Fahrbericht: BMW 440i Gran Coupé

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Von Januar bis Juni verkaufte BMW 2,8 Prozent weniger Autos als im Vorjahr, bei der 4er Modellreihe beträgt der Rückschritt sogar 6,4 Prozent. Da kommt die Modellauffrischung bei der 4er-Reihe genau im richtigen Moment. Wir probierten den kräftigen Sechszylinder 440i im Gran Coupé.

Die Modellpflege fällt auf den ersten Blick ziemlich übersichtlich aus, LED-Licht ist jetzt serienmäßig, dazu gibt es ein paar optische Retuschen. Interessanter ist da schon, dass die Ingenieure beim Gran Coupé das Fahrwerk verbessert haben. Die Unterschiede mögen marginal sein, aber im Alltag geben die adaptiven Dämpfer und Federn (das vorhandene adaptive M-Fahrwerk kostet 710 Euro extra) eine sehr gute Figur ab und passen sehr gut zum Reisemobil Gran Coupé. Egal ob kurze oder lange Wellen und Unebenheiten, das Gran Coupé steckt alles souverän weg und trägt im Zusammenwirken mit den guten Sportsitzen dazu bei, dass der Fahrer das Ziel entspannt erreicht. Einen Pluspunkt verdient sich auch der geschmeidig agierende adaptive Tempomat.

Langstreckler und Fahrdynamiker

Dieser Langstreckenkomfort geht aber nicht auf Kosten der Agilität, auch wenn der 1615 Kilogramm schwere Viertürer nicht ganz so gierig carvt wie die sportlichen M-Modelle. Mit dem 240 kW / 326 PS leistenden Reihensechszylinder ist man für alle Belange mehr als ausreichend motorisiert. Nach 5,1 Sekunden ist Landstraßentempo erreicht und bei 250 km/h wird abgeregelt. Im Zusammenspiel der Achtgang-Wandlerautomatik mit dem elastischen Motor steht in jeder Situation satte Durchzugskraft zur Verfügung. Wer dynamisch unterwegs ist, mit Regen oder gar Eis und Schnee zu kämpfen hat, kann daher vom Allradantrieb profitieren. Er macht den kraftvoll motorisierten 440i zwar 2500 Euro teurer, ist angesichts der Leistung aber eine Überlegung wert.

Da mit so einem Auto niemand NEFZ-gerecht fährt, liegt der angegebene Normverbrauch von 6,8 Litern in unerreichbarer Ferne – während unserer Ausfahrten genehmigte sich der 440i im Schnitt 9,4 Liter.

Seit der Modellpflege kommt beim Infotainmentsysteme die neue Kacheloptik zum Einsatz, die macht die Bedienführung allerdings nicht zwingend einfacher. Mit dem Anwachsen der Funktionsvielfalt ist auch das BMW-System verschachtelter geworden, aber nach einer recht kurzen Eingewöhnungszeit findet man sich wieder zurecht.

Die Spracheingabe funktioniert auch während der Fahrt sehr gut und die Software kommt zunehmend mit umgangssprachlichen Befehlen, wie „fahr mich nach München in die Heidemannstraße 16” zurecht. In zehn deutschen Städten, darunter München, Hamburg und Düsseldorf bekommt man im Navigations-Zielgebiet freie Parkplätze angezeigt. Dass die sich nicht immer direkt vor der Haustür befinden, liegt in der Natur der Sache, da in Ballungsräumen die Abstellmöglichkeiten begrenzt sind.

Nach wie vor bietet das 4er Gran Coupé kein animiertes Cockpit und die Handbremse muss noch mit Armkraft nach oben gezogen werden. Uns sind allerdings eine Menge Menschen bekannt (liegt's am Alter?), die so lieber unterwegs sind als mit animierten Instrumenten und elektrifizierter Bremse.

Kamerabilder gegen die Unübersichtlichkeit

Erst beim Einparken stellt man fest, wie unhandlich sich das Gran Coupé mit seiner Länge von 4,64 Metern anfühlen kann. Beim Rangieren stören die Kopfstützen der zweiten Reihe, die die beschränkte Sicht durch das schmale Heckfenster weiter einschränken. Erschwerend kommen die breiten C-Säulen hinzu und auch die längliche Motorhaube, so dass sich die 360-Grad-Kamera als beste Lösung für enge Parklücken erweist.

Auf den hinteren beiden Sitzen können übrigens auch Menschen jenseits der 1,85 Meter bequem Platz nehmen, ohne dass ihnen das Dach die Kopffreiheit zu sehr einschränken würde. Die langgestreckte Silhouette des 2+2-Sitzers wirkt sich auch in einem vernünftigen Kofferraum aus, der zwischen 480 und 1300 Liter fasst. Legt man die Rücksitzlehnen um, entsteht eine leicht ansteigende, aber ebene Ladefläche. So praktisch wie ein klassischer Kombi ist das Gepäckabteil aber nicht, schon wegen der hohen Ladekante und der schnittigen Hecklinie.

Der Testwagen kostete 69.220 Euro, davon entfielen 15.880 Euro auf Sonderausstattungen und die Liste ließ zahlreiche Ausstattungsdetails außen vor.