Die Modemaschine Ducati Scrambler gefahren

Verrührte Kultur

Außer den einfachen und bodenständigen Motorrädern aus Japan rufen auch immer mehr Fahrer nach Maschinen, die sind wie eine gemachte Gebrauchte: ein Schätzchen, das gut fährt. Auftritt Ducati Scrambler

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Zweirad 30 Bilder
Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Sie ist die ungewöhnlichste Ducati in Jahrzehnten. Sie ist die richtige Ducati für diese Zeit. Ducati hat es selbst intern gemerkt: Ihr Bestreben, stets an der Spitze der Technik zu arbeiten, bringt längst nicht mehr den Erfolg, den es vor 15 Jahren brachte. Die Monster, früher das kleine, leichte, simple Einsteigerkrad, kostet heute fünfstellig. Und an beiden Fronten Superbike und Supertourer ficht Ducati mit BMW darum, wer am meisten Technik in seine Motorräder stopfen kann. Doch die immer teureren Superbikes haben immer weniger Anteil am Gesamtumsatz. Stattdessen verkaufen sich mutige Neuprojekte wie Multistrada 1200 oder Diavel vom Start an gut. Warum also nicht ein lecht retroides Liebhaberkraftrad entwickeln?

Also gut: Ein eigens abgestelltes Team legte Astroturf-Kunstrasen in ein Büro, hängte Seventies-Bilder an die Wand, ließ sich Schnurrbärte wachsen und landete schließlich beim Projekt ein modernes Motorrad zu bauen, das so wäre, als hätte Ducati die Scrambler von Ende der Sechziger bis heute durchgängig angeboten. Es wurde ein Motorrad einerseits für die neuen Fahrer, die aus einer Modeströmung kommen: Bart, Campinggeschirr, Kaffeemaschine, cooles Retrokraftrad. Andererseits freuen sich auch alle über die Scrambler, denen in der ewigen Aufrüstung der ursprüngliche Spaß der Einspurfortbewegung verloren ging. BMW brachte in diesen Markt die R nineT. Ducati ging einen Schritt weiter und brachte mit der Scrambler ein vergleichbar cooles, liebenswertes Motorrad, aber für über 6000 Euro weniger: Die neue Einsteiger-Ducati fängt in rot bei 8390 Euro an. Im hier gezeigten Gelb kostet sie 100 Euro mehr.

Werbung wirkt

Aus der Sicht der Neunzigerjahre betrachtet, kriegt man dafür einen heruntergetakteten 796-Motor mit Einzeldrosselklappe und mechanischem Einzelgaszug, dem oben heraus spürbar die Luft ausgeht bei 75 PS Nennleistung. Dazu kommen ein paar hübsche Details. Aber die Neunziger sind vorbei. Die meisten von uns haben festgestellt, dass 1000er-Superbikes abseits der Rennstrecke sehr frustrierend sein können, weil sie so deutlich zeigen, wie schlecht wir fahren. Dabei soll es doch beim Motorradfahren um Spaß gehen. Genau den bringt die Ducati. Andere bieten andere günstige Motorräder an, die mindestens genauso viel Spaß machen. Aber die Scrambler zelebriert den Spaß, wie es unter den Neuen sonst nur die Ninette tut. <- Schon dieser Satz zeigt, dass auch die Werbung von BMW und Ducati Wirkung zeigt, denn ich habe die wunderbare Honda CB 1100 hier komplett vergessen.

Wie die Honda oder die BMW lebt auch die Scrambler von tollen Details: Der Reflektor der Lampe vorne ist aus Aluminium, und die Scheibe aus Glas. Der übliche Werkstoff für beides ist Plastik. Der Einzelseilzug zum Gas ist als Zitat der alten Scrambler aus den Siebzigern schick in Szene gesetzt. Der Tank ist aus Stahlblech, mit austauschbaren Alu-Zierblechen an den Seiten. Den Ausgleichsbehälter der Vorderradbremse gießt Ducati aus Alu statt aufs funktional gleichwertige Urindöschen-Design mit Plastikbecherchen zurückzugreifen. Es gibt Varianten mit echten Schutzblechen aus gebürstetem Alublech als Kotflügel (Scrambler Classic), auf Speichenrädern mit Alukranz stehend. Der luftgekühlte Motor schaut durch den offenen Rohrrahmen, und die Gehäuse der Steuer-Zahnriemen zum Ventiltrieb bestehen nicht wie bei der teureren Monster aus Plastik, sondern aus Gussalu mit schöner Zierschleifung.