BMW 320d EfficientDynamics Edition im Sparversuch

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München, 25. August 2009 – Manchmal sind Vibrationen ja erwünscht, was hatten wir für einen Spaß, als Lexus erstmals seine rappelnde Rückbank anbot. Da wollte sich plötzlich jeder hinten verwöhnen lassen, der begehrte Platz am Lenker war nur noch zweite Wahl. Schön ist es auch, wenn ein Fünfzylinder so herrlich sanft unrund brabbelt oder ein dicker V8 die Seele massiert – auch Motorradfahrer könnten dieses Thema in epischer Breite fortführen. Manche Reihenvierzylinder sind dagegen ein Ärgernis: Sie brummen gerne unter Last oder werden bei hohen Drehzahlen von den Massenkräften höherer Ordnung zu nervigem Dröhnen angeregt. Klar hat sich hier schon viel getan: Spezielle Lagerungen, Ausgleichswellen, gezielte Versteifungen oder sonstige Tricks haben höchst geschmeidige Vierzylinder hervorgebracht. BMW nimmt sich nun beim Spritsparmodell 320d EfficientDynamics Edition einer besonderen Problematik an: der Brummtendenz aufgrund einer längeren Übersetzung. Wie bitte? Wir haben einen Prototypen des im März 2010 erscheinenden Modells gefahren.

Oft brummige Spritspardiesel

Der 320d EfficientDynamics Edition gehört in eine Reihe mit Spritspardieseln wie den BlueMotion-Versionen von VW, den e-Varianten von Audi oder den BlueEfficiency-Modellen von Mercedes. Zum Sparrezept dieser Fahrzeuge gehört ein zentraler Baustein: Die Gänge sind länger ausgelegt, was die Drehzahlen senkt. Negativer Nebeneffekt ist jedoch, dass sich Spardiesel oft brummig anhören, wenn man sie so niedrigtourig fährt, wie vom Hersteller gedacht. Wer nicht taub oder akustisch völlig unempfindlich ist, der schaltet dann doch lieber herunter und macht so die Spritsparmöglichkeit zunichte. Auch bei unserem BMW-Neuling wurde die Übersetzung verlängert, wobei alle Gänge länger wurden statt nur die oberen wie bei den BlueMotion-Modellen von VW. Als Gegenmittel für die störenden Geräusche hat sich BMW aber etwas Besonderes einfallen lassen: das Fliehkraftpendel.

BMW 320d EfficientDynamics Edition im Sparversuch

BMW-Spezialität: Fliehkraftpendel

Der Grund für das Brummen bei niedrigtouriger Fahrweise sind Vibrationen, die durch die Drehungleichförmigkeiten der Kurbelwelle und des angeschlossenen Schwungrades entstehen. Das Fliehkraftpendel greift genau hier an. Es wurde von BMW gemeinsam mit LuK entwickelt, einem Zulieferer aus dem Schwarzwald, der unter anderem für Kupplungen bekannt ist. 1985 entwickelte die Firma das vibrationsdämpfende Zweimassenschwungrad (ZMS), und genau auf dieser Scheibe sitzt das Fliehkraftpendel. Es handelt sich um vier Plättchen auf dem ZMS, die beweglich montiert sind und sich durch die Fliehkraft bewegen. Damit verschieben sie den Massenschwerpunkt der Scheibe. Der Effekt für den Autofahrer: Vibrationen und damit das typische Brummen bei untertourigem Fahren werden weitgehend vermieden. Die Innovation wird bereits seit kurzem im 330d eingesetzt und erlebt in der neuen 320d-Version ihre Premiere in einem Vierzylinder.

Gebrummt wird nicht

In der Praxis hinterlässt das System einen ausgesprochen positiven Eindruck. In der Tat brummt hier nichts. Noch nicht einmal beim Versuch, bei nur 1000 Touren Gas zu geben. Der nutzbare Drehzahlbereich beginnt bei der Effizienzvariante damit um rund 500 Touren niedriger. Man kann also tatsächlich sehr niedrigtourig fahren, ohne Komforteinbußen zu haben. Allerdings muss man es auch wollen: Wer nur nach Gehör fährt, landet bei Tempo 100 wahrscheinlich im fünften Gang, denn da ist das Auto leise und klingt unangestrengt. Nur wer auf die Schaltpunktanzeige guckt, wird zum Hochschalten animiert. Im sechsten Gang klingt der 3er dann eine Spur rauer, aber nicht unangenehm – und brummfrei.

BMW 320d EfficientDynamics Edition im Sparversuch

4,1 bis 4,8 Liter

Wir fuhren das Auto zunächst betont sparsam, ohne die Klimaanlage zu verwenden und mit sehr sensiblen Gasfüßen. Nach rund einer Stunde Fahrt durch Ortschaften, über die Landstraße und schließlich bei Tempo 160 zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 4,4 Liter an. Vor der Autobahnstrecke stand auch mal die Zahl 4,1 im Display – der offizielle Herstellerverbrauch. Ganz aus der Luft gegriffen sind die Herstellerangaben also nicht. Dann legten wir unsere ökologischen Manieren ab und fuhren intuitiv, beschleunigten bei Ortsende im dritten Gang bis Tempo 100 und ignorierten die Gangempfehlungen. Ergebnis nach etwa einer weiteren Stunde: 4,8 Liter auf 100 Kilometer, immer noch sehr respektabel.

Durchzugskraft erhalten

Bei diesem zweiten Teil unserer Testfahrt bekamen wir auch einen Eindruck von der Durchzugskraft: Sie blieb trotz der Spritsparmaßnahmen erhalten. Ein Langweiler ist das Auto mit seinen 360 Nm Drehmoment beileibe nicht. Kaum zu spüren ist die verbesserte Aerodynamik – der cw-Wert sank von 0,27 auf 0,26. BMW hat dazu das Editionsmodell um anderthalb Zentimeter tiefer gelegt, doch fährt es sich deshalb nicht unkomfortabel. Den Einfluss der luftwiderstandsoptimierten Felgen konnten wir nicht erfahren, da unser Prototyp noch mit normalen Rädern ausgestattet war. Dass es sich um einen Prototypen handelt, war nicht zu bemerken, wir hatten den Eindruck, ein fertiges Auto zu fahren. Nur ein kleines Malheur trat auf: Bei unserem ersten Ampelstopp startete der Motor nicht automatisch, sondern erst nach Druck auf den Motorstartknopf. Diese Abstimmungsdetails will der Hersteller bis zum Serienstart behoben haben.

BMW 320d EfficientDynamics Edition im Sparversuch

Nicht teurer als der Standarddiesel

Der 320d in der EfficientDynamics Edition feiert zwar bereits auf der IAA Premiere, kommt aber erst im März 2010 auf den Markt. Der Preis wird trotz der zusätzlichen Technik der gleiche sein wie bei der Standardversion – derzeit sind es 33.800 Euro. Angeboten wird nur die Limousine, nur die Schaltversion und auch keine Allradvariante. Eine Ausweitung auf weitere Modelle ist denkbar, doch will BMW zuerst die Kundenresonanz testen.

Der Star der Mittelklasse

Vergleichen wir den neuen Spardiesel noch mit der Konkurrenz. In puncto Verbrauch glänzt der effiziente 3er: 4,1 Liter Diesel auf 100 Kilometer sind Rekord in der Mittelklasse. Einzig der Volvo S40 1.6D DRIVe ist mit 3,9 Liter noch sparsamer, doch der hat nur 109 statt 163 PS. Der Audi A4 2.0 TDI e verbraucht mit seinen 136 PS schon 4,6 Liter, der Mercedes C 220 CDI BlueEfficiency mit 170 PS sogar 4,8 Liter. Mit einem Sprintwert von 8,2 Sekunden ist der BMW dennoch der Spurtstärkste unter diesen Konkurrenten. Bei der Höchstgeschwindigkeit kann er mit 225 km/h mithalten, auch wenn der Mercedes mit 232 km/h einen Tick schneller ist. Preislich liegt der BMW zwischen dem deutlich schwächeren Audi, der für 30.800 Euro zu haben ist, und dem Mercedes, für den 35.968 Euro zu zahlen sind. Deutlich günstiger ist etwa ein Opel Insignia 2.0 CDTI mit 160 PS, den man schon ab 27.500 Euro erhält. Der Verbrauch liegt hier allerdings mit 5,2 Liter auf 100 Kilometer über einen Liter höher.