Der Cyborg: die BMW R 1200 GS 2013
Nicht Geschmackssache: Die GS hat jetzt eine bessere Bremse. Wie bisher kommt die Anlage von Brembo, es steht diesmal allerdings nicht mehr BMW, sondern "Brembo" drauf, sie ist größer dimensioniert und radial verschraubt. "Brembo" und Verschraubung sind Marketing, diese Dinge stehen beim Kunden für "sportlicher". Bei der Dimensionierung steht zu hoffen, dass BMW diese Änderung vorgenommen hat, um die Schwächen der alten Bremse auszumerzen. Die war nämlich im ABS-Regelbereich für seinerzeit konkurrenzlos kurze Bremswege gut, fühlte sich aber an, als griffe man in einen Sack voll Wäsche. Es gab praktisch kein Feedback, viel matschigen Hebel-Leerweg und trotzdem hohe Bedienkräfte. Das ging selbst im eigenen Haus weit besser, und das Update klingt danach, als hätten sie das jetzt eingesehen. Da viele der genannten Schwächen am Continental-ABS lagen: überzeugen Sie sich selber davon, ob es wirklich besser geworden ist. Und erzählen Sie uns dann davon.
Das Wichtigste: die Garnitur
BMW verdient sich dämlich am Fahrzeug-Configurator, in dem die Kunden sich ihr Fahrzeug wie einen Döner zusammenstellen können. Das Einzige, was mich an diesem Zugpferd wundert, ist: Warum baut die Konkurrenz das nicht nach, statt die einzelnen Motorräder zu klonen und sich zu wundern, dass diese Taktik doch nicht so gut läuft wie gedacht? Jedenfalls gibt es selbstverständlich eine lange Liste zum Klicken für die GS. Vergessen wir mal die ganzen Sachen, die wir hier bereits bei anderen Modellen besprochen haben, also Wegfahrsperren, Traktionskontrolle mit Schräglagenschätzung und selbst einstellendes Fahrwerk. Gehen wir zu den beiden Dingen, die es eigens für die GS neu gibt.
Erstens: Ein LED-Licht, das automatisch zwischen Tagfahrleuchten und Abblendlicht schalten kann. Das reicht natürlich nicht, wenn man bei BMW als Ingenieur arbeitet. Es fehlt der Pfiff, es fehlt: Ah! Ein Enteisungssystem! Alle Dioden der Leuchteneinheit sind auf demselben Kühlkörper aus Aluguss montiert. Ein Gebläse pustet dessen Abwärme nach vorne an die Lampenscheibe. Et voilà : Die Dioden bleiben kühl, die Scheibe wird gewärmt, was sie schneller von Kondenswasser oder Vereisung befreit.
Weiters: Man kann das Garmin-Navi Zumo 660 ("BMW Motorrad Navigator") jetzt teilweise von der Lenkerarmatur steuern. Wenn man das endlich durchgängig kann, gibt es auch einen Grund, den Aufpreis für das BMW-gebrandete Gerät zu zahlen. Bis dahin ist man bei Garmin selbst besser bedient, weil es für weniger Geld die Updates früher gibt (BMW hat zusätzlich etwas eigene Software im Gerät).
Das waren die beiden Sondermerkmale der GS im Configurator auch schon. Das kommt einem nur deshalb wenig vor, weil die Liste ĂĽber alle Modelle so groĂź ist.
Häresie
Die GS bleibt ihrem schrägen Grundgedanken treu, ein lustiges, altes Konzept mit Gewalt der Zukunft anzupassen. Wahrscheinlich glaubt BMW, sie bräuchten all diese Alleinstellungsmerkmale, um das Fahrzeug an der Spitze der Zulassungsstatistik verkaufen zu können. Bestimmt war das auch mal so. Ich äußere allerdings mal die ketzerische These, dass mittlerweile der Einfluss der starken Marke derart groß ist, dass man auch einen normaleren Motor bauen könnte. Wenn in der nächsten GS-Generation zum Beispiel plötzlich ein großer Reihenzweizylinder auffährt, werden die BMW-Fans das als den "nächsten logischen Schritt" loben. Zweiflern möchte ich die rhetorische Frage stellen: Wie war das noch mit BMWs einstigem Alleinstellungsmerkmal Standardantrieb ("sDrive") kategorisch in allen Fahrzeugklassen? (cgl)