Fahrbericht Audi RS 3 Limousine

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Es ist ja nicht so, dass es dem Audi RS 3 bisher an Leistung gefehlt hätte. Weil aber Mercedes mit der A45-Modellpflege auf 381 PS aufgerüstet hat, musste Audi nachlegen: 400 PS sind es nun mit dem Facelift des RS 3 Sportback geworden und damit auch in der neu eingeführten RS 3 Limousine. „Stärkster seiner Klasse“ heißt es dann wieder, obwohl diese Information eigentlich nur für zwei Dinge relevant ist: die Pressemappe und den Stammtisch.

Denn längsdynamisch ließ auch das Vorfaceliftmodell schon mit 367 PS keine Zweifel aufkommen. Querdynamisch dagegen wusste man irgendwie nicht so recht, was man mit ihm anfangen sollte. Und das, obwohl Audi den RS 3 so massiv aufrüstete: Teures Material sollte die Bremse möglichst standfest machen – Audi bot Carbonkeramikscheiben für den Kompaktwagen an, was schon fast ein bisserl viel des Guten war. Dazu die Haldex-Lamellenkupplung der fünften Generation, welche die Momente zwischen den Achsen noch feinfühliger verteilen kann. Im gleichen Aufwasch wurde das Kupplungspaket gleich nach hinten versetzt, um die Gewichtsverteilung zu verbessern und die Reifen an der Vorderachse wurden zwei Zentimeter breiter als hinten. Die große Wirkung allerdings blieb aus, der RS 3 konnte immer noch das am besten, was man ihm als Audi typischerweise vorwirft: Untersteuern.

26 kg gespart, wo sie nie hätten sein dürfen

Das Facelift schickt sich nun an, das zu ändern und der auf 400 PS erstarkte 2,5-Liter-Fünfzylinder ist ein ganz wesentlicher Baustein dafür. Dass ihm nun 33 PS mehr eingeschenkt wurden – sei's drum. Auch die (optionalen) 280 km/h, die er auf der Autobahn maximal rennt oder die 4,1 Sekunden, die er für den Spurt auf 100 km/h benötigt, sind prima für den Stammtisch. Spannender ist, dass man im Grunde genommen einen komplett neuen Motor geschaffen hat: Kurbelgehäuse aus Aluminium, statt Grauguss. Hohlgedrehte Kurbelwelle, kleinere Kurbelwellenhauptlager und eine Ölwanne aus Magnesium.

26 kg sind es damit in Summe, die genau dort eingespart wurden, wo sie aus fahrdynamischer Sicht nie hätten sein dürfen: vor der Vorderachse. Zudem wurde der Drehmomentdirigent Haldex 5 gleich noch zu einem Fahrdynamikaufbauseminar geschickt. Deutlich früher wird nun Last nach hinten verteilt. Bremst man scharf auf eine Kurve an und lenkt ein, ist es für das System ein unmissverständliches Zeichen, dass die Hälfte des Antriebsmoments an die Hinterachse gehört.

Ob es nun die Software, der leichtere Motor, die omanischen Bergstraßen, all das oder nichts davon ist: es funktioniert! Je schärfer das Ruder beim Einlenken umgerissen wird, desto größer der Ausfallschritt der Hinterachse. Das für sich betrachtet ist schon eine kleine Überraschung bei Audi. Denn bisher war ein solches Eigenlenkverhalten undenkbar – eine Aktion wie diese wäre mit bremsendem Untersteuern quittiert worden. Die Überraschung hinter dem Lenkrad ist daher groß, als der RS 3 erstmals diese neue Seite durchblicken lässt. Das weckt Gelüste. Auf in die nächste Serpentine, die hier so breit ausgebaut sind, dass auch eine S-Klasse in der extralangen Maybach-Version zum Drifttraining antreten könnte, ohne je die eigene Spur zu verlassen.

Wir fahren quer, wir sehen mehr

Die zweite Stufe wird voll ausgedreht, der Fünfzylinder gurgelt, röchelt und brummt seinen räudigen 1-2-4-5-3-Groove bis auf 7000/min, bevor blitzschnell vom Doppelkupplungsgetriebe durchs automatische Zwischengas die dritte nachgeladen wird. Sie wird bis knapp unter 6000 Umdrehungen ausgeritten und mit einer harten Ankerung die nächste Kurve eingeleitet. Es braucht schon ein wenig Kampfgeist, damit er dich belohnt, der RS 3. Das heißt: Überschuss mitnehmen und die Vorderachse ein wenig übermotiviert die Richtung vorgeben lassen. Denn dann steht die Hinterachse wieder genau so neben der Spur, wie wir es von ihr wollen.

Die eigentliche Sensation folgt, sobald die Hinterachse dann mit der Drehmomentflutwelle beaufschlagt wird, die der Fünfender in dem Moment stemmen kann. Dank der neuen Haldex-Abstimmung kommt immerhin die Hälfte der 480 Nm an, denn in vorauseilendem Gehorsam hat sich die Lamellenkupplung bereits geschlossen und versetzt die RS 3 Limousine in feines Allradübersteuern. Mit ein paar Lenkkorrekturen und, allradtypisch, dem ein oder anderen Lenkimpuls in Kurvenrichtung, lässt sich diese Querfahrerei über den gesamten Kurvenverlauf spielen, bis der wild schnatternde Fünfzylinder vom Drehzahlbegrenzer an die Leine genommen wird.

Das Schauspiel lässt sich in jeder weiteren Kurve fortsetzen: je wilder du am Ruder reißt, desto unterhaltsamer belohnt dich der RS 3 dafür. Zwei Serpentinen später geht es bereits im skandinavischen Flick auf den nächsten Einlenkpunkt zu, der RS 3 röhrt und ein kleines bisschen fühlt man sich wie Walter höchstpersönlich in einer Wertungsprüfung.

Nun mögen sicherlich die teils aalglatten omanischen Straßen einen gewissen Einfluss darauf haben, dass der RS 3 hier so tut, wie er tut. Denn werden die Drehmomente gleichmäßig zwischen den Achsen verteilt – mehr kann eine Haldex aus eigener Kraft eben nicht – ist man darauf angewiesen, dass die Vorderachse Schlupf bekommt. Was dort vorne verpuffen würde, gelangt dann an die Hinterachse. Straßen mit niedrigem Reibwert begünstigen also diese agile Verhaltensweise und es wird sich zeigen müssen, wie sehr der RS 3 dieses Versprechen auch auf europäischen Straßen und Rennstrecken einlösen kann.

Die Lenkung ist ein Fortschritt

Wer seine RS 3 Limousine entsprechend konfigurieren möchte: fahrdynamisch relevant ist an dieser Stelle höchstens die optionale Mischbereifung mit 255er Pneus an der Vorderachse und 235ern an der Hinterachse. Alles andere bringt der RS 3 bereits ab Werk mit, wie etwa auch die Progressivlenkung. Sie ist zwar nicht gerade das, was man eine hochkommunikative Verbindung zwischen Fahrer und Straße beschreiben würde, aber doch ein Fortschritt. Sie arbeitet mit einem angenehmen Gewicht und lässt immerhin die nötigsten Informationen in die Hände des Piloten durchdringen.

Natürlich lassen sich die einen oder anderen Euros mit ein paar Haken in der Aufpreisliste versenken. So lässt sich noch die optionale Sportabgasanlage hinzubuchen oder 370 Millimeter große Pizzateller aus Keramik, welche von den Achtkolbensätteln an der Vorderachse umschlossen werden. Auch ein optionales Magnetic Ride Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern lässt sich noch hineinkonfigurieren. Doch für das große Schauspiel auf der Fahrdynamikbühne sind diese Darsteller nicht notwendig.

Wer sich ob der Sportabgasanlage sorgen um den Nachbarschaftsfrieden macht: sowohl die serienmäßige Abgasanlage, wie auch die Sportabgasanlage verfügen beide über Auspuffklappen, welche sich über Audi drive select steuern lassen. So kann man also auch früh am Morgen völlig sozialkompatibel die Nachbarschaft verlassen und erst draußen auf der Landstraße auf Durchzug stellen.

Stimmige Ergonomie

Neben der fahrdynamischen Aufwertung bringt die Modellpflege ein paar neue Bausteine aus dem Technologiebaukasten mit sich, die seit der Markteinführung hinzugekommen sind und so lässt sich die schönste aller RS 3 Karosserievarianten nun auch mit Matrix-LED-Scheinwerfern ausrüsten. Im Innern hat sich soviel nicht getan. Der RS 3 bekommt ebenfalls das Virtual Cockpit spendiert, womit alle Anzeigen auf einem 12,3-Zoll-Display visualisiert werden. Davon abgesehen ist es weitestgehend das Cockpit, wie wir es seit der Einführung des A3 8V im Jahr 2012 kennen und das ist gut. Denn die Ergonomie ist stimmig, das Platzangebot ausreichend und die Verarbeitung makellos.

Die Audi RS 3 Limousine kostet mindestens 55.900 Euro. Das sind 1300 Euro mehr als für den Sportback. Dafür bekommt man zwar etwas weniger Stauraum, im Gegenzug aber auch die deutlich attraktivere Karosserievariante.

Die Kosten für Anreise, Unterkunft und Probefahrt trug der Hersteller.