Dresden: Korridor für autonomes Fahren

Der Kabinettsbeschluss ist ein Jahr alt - nun geht es los: Unternehmen und Forscher testen ab Herbst in Dresden das hochautomatisierte und vernetzte Fahren. Bundesweit ist die Landeshauptstadt eine von sieben Testregionen.

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(Bild: Audi)

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Von
  • dpa

Trotz einiger Fortschritte geht die fachliche Begleitung des Projektes in Dresden davon aus, dass autonom fahrende Autos noch einige Zeit brauchen, bis sie auf breiter Front in Serie gehen.

(Bild: Audi)

Ab Herbst 2018 sind in der Nähe des Dresdner Flughafens vernetzte und hochautomatisierte Autos für Versuche unterwegs. Die Wilschdorfer Landstraße wird derzeit mit Roadside Units (RSU) ausgerüstet. Über die kleinen Kästen können Informationen zwischen Ampeln und Autos ausgetauscht werden. Die Landeshauptstadt ist eine von sieben Testregionen bundesweit, in denen Forschungseinrichtungen und Unternehmen das Fahren mit hochautomatisierten Autos erforschen. Ein Jahr nach dem Kabinettsbeschluss zur Automobilität der Zukunft geht es nun los.

„Ab Herbst sollen die ersten zwei bis drei Testkorridore in Betrieb sein und die ersten Testfahrten durchgeführt werden“, sagte Prof. Matthias Klingner, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- und Infrastruktursysteme, welches maßgeblich beteiligt ist. Zwei Korridore – darunter einer im Dresdner Norden am Flughafen sowie ein weiterer im Süden in der Innenstadt – würden derzeit ausgerüstet. Das Land will über verschiedene Töpfe rund 11,6 Millionen Euro für das vernetzte und automatisierte Fahren geben. Am Ende sollen es mehrere Testkorridore werden.

Das Ganze ist ein Großprojekt: Derzeit sind laut Sächsischer Energieagentur (SAENA) in etwa 10 Projekten rund 40 Partner aus der sächsischen Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung aktiv. „Was wir machen, ist schon eine Art Pionierarbeit“, sagte Yvonne Jähne von der SAENA. Die vielen unterschiedlichen Projektpartner hätten vorher noch nie zu so einem Thema an einem Tisch gesessen. Auch Volkswagen in Dresden arbeitet daran. „Volkswagen Dresden prüft, in dem Bereich des automatisierten Fahrens aktiv zu werden“, sagte Carsten Krebs, Sprecher der Gläsernen Manufaktur von VW in Dresden.

Bundesweit wird neben Dresden das automatisierte Fahren in Berlin, Braunschweig, Hamburg, Düsseldorf und Ingolstadt getestet. „Die Deutschen sind im Vergleich mit Amerikanern und Chinesen nicht sonderlich früh dran mit ihren Testkorridoren“, sagte Hubertus Bardt, Geschäftsführer beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln. Sie seien aber auch nicht völlig hintendran.

Das Besondere an Dresden gegenüber anderen Testregionen in Deutschland ist, dass die Forscher das Zusammenspiel von hochautomatisiert fahrenden Autos in komplexen Verkehrssituationen im innerstädtischen Bereich betrachten. Ein Beispiel: Woher weiß ein hochautomatisiert fahrendes Auto, dass ein Bus aus der Haltestellenbucht ausschert und sich wieder in den Stadtverkehr einfädeln will? In Dresden soll so etwas erforscht werden.

Ausgerüstet werden die Testkorridore mit Roadside Units (RSU), die nicht nur, und das ist das Besondere in Dresden, Kontakt mit Autos aufnehmen, sondern sich auch ein eigenes Bild von der örtlichen Verkehrslage verschaffen können. Auf dieser Basis können sie dann Fahrempfehlungen an die hochautomatisierten Fahrzeuge abgeben. Das kann etwa sein, dass die RSU einen Spurwechsel oder eine optimale Geschwindigkeit empfiehlt.

Am Ende sollen die Tests dazu führen, dass der Verkehr sicherer, schneller und weniger umweltschädlich wird. Im besten Fall agiere eine Flotte hochautomatisiert fahrender Fahrzeuge später einmal wie ein Vogelschwarm am Himmel, erklärte Prof. Klingner. Obwohl jedes Auto individuell fährt, bewegt sich der Schwarm im Ganzen am Ende effizient und harmonisch fort.

Und auch wirtschaftlich ergibt sich daraus eine große Chance: „Die Arbeit in der Testregion Dresden zum automatisierten und vernetzten Fahren ist eine Chance für Sachsen und die Zulieferindustrie“, sagte Jähne von der SAENA. Dadurch würden neue Technologien entwickelt und Arbeitsplätze geschaffen. Doch bis Autos tatsächlich autonom fahren, dürfte es noch einige Zeit dauern. Denn die Herausforderungen für autonom fahrende Autos im Stadtverkehr sind sehr komplex. „Dass man in zehn Jahren schon völlig autonom fährt, glaube ich nicht“, sagte Prof. Jürgen Krimmling von der Technischen Universität Dresden.

Ähnlich sieht das Prof. Klingner. Er geht aber davon aus, dass es in den nächsten drei oder vier Jahren beispielsweise erste autonom fahrende Shuttle-Busse auf einzelnen Strecken gibt. „Momentan ist die Sicherheit von autonomen Fahrzeugen meilenweit von der Sicherheit eines menschlichen Fahrers entfernt. Da liegen noch Welten dazwischen“, sagte er. (mfz)