Der BMW i3 ist moralisch gesehen einfach zu teuer

Born Expensive

Alle in meiner Iggdrasil-Reiki-Nachhaltergruppe wollen einen i3, denn er fährt toll und ändert laut Prospekt die Welt, ohne dass wir uns dafür ändern müssen. Leider schenkt uns das Universum keinen i3. BMW muss also ran

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Man vergebe mir die Smartphone-Fotografie. Es war so eine Situation "zack, jetzt oder nie", in der überhaupt eine Kamera haben schon gut war. 18 Bilder
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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Bei diesem ganzen Elektrogeraffel gibt es sicherlich eine Komponente im Kundeninteresse, die mit "ich rette die Welt durch meinen Einkauf" ganz gut umrissen ist. Allerdings ist diese Komponente nur ein virtueller Kaufgrund. Wenn es uns so wichtig wäre, irgendwie die Welt zu retten, würden wir weniger Smartphones, Tiguane oder Biogemüse aus Bolivien kaufen. In Wahrheit kaufen wir Dinge doch immer, weil wir sie haben wollen, weil wir die potenziell erfolgreichsten Egoisten sind, die das System Evolution bis dato hervorbringen konnte.

Das Alk-Argument: Hauptsache, es knallt

Bei der Präsentation des BMW C Evolution war vor uns eine Gruppe mit Lifestyle-Schreibern da. GQ und so. Diese Leute interessieren sich für komplett andere Sachen als Motorjournos. Wie das fährt, ist zum Beispiel größtenteils egal. Wie das aussieht, ist gleich viel wichtiger. Am wichtigsten fanden sie jedoch den Erzählungen und meinem beschränkten Verständnis von Lifestyle nach den gesellschaftlichen, gefühlten Kontext. Die interessanteste Frage war in der Erzählung von BMW-Benjamin die nach der sich wandelnden Rolle des modernen Mannes, abgebildet am Ballungszentrumauto i3. Die Redakteurin sprach dabei mit einem anwesenden Rennfahrer. Sie erwartete eine sozial erwünschte Antwort à la "ich rette die Welt durch meinen Einkauf". Ihr Gegenüber sagte aber in ehrlich egoistischer Rennfahrerart, das sei ihm egal, er wolle sowas, weil es lustig fährt.

Mein persönlich egoistischer Grund ist ein anderer: Ich mag Technik. Ich mag es, dass der i3 Dinge ohne echte Not völlig anders macht als seine Mitbewerber. Mal wieder was mit separatem Chassis und dazu einer Karosserie aus für die Großserienfertigung modifiziertem CFK. Cool. Ob so ein System tatsächliche Vorteile gegenüber den selbsttragenden Karosserien des Massenstandards hat, ist mir ehrlich gesagt völlig egal. Solange die Freude über die Technik überwiegt, darf das Lifedrive-Zeug meinetwegen ausschließlich Nachteile haben.

Die GQ dagegen wird sich am Innenraum erfreut haben. Wer heute ein Elektroauto für viel zu viel Geld kauft, der möchte doch die Zukunft erwerben. Die kriegt er von BMW. Ganz nüchtern betrachtet sind VW e-Up und e-Golf nutzerfreundlicher als der i3. Der Erstfahrer setzt sich hinein, und praktisch alles ist, wie es immer ist, bis auf die wenigen Dinge, die nicht wie immer sein können. Mit dem Automatikhebel die Stärke der elektrischen Bremse steuern finde ich immer noch toll. Der i3 macht es wie der Tesla Roadster damals: maximale Rekuperation beim vom Gas gehen, keine Einstellmöglichkeit. Das verstehen Umsteiger schneller, es hilft allerdings nicht gerade bei einer effizienten Fahrweise.