Zielstreber
Nürburg, 20. Mai 2015 – Wenn ein Kenner einen darauf hinweist, sieht man es, dann aber auch nur im Vergleich: Der „Power Dome“ der Motorhaube ist etwas höher, die beidseitigen Lüftungsschlitze liegen etwas weiter auseinander und leicht nach vorn versetzt. Diese Maßnahmen geben dem Motor des F-Type nun mehr Platz unter der Haube. Nicht, weil man nun eine noch größere Motorisierung brauchte – die Spitzenmotorisierung, ein Fünfliter-V8, ist ja bereits schwer genug – sondern, weil in diesem besonderen F-Type der Motor höhergelegt werden musste.
„Besonders“ heißt in diesem Fall: Mit Allradantrieb. Wir konnten den damit aufgewerteten (in Puristenaugen jedoch wohl eher unnötig schwereren) Jaguar schon fahren. Immerhin wiegt der Vierradantrieb 90 Kilogramm. Sichtbar ist er jedenfalls nicht einmal auf den zweiten Blick, wären da nicht die drei Buchstaben „AWD“ am Heck.
Wenig Unterschiede bei den Papierwerten
280 kW/380 PS leistet der Drei-Liter-Kompressor-V6. Mit Heckantrieb und Automatik erreicht der F-Type damit Tempo 100 in 4,9 Sekunden aus dem Stand, mit AWD sind es 5,1 Sekunden. Offiziell verbraucht der schwerere AWD 8,9 Liter Super auf 100 Kilometer, der des S-Coupés mit Heckantrieb wird mit 0,3 Liter weniger beziffert.
Beim flotten Fahren ist vor allem während des Herausbeschleunigens aus den Kurven der Unterschied zum Hecktriebler gut zu fühlen. Auf dem Nürburgring, wo Jaguar die Allradler präsentierte, flutscht der F-Type über die Curbs, dass es eine Freude hat. Ohne das leiseste Schwänzeln im Heck und frei von Zucken in der Lenkung fühlt sich der F-Type immer ein bisschen zielstrebiger an. Einfach Blick in Fahrtrichtung, Vollgas – und ab dafür.
Der F-Type behält dabei auch als Allradler erst einmal seinen Charakter als Hecktriebler. Auf trockener Fahrbahn und wenn alle Sensoren Rückmeldungen im grünen Bereich liefern, gehen 100 Prozent des Drehmoments an die Hinterräder. Sobald die Sensorik Schlupf an der Hinterachse feststellt, leitet die elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung, die Jaguar anstelle eines zentralen Differenzials montiert, je nach Bedarf bis zu 50 Prozent der Kraft an die Vorderräder. Zudem können damit durch die Veränderung der Drehmomentverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse Tendenzen zum Übersteuern unterdrückt werden.
Präzis und gefühlig auch mit E-Lenkung
Neu im F-Type ist auch die elektromechanische Servolenkung, die auch in der neuen XE-Limousine verbaut wird. Je nach Fahrweise und Geschwindigkeit unterstützt sie unterschiedlich stark. Trotz aller Befürchtungen: Wir empfanden sie für eine elektromechanische Lenkung als ausreichend gefühlvoll, präzise und direkt.
Mit dem Allrad-F-Type bringt Jaguar auch für die anderen Motorisierungen des Sportlers einige neue Optionen. So ist etwa das Torque Vectoring, das mit dem gezielten Abbremsen der kurveninneren Räder das Untersteuern in Kurven verhindert, nun für alle F-Type-Modelle lieferbar. Außerdem bietet Jaguar für alle V6-Hecktriebler ein manuelles Sechsganggetriebe mit kurzen Schaltwegen. Auch das Navigationssystem soll nun schneller rechnen. Dazu kommen weitere Assistenzsysteme.
Wer einem F-Type mit Allrad den Vorzug geben möchte, muss 6000 Euro mehr zahlen als für einen gleichstarken Heckantriebler, das macht mindestens 85.500 Euro. Viel Geld, verglichen mit einem 400 PS starken Porsche 4S, der mindestens 112.313 Euro kostet, aber ausgesprochen günstig.
Anreise, Verpflegung und Probefahrt gingen auf Kosten des Herstellers.