Ausfahrt Fiat/Abarth 124 Spider

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Der Frühling ist die Roadster- und Spiderzeit. Das sind Autos für unverbesserliche Anachronisten, für die das Autofahren noch Spaß machen darf. Für diese bedeutet autonomes Fahren, wenn sie eine freie Straße vor sich, keinen quengelnden Beifahrer neben sich und Ruhe von übergriffigen, euphemistisch sogenannten „Assistenzsystemen“ haben. Einige der Autonomen im Meinungsspektrum zur Mobilität flirten bei Frühlingsanfang mit dem Gedanken, sich ein offenes Spaßauto zum geschäftsmäßig unsentimentalen Familienbeweger dazuzustellen.

Wohl auch deshalb ruft Fiat seinen 124 Spider mit einer Fahrveranstaltung in Erinnerung, zusammen mit seiner Abart Abarth - obwohl es nichts grundlegend Neues gibt. Wie die meisten Leser wissen dürften, handelt es beim 124 um eine Kooperation mit Mazda. Der ebenso gelungene wie erfolgreiche MX-5 mit knackigem Standardantriebs-Fahrverhalten dürfte in diesem Fall der beste Technikspender sein, den man sich wünschen kann. Für einige Puristen verliert der Fiat aber durch seinen 1,4-Liter-Turbomotor, weil für sie gerade die Sauger des MX-5 einen Teil seiner Faszination ausmachen.

Fahrspaß garantiert

Am Morgen wartet ein 124 Spider Lusso mit der Einstiegskonfiguration aus 140 PS und Sechsgangschaltgetriebe. Die schmalen Ledersitze passen stämmigen Nordeuropäern in der Breite gerade noch, ein leichtes Kneifen ist schon spürbar. Um den Seitenhalt muss man sich zumindest keine Sorgen machen. Der Blick fällt auf einen großen mittigen Drehzahlmesser, die rechte Hand auf einen ultrakurzen Schaltknüppel. Alles andere blendet sich gedanklich weg. Auch den Startknopf hat man schon gefunden, bevor man ihn eigentlich gesucht hat.

Mit einem angenehm sonoren Brummen startet der kleine Turbo-Motor. Knochig aus dem Handgelenk rastet der Erste ein, der Spider röhrt los und verspricht schon jetzt viel Spaß. Die Turboaufladung stört nicht. Die Kraftentfaltung fühlt sich linear an. Nur wer sich mit all seinen Sinnen darauf konzentriert, könnte eine ein My verzögerte Gasannahme entdecken. Aber solch notorische Schlechtmacher wird der Fiat schon allein durch seine unverhohlene Lebensfreude so provozieren, dass sie einen großen Bogen um ihn machen.

Schalten aus dem Handgelenk

Ein blaues Lämpchen im Kombiinstrument zeigt an, dass der Motor noch kalt ist. Dieser Warnhinweis zusätzlich zum Wasserthermometer soll den Fahrer dazu bewegen, es etwas verhaltener angehen zu lassen. Das Auto wird immer sympathischer. Die Lenkung macht genau das, was sie soll. Gierig saugt der Spider die Kurven auf. Das Fahrwerk ist straff, ohne unangenehm zu sein. Man hat nicht das Gefühl übertrieben hart über Unebenheiten zu hoppeln. Dazu passt diese Schaltung, die dir die Empfindung gibt, dein Handgelenk sei direkt in das Getriebe integriert. Dieser Fiat „passt“ einfach.

Niemals sollte man dieses wundervolle Getriebe gegen Aufpreis durch eine Automatik ersetzen lassen. Aussagen über den Verbrauch auf dieser kurzen Ausfahrt zu treffen, verbietet die Seriosität. Der Bordcomputer zeigt bei der ersten Fahrt 7,8 Liter Durchschnittsverbrauch an. Nachdem dasselbe Auto ein paar Stunden später nach diversen Kollegen noch einmal bewegt wird, sind es 7,4 Liter Durchschnittsverbrauch. Man lehnt sich also wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn man dem Spider auch beim Spritverbrauch gute Noten gibt.

Krawalliger Abarth

Nach dem harmonischen Fiat nähert man sich dem Abarth mit großer Skepsis. Leicht könnte eine sportlichere, schrillere Version zu viel des Guten sein. Tatsächlich hat der 124 Spider die Krawallisierungen der Abarth-Dependance nicht nötig. Schon das zweifarbige Leder im Testwagen, der rote Drehzahlmesser und der dicke 12-Uhr-Lederstrich im Lenkrad wirken schrill. Aber das muss man ja ebenso wenig bestellen, wie die zweifarbige Außenlackierung. Beim Druck auf den Startknopf erschrickt man bereits. Mann, macht der Krawall. Schon nach 100 Metern ist man von dieser Klangkulisse ebenso genervt, wie die Bauarbeiter am Straßenrand, die sich irritiert umdrehen.

Besonders präpotent kommen die künstlich krachenden Fehlzündungen, wenn man nach starkem Beschleunigen ruckartig vom Gas geht. Das Fahrwerk wurde noch relativ zurückhaltend getunt, auch der Abarth überrascht noch mit zufriedenstellenden Komfortreserven. Anscheinend legte die Abstimmung des Abarth Wert auf ein quengelndes Heck. Das Popometer registriert des Öfteren eine gewisse Leichtigkeit der Hinterhand. Das mag man noch amüsant finden, einen richtigen Schreck bekommt man aber beim Blick auf den Bordcomputer, der einen Durchschnittsverbrauch von 13,4 Litern anzeigt. Wie gesagt, das ist keine verifizierte Aussage, aber es zeigt eine Tendenz. Zumal die 30-Mehr-PS im Abarth für den Fahrspaß gar nicht notwendig sind.

Zum Schluss wartet noch ein 124 Lusso mit einer Sechsstufen-Wandlerautomatik, die ihre Sache unauffällig und gut macht. Das ist eines der wenigen Autos, in dem man Schaltwippen am Lenkrad vermisst. Leider bekommt man die auch nicht gegen Aufpreis. Nur die Automatikversionen des Abarth haben Schaltpaddles. Im Bordcomputer wird ein Durchschnittsverbrauch von 9,8 Litern angezeigt. Ein, zwei Liter Mehrverbrauch gegenüber dem Schaltgetriebe sollte man also wohl einkalkulieren. Aber egal, wie gut die Automatik ihre Sache objektiv macht: Das knochige Schaltgetriebe passt viel besser zu diesem puristischen, leicht anachronistischen Roadster.

Unsere Empfehlung ist ein 124 Spider mit Schaltgetriebe, der mindestens 24.990 Euro inklusive manueller Klimaanlage, Radio und Tempomat kostet. Für 2000 Euro mehr sollte man sich aber den Lusso mit Ledersitzen und Klimaautomatik gönnen. Vergessen Sie nicht, die 250 Euro für die Sitzheizung zu investieren. Eine Metalliclackierung kostet 520 Euro, das schöne Passione-Rot 400 Euro. Ein so ausstaffierter 124 Spider ist also schon für 27.760 zu haben. Die Automatik gibt es nur im Lusso für 1900 Euro Aufpreis. Der Abarth 124 Spider beginnt bei 33.000 Euro, als besser ausgestatteter Abarth 124 Spider Turismo kostet er mindestens 37.500, mit Automatik 39.900 Euro.

Was man bei keinem 124er bekommt – auch nicht gegen Aufpreis – ist ein elektrisches Verdeck. Aber das stört mich überhaupt nicht. Mich hätte es sowieso genervt auf die elektrische Betätigung zu warten, wenn ich das Dach mit etwas Übung viel schneller manuell auf- und zumachen kann.

Sondermodelle

Anlässlich der Veranstaltung wurden noch Sondermodelle des 124 Spider vorgestellt. Das Modell S-Design kommt für 32.260 Euro bzw. 35.190 Euro mit Automatik bis auf weiteres in das reguläre Verkaufsprogramm. Es wird wahlweise in Schwarz oder Weiß lackiert und basiert auf dem Lusso. Zusätzlich sind beheizbare Leder-Alcantara-Sportsitze, LED-Scheinwerfer inkl. dynamisches Kurvenlicht, Bose-Soundsystem, Infotainment-System inklusive 7-Zoll-Bildschirm, Navi, DAB-Radio und Rückfahrkamera enthalten.

Wer schnell ist, kann sich eines der 140 Sondermodelle Europa in Passione Rot zu Preisen von 32.290 bzw. mit Automatik 34.290 Euro sichern. Das Modell soll eine Hommage an den „Spidereuropa“ von Pininfarina sein. Das Designunternehmen vertrieb ab 1981 in Eigenregie den späten Spider, der damals von Fiat selbst nur noch in den USA verkauft wurde. Zusätzlich zur Ausstattung des Design-S ist beim Europa noch ein umfangreiches, exklusives Kofferset enthalten.

Abarth 124 GT

Eine nette Spielerei, aber dafür zu teuer ist der neue Abarth 124 GT. Er packt zur umfangreichen Ausstattung des Spider Turismo noch eine exklusive Lackierung, einen Klappenauspuff und ein Hardtop aus Sichtkohlefaser. Letzteres ist ein schönes Zitat der Fiat 124 Abarth Rally, die in den frühen Siebziger Jahren die Rallye-Pisten bereichert haben.

An das Rallye-Engagement mit den wunderschönen Hardtop-Spidern knüpft Abarth mit dem nach der FIA-R-GT-Kategorie aufgebauten Wettbewerbsfahrzeug Abarth 124 R-GT an. Der Bolide hat einen 300 PS starken 1,8-Liter-Turbomotor und ist für den Kundensport durch Privatfahrer gedacht.

Sämtliche Kosten inkl. Anreise und Verpflegung wurden vom Hersteller übernommen