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Ducati Modelle 2016

Ducati à la carte

Motorrad iga
Zweirad

Ducati hat auf der EICMA nicht weniger als elf neue Modelle präsentiert. Auch wenn es eigentlich bereits bekannte Bikes mit neuen Motoren oder neuen Komponenten sind, ist trotzdem sehenswert, was die Italiener da alles für ihre Marktoffensive auf die Räder gestellt haben

Mailand/Bologna, 25. November 2015 – Auf der Motorradmesse EICMA in Mailand kam man am Ducati-Stand gar nicht mehr weg vor lauter Präsentationen. Der Gourmet kann à la carte sein Lieblingsmotorrad auswählen, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Dabei sind es streng genommen keine wirklich neuen Modelle, sondern einige neue Motoren in bekannten, teilweise deutlich überarbeiteten Bikes. Das war in einigen Fällen nötig geworden, wenn die alten Motoren die nächstes Jahr in Kraft tretende UNECE-R 41.04 [1] nicht mehr erfüllen.

Scrambler Sixty2

Die Scrambler Sixty2 rundet den Hubraum der äußerst erfolgreichen Scrambler-Palette von Ducati nach unten ab. Nicht weniger als sechs Varianten bieten die Italiener nun von ihrem Retro-Bike, wobei sie sich eigentlich nur marginal durch den Austausch der Komponenten Felgen, Auspuff, Sitzbank, Lenker, Hinterradabdeckung und Vorderradkotflügel unterscheiden. Das Baukastensystem bietet hier viele Entfaltungsmöglichkeiten.

Die Sixty2 fällt insofern aus der Reihe, weil ihr V2 als einziger nur über 399 Kubikzentimeter Hubraum verfügt. Der restlichen Variante holen aus 803 Kubikzentimetern immerhin 75 PS, die Sixty2 belässt es bei einsteigerfreundlichen 41 PS. Damit passt die kleine Scrambler prima in die A1-Führerscheinklasse bis 48 PS. Äußerlich ist die Sixty2 nur an ihrer konventionellen Telegabel von ihren größeren Schwestern [2] mit Upside-down-Gabel und am mattschwarz lackierten Auspufftopf sofort zu unterscheiden. Ansonsten entspricht sie, abgesehen von der Hinterradabdeckung, der Version „Icon“. Wie gehabt kommt auch die Sixty2 poppig bunt daher – es stehen drei verschiedenen Lackierungen zur Auswahl – als eine Hommage an die Swinging Sixties. Ihren Namen erhielt sie, weil in den Sechziger Jahren gleich zwei Scrambler von Ducati angeboten wurden, die 250er und 350er. Der Preis von 7790 Euro ist für eine 400er ziemlich üppig.

Scrambler Flat Track Pro

Die sechste Scrambler im Bunde stellt die Flat Track Pro dar. Sicher die auffallendste Erscheinung der Baureihe. In den USA erfreuen sich die Flat-Track-Rennen seit einem Jahrhundert großer Beliebtheit. Dabei wird auf einem schmierig-sandigen Oval im vollen Drift und mit dem Lenker auf Anschlag die Kurven genommen, ähnlich dem Speedway.

Vor allem die seitlichen Startnummerschilder, der kleine Windschild und der winzige Kotflügel machen den Reiz der Flat Track Pro aus. Als optisches i-Tüpfelchen erhielt die Sitzbank gelbe Ziernähte, die Griffgummis gelbe Sprenkel und die Felgen Zierstreifen in – man ahnt es schon – ebenfalls gelb. Ein Termignoni-Auspuff mit doppeltem Endschalldämpfer runden den sportlichen Look ab. Für die Scrambler Flat Track Pro ruft Ducati 10.950 Euro auf – happige 2560 Euro mehr als für die Scrambler Icon.

Hypermotard 939

Fraglos ein äußerst elegantes Motorrad und schon seit 2007 erfolgreich am Markt ist die Hypermotard. Ihre Stilelemente aus dem Supermoto-Bereich lassen sie hochbeinig und dennoch dynamisch erscheinen. Deshalb war es auch nicht nötig, an ihrem Erscheinungsbild etwas zu ändern. Für 2016 erhält sie aber einen neuen Motor mit 937 Kubikzentimeter, was die Typenbezeichnung Hypermotard 939 als kleine Hochstapelei entlarvt. Sie löst die Hypermotard 821 [3] ab. Ihr Hubraumplus beschert ihr eine Höchstleistung von 114 PS (bisher: 110 PS) und ein maximales Drehmoment von 98,8 Nm (bisher: 89 Nm), was ein verbessertes Durchzugsvermögen verspricht. Sie treffen auf ein fahrfertiges Gewicht von 204 kg. Unsichtbar für den Betrachter verfügt die Schöne aber auch über innere Werte. So hat sie eine mehrstufige Traktionskontrolle, das ABS 9M von Bosch und drei wählbare Fahrmodi. Die Hypermotard galt schon immer als sehr agiles Motorrad, und dazu passen die elektronischen Sicherheitsfeatures.

Über ihr ist die Hypermotard 939 SP angesiedelt, die sich durch hochwertigere Federelemente von Öhlins, leichte Marchesini-Räder und eine rot-weiße Lackierung von der Basis unterscheidet. Sie wiegt drei Kilo weniger und die Sitzhöhe wuchs um 15 Millimeter.

Schließlich gibt es als dritte Version noch die Hyperstrada 939, die sich an die Tourenfraktion wendet. Großer Windschild, Koffer, Gepäckträger und leicht geänderte Sitzergonomie erfreuen auf langen Reisen. Leider hat Ducati nicht nur den Hubraum, sondern auch die Preise für die neue Generation aufgestockt: die Basis-Hypermotard kostet 12.190 Euro, die Hyperstrada 13.240 Euro und die SP gar 15.590 Euro.

Panigale 959

Auch in der Supersport-Fraktion tut sich was in Bologna. Die bisherige Panigale 899 [4] wurde ebenfalls im Hubraum vergrößert und verfügt jetzt dank eines verlängerten Hubs über stolze 955 Kubikzentimeter, trägt aber die Bezeichnung Panigale 959. Von ihrer großen Schwester Panigale 1299 [5] (effektiv 1285 Kubikzentimeter) ist sie damit immer noch ein ganzes Stück weit entfernt, leistet aber dennoch eindrucksvolle 157 PS bei 10.500/min. Vielleicht für viele Sportfans die bessere Entscheidung, denn mit den brutalen 205 PS der großen Panigale fertig zu werden ist, trotz aller elektronischen Unterstützung, nicht immer einfach. Es war schon vor zwanzig Jahren so, dass der Supersportler Ducati 748 dem Superbike Ducati 916 in Kurven enteilte und erst auf der langen Geraden wieder überholt werden konnte. Geringere rotierende Massen im Kurbelgehäuse und weniger Gewicht bescherten ihr einen Handlichkeitsvorteil. An der Konstellation zwischen den beiden Schwestern hat sich bis heute nichts geändert.

107 Nm Drehmoment stellt der V2 – Ducati besteht wegen des Neunzig-Grad-Winkels auf die Bezeichnung L2 – der Panigale 959 zur Verfügung, vollgetankt bringt sie nur 200 kg auf die Waage. Außerdem hat sie schon serienmäßig alle Elektronik an Bord – vom einstellbaren ABS, mehrstufiger Traktionskontrolle, Quickshifter und diverse Fahrmodi – was das Fahren auf der Landstraße und Rennstrecke schneller, aber auch sicherer macht. Optisch unterscheidet sich die Panigale 959 von der 1299 vor allem durch den seitlichen Doppelrohrauspuff, der sich am Hinterrad entlang zieht, anstatt eines kurzen Under-engine-Auspuffs.

Nur alle 12.000 Kilometer muss die Panigale 959 zur Inspektion, die Ventilspielkontrolle ist gar nur alle 24.000 Kilometer fällig. Wenigstens das spart Geld, ansonsten ist die kleine Panigale kein Sonderangebot, Ducati setzt den Preis bei etwa 17.000 Euro an.

Ducati XDiavel

Nun hat Ducati doch das C-Wort benutzt: Cruiser! Jahrelang hat man sich bei Ducati gewunden, die Diavel so zu bezeichnen, obwohl sie zweifellos zu der Kategorie gehörte. Man wollte doch sein Sport-Image nicht verwässern! Nun wurde die XDiavel auf der EICMA enthüllt und Ducati will sie vor allem auf dem US-Markt etablieren. Dort sind Cruiser sehr populär, und prompt ist der neue Kraftprotz aus Bologna doch ein Cruiser. Die Diavel – von der in Mailand eine mit Kohlefaserteilen aufgewertete Version namens Diavel Carbon [6] stand – war schon immer ein kontrovers diskutiertes Motorrad, die einen liebten, die anderen hassten sie, wegen ihrer massiven, etwas klobigen Optik.

Die XDiavel tritt wesentlich eleganter auf als ihr Schwestermodell. Der Gitterrohrrahmen ist nun sichtbar und gewährt den Blick auf den gewaltigen V2, der mit polierten Aluminiumelementen glänzt. Das Heck fällt kurz und knapp aus, der Auspuff schlingt sich nicht mehr am Motorrad vorbei, sondern findet eigentlich nur noch zwischen Motor und Hinterrad in Form eines kompakten Sammlers und zwei kurzen, aber gewaltigen Endrohren statt. Der Scheinwerfer wurde neu gestaltet und trägt auch keine Frontmaske mehr. Als Zugeständnis an einen Cruiser sind die Fußrasten deutlich weiter vorne platziert.

Für die XDiavel wurde der Hubraum auf 1262 Kubikzentimeter vergrößert. Der V2 mit variabler Ventilsteuerung (DVT) liefert sein maximales Drehmoment von 129 Nm bei 5000/min, die Nennleistung von 162 PS bei 9500/min. Über mangelnden Schub hatte sich schon bei der Diavel ganz bestimmt niemand beschwert. Besonders stolz ist man bei Ducati, dass die Ergonomie der XDiavel über sechzig verschiedene Einstellungen verfügt, um die ideale Position für den Fahrer zu finden. Als kleinen Seitenhieb auf die Konkurrenz weist der Hersteller außerdem darauf hin, dass mit der XDiavel vierzig Grad Neigungswinkel möglich seien. Da hätte es die meisten anderen Cruiser schon längst ausgehebelt. Die Brembo-Bremsen werden vom Bosch-ABS 9.1M und einem Kurvenbremsassistenten geregelt. Es gibt drei Fahrmodi, Traktionskontrolle, Launch-Kontrolle und Tempomat serienmäßig. Ihr Preis soll bei 20.000 Euro liegen. Darüber rangiert die XDiavel S für etwa 23.000 Euro, die eine noch üppigere Serienausstattung vorweisen kann.

Multistrada 1200 Enduro

Es war abzusehen, dass sie kommen würde. Seit Jahren erdrückt die BMW R 1200 GS [7] Stückzahlen mäßig alle anderen Reiseenduros. Das ließ Ducati nicht ruhen und baute auf Basis der mit 160 PS ungemein kräftigen Multistrada eine geländetauglichere Version auf und erkor sie zur Multistrada 1200 [8] Enduro. Der Testastretta-90-Grad-Twin blieb unangetastet und leistet weiterhin heftige 136 Nm Drehmoment bei 7500/min. Ein semiaktives Fahrwerk federt die vorne 19 und hinten 17 Zoll großen Drahtspeichenrädern ab. Gussfelgen taugen eben nicht für den Geländebetrieb, die vorn wie hinten 200 Millimeter Federweg dafür umso mehr.

Für reichlich Reichweite sorgt ein breiter 30-Liter-Tank, damit sollen, laut Ducati, selbst bei zügiger Fahrweise eine Reichweite bis zu 450 Kilometer-Etappen möglich sein. Den Durchschnittverbrauch beziffern sie auf 5,6 Liter auf hundert Kilometer, was sogar 536 Kilometer bedeuten würde. Eine neu konstruierte Zweiarmschwinge führt das Hinterrad, das von einer Kette angetrieben wird. Kardanantrieb wird in Italien als nicht sportlich genug angesehen.

Die Multistrada hält vier Fahrmodi parat: Touring, Enduro, Sport und Urban. Für die Gangart „Enduro“ wird automatisch die Leistung auf 100 PS limitiert, die Traktionskontrolle auf Stufe zwei von sechs gestellt, lässt also relativ viel Schlupf zu, das ABS regelt auf Stufe eins und die Fahrwerk arbeitet sehr soft. Fahrfertig soll die Enduro 257 Kilogramm auf die Waage bringen, was den Geländebetrieb natürlich erheblich einschränkt, trotz aller elektronischer Finessen. Und davon sind reichlich serienmäßig an Bord: neben der bereits erwähnten Traktionskontrolle und dem elektronischen Fahrwerk gibt es Kurven-ABS, Wheelie-Kontrolle, LED-Kurvenlicht und eine Berganfahrhilfe. Auf der EICMA gab Ducati den Preis mit 20.990 Euro an. Für die Pressefotos wurde die Multistrada 1200 Enduro Offroad mit grob profilierten Geländestollen abgelichtet. Auf Asphalt dürften sie dem Piloten beim ersten Gasstoß mit 160 PS um die Ohren fliegen.

Multistrada 1200 Pikes Peak

Als Bonbon hat Ducati noch die Multistrada 1200 Pikes Peak vorgestellt. Sie wurde nach dem legendären Rennen in Colorado benannt, bei dem es über viele haarsträubende Kurven bis auf 4300 Meter hoch geht. Der Motorrad-Abenteurer Jamie Robinson machte sich mit ihr werbewirksam auf die Reise von Los Angeles bis in die Rocky Mountains, wo er am Wettbewerb teilnahm. Sie basiert auf der Multistrada 1200 S und wird durch ein teures Öhlins-Fahwerk, einige zusätzliche Karbonteile und eine Termignoni-Auspuffanlage noch etwas sportlicher. Um den Look zu unterstreichen entfällt die Scheibe, stattdessen gibt es nur einen kleinen Spoiler über dem Cockpit und eine rassige rot-weiße Lackierung weist auf die sportlichen Gene hin. Den Preis hat Ducati noch nicht bekanntgegeben, aber da für die 1200 S schon 18.490 Euro aufgerufen werden, dürfte die Pikes Peak wohl die 20.000-Euro-Marke knacken.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Ab-2016-gilt-die-UNECE-R-41-04-fuer-neue-Motorraeder-2850835.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Verruehrte-Kultur-Fahrbericht-Ducati-Scrambler-2505860.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Gesundgeschrumpft-1824533.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Kleine-Schwester-1962011.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Over-the-top-model-1844851.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Ducati-Diavel-Carbon-Massives-Zweirad-Spielzeug-2162506.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/GS-im-Abenteuerland-2099065.html
[8] https://www.heise.de/autos/artikel/Die-runderneuerte-Ducati-Multistrada-1200-2481720.html