Der V8-Motor

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Französischer Gegenentwurf

Zur selben Zeit, zu der Rolls-Royce Bequemlichkeit anbieten wollte, setzte die französische Firma Darracq auf pure Geschwindigkeit. Sie wollte den gültigen Geschwindigkeitsrekord nicht nur brechen, sondern eine ganz neue Ebene künftiger Geschwindigkeiten zementieren, und dazu brauchten sie brachiale Leistung. Zwei komplette Vierzylinder in einem normalen Auto wären zu schwer gewesen, also bauten sie 1905 zwei halbe Vierzylinder an dieselbe Kurbelwelle – einen V8 also. Aber was für einer: 25,4 Liter Hubraum, 200 PS, Kolben groß wie Boxhandschuhe in Zylindern wie Suppentöpfe. Außen um diesen Koloss herum kam nur das Nötigste: Vier Räder, ein Sitz, ein Tank, ein paar Bedienelemente. Das alles war notdürftig mit ein paar verschweißten Stücken Stahl verbunden, die ein bisschen aussahen, als hätten die Konstrukteure einfach eine große Leiter als Rahmen benutzt.

Tempo 200 um 1900

Damit fuhren verrückte Franzosen über 200 km/h (in Europa 1906 offiziell anerkannt wurden 194,5 km/h); unter anderem in Amerika. Amerika sah sich schließlich gezwungen, Darracqs obrigkeitsallergischen Testfahrverrückten Victor Hémery zu disqualifizieren. Der hatte die aerodynamische Verkleidung aus Holz und Leinwand seines Konkurrenten in der Startaufstellung (die doppeldampfmaschinengetriebene Stanley Steam Rocket) mit Feuerstößen aus den offenen V8-Krümmern malträtiert. Das Darracq-Zugeständnis an die Existenz von so etwas wie Luftwiderstand war immerhin (von einem V-förmigen Kühler mal abgesehen) schlicht: Leistung. Viel Leistung. Die Rennleitung erteilte Hémery eine Verwarnung, die er ignorierte. Hémery erteilte der Rennleitung detaillierte Auskünfte über ihren Geisteszustand und ihre Verwandschaftsverhältnisse, die die Rennleitung ignorierte, weil sie kein Französisch verstand. Als am nächsten Tag die Zeitmessung nicht funktionierte, sagte Hémery der Rennleitung nochmals geduldig alle französischen Schimpfwörter ins Gesicht, die es damals gab und wurde daraufhin von der gesamten Veranstaltung ausgeschlossen. Der Leiter des Rennteams engagierte als Ersatz einen Rennfahrer namens Louis Joseph Chevrolet. Ja, das ist der Chevrolet.