Drei große Kleine im Vergleich

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Haar, 27. November 2009 – Bei manchen dürften sie in Vergessenheit geraten sein: der VW Polo und der Ford Fiesta, die sich Mitte der 1970er um die Gunst der Kunden kabbelten. Ähnlich wie VW setzte Ford damals noch auf ein sehr sachliches Design. Während VW der sachlichen Linie treu geblieben ist, setzt Ford neuerdings auf jugendliche Moderne, scheint damit sehr gut anzukommen. Seinerzeit waren japanische Kleinwagen übrigens nicht konkurrenzfähig, was sich bekanntlich völlig geändert hat. Deswegen fährt in diesem Vergleich der Mazda 2 keineswegs als schrulliger Außenseiter mit, zumal er sich im Zeichen einer globalisierten Autowelt so Einiges mit dem Fiesta teilt.

Karosserie und Innenraum

Unser Vergleichstrio bewegt sich bei der Länge im Bereich zwischen 3,90 und knapp vier Meter. Am meisten streckt sich der Polo mit 3,97 Meter. Zum Vergleich: Ein Golf III war anno 1991 kaum länger, gegenüber dem 3,51 Meter kurzen Ur-Polo hat die fünfte Generation mächtig zugelegt. Optisch orientiert sich die Neuauflage stark am aktuellen Golf. Speziell die Frontpartie mit dem markanten schwarzen Grill sorgt für akute Verwechslungsgefahr mit dem großen Bruder. Betonte Radhäuser lassen den Polo stämmig wirken. Positiv empfinden wir, dass VW beim Polo auf ein übertrieben modisches oder sportliches Design verzichtet hat. In dieser Hinsicht ist der Ford Fiesta das komplette Gegenteil: Ihm haben die Formgestalter eine ansteigende Seitenlinie ins Blech gezaubert, die dynamisch wirkt, aber Geschmackssache ist. Auffällig sind auch die weit in Richtung Windschutzscheibe gezogenen Scheinwerfer. Einen optischen Mittelweg repräsentiert der Mazda 2, der technisch eng mit dem Fiesta verwandt ist. Er wirkt am zierlichsten und ist mit 3,90 Meter der kürzeste Proband in unserem Test. Auch er setzt auf eine dynamische Seitenlinie, jedoch nicht so extrem wie der Fiesta. Zudem verleiht ihm die rundliche Frontpartie den höchsten Knuddelfaktor des Trios.

Viel Luft im Mazda

Zudem kann der Mazda 2 mit einer angenehmen Überraschung aufwarten. Auf den vorderen Plätzen stellt sich dank sehr guter Kopffreiheit und der großen Frontscheibe ein luftiges Raumgefühl ein. Ganz anders hingegen im Fiesta: Hier bleibt am wenigsten Abstand zum Dach, die flach stehende A-Säule schränkt die Sicht ein, auch nach hinten würde man gerne mehr erkennen. Besser, aber nicht optimal macht es der Polo. Bei ihm sorgt die schmale Windschutzscheibe für unnötige Gefühle der Beengtheit, zudem wird der Durchblick schon bei etwas höher hängenden Ampeln eingeschränkt. Der Zugang zu den Rücksitzen erfolgt bei allen drei Kandidaten über eigene Türen, die aber stets extra kosten. Während Ford 750 Euro verlangt und Mazda 700 Euro aufruft, werden bei VW 735 Euro fällig, bei Ford kosten elektrische Fensterheber hinten stets noch 150 Euro zusätzlich. Der Einstieg gestaltet sich beim Polo am einfachsten, beim Fiesta und dem 2 sollten größere Personen auf ihren Kopf acht geben. Eine abfallende Dachlinie verbessert bei letzteren die Optik, schmälert aber die Deckenhöhe. Die Beinfreiheit auf den hinteren Plätzen ist ausreichend, aber nicht üppig. Wer regelmäßig Mitfahrer hat, wird eine Fahrzeugklasse höher eher fündig.

Drei große Kleine im Vergleich

Material-Schlacht

Bei der Anmutung des Innenraums setzt der Polo neue Maßstäbe in dieser Wagenklasse: Die Materialien wirken hochwertig, das hat praktisch fast Golf-Niveau. Ärmlich wirkt hier nichts mehr, in den höheren Ausstattungen erfreuen Zierringe aus Chrom das Auge. Wie bei VW üblich, gestaltet sich die Bedienung einfach und funktional. Lediglich der Schalthebel ist etwas zu tief angebracht. In Griffnähe des Fahrers sitzt der Knüppel im Mazda. Hier fallen die verwendeten Kunststoffe schlichter aus, dafür erleichtern große Tasten die Bedienung. Da im Gegensatz zum Polo die Mittelkonsole weniger wuchtig ausfällt, ist die Beinfreiheit besser als im VW. Der Ford setzt analog zum Außendesign auf ein schwungvoll gestaltetes Armaturenbrett. Auch hier sind die verwendeten Materialien hochwertig, jedoch fehlt dem etwas unruhig wirkenden Cockpit die nüchterne Qualitätsnote des Polo. Auf der Mittelkonsole sorgen viele Tasten für Verwirrung, die Lüftungsregler sind zu tief angebracht. Hinzu kommt, dass die Instrumente in einer massiven Plastikwüste sitzen, die den Fahrer weit von der Frontscheibe entfernt. Der Fiesta scheint sich eher an eine Generation zu wenden, für der der Umgang mit Handy und Co. in Fleisch und Blut übergegangen ist. Überrascht hat uns der Verzicht von Ford auf Haltegriffe für die Mitfahrer, eine ärgerliche Sparmaßnahme. In Sachen Raumangebot liegt der luftige Mazda 2 knapp vor dem VW Polo, der dafür bei der Inneneinrichtung Punkte sammelt.

Intelligent laden

Für umfangreiche Einkäufe im Möbelhaus sind unsere Kleinwagen natürlich nicht gedacht, aber angesichts der Längen von knapp vier Meter sollte in die Kofferräume des Dreigestirns schon etwas an Gepäck hineingehen. Das Schlusslicht bildet hierbei der Mazda mit 250 Liter Volumen. Zur Erweiterung sind nur die Rücklehnen umklappbar, trotzdem bleibt eine lästige Schwelle. Besser macht es der 280 Liter fassende Polo: Hier können sowohl die Lehnen als auch die Bank umgelegt werden, ohne das eine Stufe entsteht. Empfehlenswert ist der nur bei VW erhältliche doppelte Kofferraumboden, der nebenbei die Ladekante auf ein Minimum reduziert. Leider sind die geteilt umklappbaren Rücksitze erst ab der höheren Comfortline-Ausstattung Serie, bei Mazda und Ford klappt es immer geteilt. Mit seinem 295 Liter großen Stauraum sammelt der Fiesta Punkte, Abzüge gibt es aber für die hohe Ladeschwelle und die Stufe bei erweitertem Kofferabteil. Dennoch bleibt er knapp vor dem Polo, der durch die Aufpreispolitik für die klappbaren Rücksitze den entscheidenden Punkt abgibt.

Motor und Getriebe

Über die Jahre sind nicht nur die Abmessungen von Kleinwagen gestiegen, sondern auch die Motorleistungen. Mit den durchaus üblichen 40 PS früher Polos unf Fiestas hat das nichts mehr zu tun. Zu unserem Vergleichstest treten VW, Ford und Mazda mit 1,4-Liter-Benzinern an, wobei der Mazda dank eines Hubraums von 1349 Kubikzentimeter offiziell als 1.3 gelistet wird. Wie auch immer, in Sachen Leistung liegt er mit 86 PS eine Pferdestärke über dem VW Polo. Der Fiesta holt aus seinem Hubraum sogar 96 PS heraus. Kann der Ford den nominellen Vorteil nutzen? Zunächst zum Mazda: Bei ihm fällt eine leichte Anfahrschwäche auf, doch dann spurtet er munter drauf los, begleitet von einem Sound, der in Richtung Dreizylinder geht. Das präsentere Motorengeräusch sorgt beim Fahrer für einen Eindruck der Spritzigkeit. Auf dem Papier liegt der 2 jedoch mit 12,9 Sekunden bis Tempo 100 auf dem letzten Platz. Ab dieser Geschwindigkeit vermischen sich auch die Windgeräusche mit dem Sound aus dem Motorraum.

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Ein alter Bekannter

Beim Polo trifft man unter der Haube Gewohntes: Der 85-PS-Motor tat bereits im Vorgänger seinen Dienst. Im Stand dank guter Dämmung kaum hörbar, geht es in der Stadt mit der alten Maschine ordentlich voran. Allerdings bevorzugt der VW eher eine ruhige Gangart, die Beschleunigung vollzieht sich nicht so rasant, wie die offiziellen 12,1 Sekunden auf 100 glauben lassen. Auf der Autobahn zeigt sich das Alter der Motorkonstruktion, es geht brummig voran, bisweilen muss zurückgeschaltet werden, um flott voranzukommen. Allerdings wird der Geräuschpegel im Polo erst ab 140 km/h störend. Noch mehr als seine beiden Kontrahenten benötigt der Fiesta Drehzahlen: Erst bei 4200 Umdrehungen liegt das maximale Drehmoment von 128 Nm an. Auch der Ford macht keinen Hehl aus seinem Laufgeräusch, speziell unter Last gibt er sich rau. Im Geschwindigkeitsbereich zwischen 60 und 80 km/h zeigt sich das Aggregat recht zäh, sodass der PS-Vorteil verpufft. Tatsächlich liegt der Fiesta mit 12,2 Sekunden bis Tempo 100 noch leicht hinter dem eigentlich schwächeren Polo.

Fleißig schalten

Alle Mitglieder unseres Kleinwagen-Trios setzen bei der Kraftübertragung auf Schaltgetriebe mit fünf Gängen. Zugleich sind die Getriebe allesamt kurz übersetzt, um im klassischen Einsatzgebiet, der Stadt, flott voranzukommen. Das hat Folgen: Sobald man im fünften Gang angekommen ist, steigt das Drehzahlniveau und damit die Lautstärke des Motors an. Im Mazda ist der Schalthebel griffgünstig hoch angebracht, doch das Getriebe gibt sich hakelig, speziell der Rückwärtsgang. Auch im Ford bedarf die Stufe zum Ausparken eines gewissen Nachdrucks. Insgesamt stören im Fiesta lange Wege, als Ausgleich passen die Anschlüsse. Keine Auffälligkeiten leistet sich die Polo-Schaltung, mit geringem Kraftaufwand rasten dort die Gänge ein. In Verbindung mit der guten Geräuschdämmung entscheidet der VW das Antriebskapitel für sich.

Fahrwerk und Lenkung

Die große Stunde des Ford Fiesta schlägt im Fahrwerkskapitel: Die Federung des kleinen Kölners präsentiert sich ausgewogen. Selbst stärkere Unebenheiten werden klaglos eingesteckt. Stöße und Wellen übermittelt der Unterbau zwar für die Insassen hörbar, aber wenig spürbar. In Verbindung mit der präzisen und zielgenauen Lenkung wird der Fiesta zum talentierten Kurvenräuber. Während der Mazda sensibler auf schlechte Strecken reagiert und besonders die Fondpassagiere gelegentlich durchrüttelt, sucht der Polo den Mittelweg. In der Praxis äußert sich das in einem straffen Abrollkomfort und einer relativ schwergängigen Lenkung, die aber mit guter Rückmeldung gefällt. Pluspunkte sammelt der VW mit seinen bissig zupackenden Bremsen.

Drei große Kleine im Vergleich

Kosten

VW Polo, Mazda 2 und Ford Fiesta treten in einer Preisklasse an, in der die Kunden genau vergleichen. Schon Beträge im unteren dreistelligen Bereich können hier beim Kauf entscheidend sein. Wo so genau auf Heller und Pfennig geachtet wird, spielt natürlich auch der Verbrauch eine Rolle. Hier soll unser Trio werksseitig zwischen 5,2 (Mazda) und 5,8 Liter (VW) zu sich nehmen. Die Realität sieht anders aus: Wir ermittelten im Test Werte, die allesamt ein bis 1,5 Liter über der Werksangabe lagen. Beim Preis hat der Mazda 2 die Nase vorn. Wir fuhren ihn in der limitierten "Fit for Fun"-Version, die aber bis auf geringfügige Details der Dynamic-Ausstattung für 16.350 Euro entspricht. Diese lässt kaum Wünsche offen, inklusive sind Kopf-Schulter-Airbags vorne wie hinten, eine Klimaautomatik, ein Audiosystem mit Fernbedienung, Sensoren für Regen und Licht sowie eine Sitzheizung. So billig geht das bei seinen Gegnern nicht: Vergleichbar ausgerüstet kommt der Ford Fiesta auf 17.135 Euro, bei VW wären sogar 18.465 Euro zu berappen.