sein, der die Hotels mit Wäsche versorgt, es kann der Gerüstbauer sein, der Maurer oder der Fliesenlegermeister, auch Garten- und Landschaftsbau kann's betreffen“, schildert Claudia Steen von der Betreiberfirma Toll Collect. Aber auch für die Speditionen, die ihre Waren von den Verteilzentren oft mit kleineren Wagen in die Fläche bringen, wird es teurer, sagt Markus Olligschläger vom Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV). Toll Collect rechnet damit, dass insgesamt etwa 250.000 Fahrzeuge neu mautpflichtig werden.

Was bedeutet das für die Betroffenen?

Die Maut wird auf allen Autobahnen und bestimmten Bundesstraßen fällig und kilometergenau abgerechnet. Dafür haben viele Lastwagen ein Bordgerät installiert. Es erkennt per Satelliten-Navigation, wenn mautpflichtige Straßen genutzt werden, und übermittelt die Daten über Mobilfunk an Toll Collect. Die Fahrer können die Maut aber auch vor jeder Fahrt übers Internet oder spezielle Terminals an Raststätten, Tankstellen und Autobahnauffahrten entrichten – Voraussetzung ist dann nur, dass der Laster bei Toll Collect registriert ist. Viele Halter haben sich darauf eingestellt: Laut Steen sind inzwischen (Stand: 22. September 2015) 139.000 Fahrzeuge unter zwölf Tonnen registriert, 96.000 davon haben ein Bordgerät eingebaut.

Und warum das Ganze?

Wie so oft geht es ums Geld. Grundidee der Lkw-Maut ist, dass diejenigen, die Straßen und Brücken besonders in Mitleidenschaft ziehen, auch für deren Instandhaltung zahlen sollen. Laut Verkehrsministerium belastet ein 40-Tonner die Straßendecke 60.000-mal stärker als ein Auto. Was dabei verschwiegen wird, liegt allerdings nur allzu klar auf der Hand: Die Rechnung dafür zahlen die Verbraucher, denn keiner wird freiwillig auf Gewinn verzichten und so die gestiegenen Kosten weiterreichen.

„Die Vertiefung der Maut auf Lkw ab 7,5 Tonnen wird uns 300 Millionen Euro pro Jahr mehr Geld für die Investitionen in die Straße bringen“, sagt Ressortchef Alexander Dobrindt (CSU). 80 Millionen Euro extra brachte bereits die Ausweitung auf weitere 1100 Kilometer Bundesstraße zum 1. Juli 2015. Die, die zahlen müssen, finden das System allerdings nicht mehr gerecht.

Was genau wird kritisiert?

Hier kommt eine zweite Neuerung ins Spiel, denn mit der Ausweitung bekommen auch die Mautsätze eine andere Struktur. Sie sind gestaffelt nach Umweltfreundlichkeit und Achszahl des Fahrzeugs. Aber statt bisher zwei Achsklassen gibt es nun vier. Pro Kilometer werden künftig zwischen 8,1 und 21,8 Cent fällig. Keine Rolle spielt dagegen das Gewicht. Mit dem Straßenverschleiß habe das nicht mehr das Geringste zu tun, kritisiert Karlheinz Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr (BGL). „Wenn ich sage, ein Zwölf-Tonner mit vier Achsen wird genauso bemautet wie ein 38-Tonner mit vier Achsen, dann habe ich keine Wegekostengerechtigkeit hergestellt, sondern lediglich eine neue Einnahmequelle erschlossen.“

Wie kommen die Handwerksbetriebe mit der Umstellung zurecht?

Was den Einbau der Bordgeräte angeht, soweit ganz gut, resümiert der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Generalsekretär Holger Schwannecke befürchtet aber, „dass einige Betriebe noch nicht voll realisiert haben, dass sie künftig betroffen sein werden“ – und appelliert „an die Kulanz der Kontrollbehörden in der Umstellungsphase“. Dazu kommt ein spezielles Problem: Etliche Kleinbusse oder Pick-ups überschreiten die 7,5 Tonnen überhaupt nur, wenn sie mit Anhänger fahren. Manchmal kommt es sogar noch aufs Gewicht des transportierten Werkzeugs oder Baumaterials an. Der ZDH wünscht sich deshalb Ausnahmeregelungen für Anhänger.

Und die Zukunft?

Umstritten ist, ob eines Tages auch Lastwagen zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen und Busse Maut zahlen sollen. Denn wenn Dobrindt seine Pkw-Maut gegen den Widerstand der EU-Kommission durchsetzt, fallen allein sie aus dem System. Konkrete Pläne gibt es dafür derzeit nicht. Im Koalitionsvertrag vereinbart ist aber, dass die Lkw-Maut 2018 auf alle 39.000 Kilometer Bundesstraße ausgeweitet werden soll. Das würde noch einmal zwei Milliarden Euro extra in die Kassen bringen. „Die Vorarbeiten dazu laufen“, heißt es aus dem Ministerium.

(mit Material der dpa)

(mfz)