Abgasskandal: Illegale Software bei Audi und Porsche

Der Abgas-Skandal lässt dem Volkswagen-Konzern keine Verschnaufpause. Auch die Premiumtochter Audi gibt zu, bereits seit 2009 eine Software eingebaut zu haben, die nach US-Gesetz unzulässig ist. In Europa gibt es erste Fortschritte bei der Krisenbewältigung

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 16 Kommentare lesen
Abgasskandal: Illegale Software bei Audi und Porsche
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Pillau

Wie von den US-Behörden vermutet, arbeitet auch in größeren Dieselautos der Marke VW und den Konzerntöchtern Audi und Porsche eine verbotene Software, welche die Abgaswerte manipuliert. Audi räumte am Montagabend die Installation eines Programms in V6 TDI 3,0-Liter-Motoren ein, das in den USA als illegal gilt. Zumindest in Europa konnte Volkswagen zuletzt aber auch mal mit positiven Nachrichten aufwarten.

Volkswagen setzt das Aggregat seit 2009 im VW Touareg ein.

(Bild: Volkswagen)

Bislang hatte der Konzern in den USA nur zugegeben, bei 2,0-Liter-Motoren gezielt getrickst zu haben. Als der Abgas-Skandal im September ins Rollen kam, hatte der später zurückgetretene Volkswagen-Chef Martin Winterkorn schnell ein umfassendes Schuldgeständnis im Namen des Konzerns abgegeben. Die Anfang November von den US-Umweltbehörden EPA und CARB erhobenen Vorwürfe gegen den größeren, von der Tochter Audi entwickelten Motor waren bislang aber stets abgestritten worden.

Der Konzern bemühte sich, den Fall vom bereits gebeichteten Skandal abzugrenzen und als vermeintliches Missverständnis mit den US-Aufsehern um eine eigentlich legitime Software darzustellen. Nun teilte Audi aber mit, den US-Behörden seit 2009 in Zulassungsverfahren insgesamt drei Programme nicht offengelegt zu haben. Eines davon werde nach geltender US-Gesetzgebung als „Defeat Device“ betrachtet. So bezeichnen EPA und CARB verbotene Programme zur Manipulation von Abgas-Messwerten.

Der Porsche Cayenne Diesel fährt mit einem V6-Motor, der von Audi in Neckarsulm entwickelt wurde. Audi hatte am Montagabend den Einsatz von unerlaubter Software eingestanden.

(Bild: Porsche)

Defeat Devices, auf Deutsch als Abschalteinrichtung bezeichnet, können feststellen, ob sich ein Auto im Emissionstest befindet. Nur dann wird die Abgasreinigung voll aktiviert. Im Normalbetrieb liegt der Ausstoß bestimmter Schadstoffe deutlich höher als auf dem Prüfstand. Der Einbau solcher Software verstößt gegen US-Klimaschutzgesetze und kann mit drastischen Strafen geahndet werden. Volkswagen drohen immense Bußgelder, teure Rechtsstreits und hohe Rückrufkosten.

Zwar bestreitet Audi weiter eine vorsätzliche Täuschung. Ein Sprecher sagte, es handele sich bei dem strittigen Programm nicht um eine Manipulations-Software: „Dann müsste das System auf dem Prüfstand anders agieren als auf der Straße – das ist aber nicht der Fall. Das Fahrzeug erkennt nicht, wenn es auf dem Prüfstand steht.“ Für die US-Regulierer zählt aber, dass die Software in den USA illegal ist und der Hersteller sie über Jahre nicht vorschriftsgemäß angemeldet hat.

Der Dreiliter-V6-Common-Rail-Diesel mit 262 PS des Porsche Cayenne Diesel.

(Bild: Porsche)

Audi hat nach eigenen Angaben mit den Umweltbehörden weitere Schritte der Zusammenarbeit vereinbart und volle Kooperation versprochen. Der Verkaufsstopp für die betroffenen Modelle sei bis auf weiteres verlängert worden. Das Unternehmen werde das Programm nun überarbeiten, detailliert dokumentieren und in den USA erneut zur Genehmigung vorlegen. Das Unternehmen schätzt den finanziellen Aufwand auf „einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag“.

Audis Erklärung ändere nichts am Vorgehen der Behörden, sagte ein CARB-Sprecher. Erst am Freitag hatten sie mit zusätzlichen Strafen gedroht. Zuvor war bekanntgeworden, dass die Software nicht nur in Volkswagen, Audi- und Porsche-Modellen der Baujahre 2014 bis 2016 installiert, sondern bereits seit 2009 verwendet wurde. Dadurch stieg die Zahl der betroffenen Wagen von 10.000 auf 85.000 an. Dazu kommen in den USA mehr als 480.000 VW- und Audi-Autos mit 2,0-Liter-Diesel, bei denen der Konzern im September Manipulationen zugegeben hatte.

Von Audi wird der Motor ab dem Modelljahr 2009 in den Audi US‑Modellen A6, A7, A8, Q5 und Q7 eingebaut.

Unterdessen kommt VW wenigstens in Europa bei der Bewältigung des Skandals voran. Für mehr als 90 Prozent der betroffenen Konzernfahrzeuge in Europa seien inzwischen Lösungen bestätigt, sagte Vorstandschef Matthias Müller am Montag in Wolfsburg vor rund 1000 Führungskräften. Dabei sei der Aufwand für die Nachrüstung „technisch, handwerklich und finanziell überschaubar“. Der Deutschen Presse-Agentur lagen Auszüge der Rede Müllers vor.

Bei Autos mit 1,6 Liter-Motoren sind demnach laut Müller keine „grundlegenden Eingriffe“ am Motor notwendig – wie VW zunächst angenommen habe. Für die Autos seien neben einem Software-Update zwar auch Hardware-Maßnahmen erforderlich. Dabei gehe es aber um „relativ einfache Veränderungen“ am Luftgitter beziehungsweise an der Luftfilterkassette, sagte Müller in der Rede.

Bei der Abgas-Software geht es um Werte für das gesundheitsschädliche Stickoxid. Mitte September hatte Volkswagen eingeräumt, weltweit elf Millionen Dieselfahrzeuge mit diesen verbotenen Programmen ausgestattet zu haben. Außerdem aber hatte VW bei 800.000 Autos falsche Angaben zum Kohlendioxid-Ausstoß (die Messgröße für den Verbrauch) gemacht. Konzernchef Müller kündigte an, Mitte Dezember einen Zwischenbericht zum Skandal vorlegen zu wollen.

(dpa) (fpi)