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Fahrbericht: Kia Stinger

Der neue Kia Stinger soll sich deutlich vom ähnlich großen Optima unterscheiden. Dafür betreibt Kia einigen Aufwand. Der Stinger bekommt Hinterradantrieb, stärkere Motoren und eine feinere innenausstattung. Unterwegs mit dem Topmodell

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Kia Stinger 20 Bilder
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  • press-inform - Wolfgang Gomoll
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Dort wollen sie fast alle hin: In das sagenumwobene Premium-Reich, in dem die Margen üppig ausfallen und die Kunden schon aufgrund eines klangvollen Namens zugreifen. VW versucht es derzeit mit einem heftig geschminkten Passat, für den sich kreative Köpfe sogar einen eigenen Namen ausgedacht haben. Wer sich nach dem hierzulande eher mäßig erfolgreichen Passat CC/CC über die Hartnäckigkeit der Produktplaner in Wolfsburg lustig macht, sollte bedenken, dass diese Menschen den globalen Markt mit seinen unterschiedlichen Vorlieben im Sinn haben. Dorthin strebt natürlich auch Kia mit dem Stinger, wobei der Aufwand, den Kia betreibt, um den Stinger vom Optima abzugrenzen, ungleich höher ist als bei VW. Der Stinger stand uns für eine erste kurze Ausfahrt mit der kräftigsten Maschine schon zur Verfügung.

Viel Platz

Mit 4,83 m ist der Kai Stinger nur minimal kürzer als ein VW Arteon. Beim Radstand überragt der den VW mit 2,91 m deutlich, die Konkurrenz aus dem selbsternannten Premiumlager in Form von Audi A5 und BMW 4 Gran Tourer erst recht. Dementsprechend großzügig fällt das Platzangebot aus. Vorn wie hinten gibt es reichlich Raum zum Räkeln. Das geht allerdings zu Lasten des Kofferraums, der mit 406 Litern nur unwesentlich größer ist als der eines VW Golf. Dafür ist das kleine Abteil über eine große Heckklappe sehr leicht zu beladen.

Nun ist ein großzügiges Platzangebot kein Premium-Attribut, zum sich der Stinger in dieser Hinsicht kaum vom ähnlich großen Kia Optima absetzen kann. Doch der ist mit Frontantrieb eher im automobilen Bürgertum angesiedelt. Der Kia Stinger hat dagegen standardmäßig Hinterradantrieb, an den in einigen Fällen noch ein Frontantrieb rangehängt wird. Das größte Teil der Kraft geht stets nach hinten. Das ist fahrdynamisch ein gewaltiger Unterschied, denn eine Lenkung, die keine Antriebseinflüsse herausfiltern muss, kann ganz anders abgestimmt werden. Im Gegensatz zu vielen Konzernmodellen, in denen die gefühllose Lenkung immer wieder kritisiert wurde, ist sie im Stinger direkter und feinfühliger.

Das adaptive Fahrwerk bietet eine spürbare Bandbreite zwischen Komfort und Sport, wenngleich letzteres durchaus noch straffer sein könnte. Der Stinger bleibt auf der komfortablen Seite, was kein Fehler ist. Die Härte deutscher Konkurrenten mit Sportfahrwerk ist dem Kia fremd.

Schneller

Der aufgeladene 3,3-Liter-V6 mit 370 PS und 510 Nm hat keinerlei Probleme, den nicht gerade leichtgewichtigen Stinger flott anzutreiben. Kürzlich wurde die Werksangabe in Standardsprint von 5,1 auf 4,9 Sekunden korrigiert. Neue Rekorde knackt der Kia damit nicht, Konkurrenten wie der BMW 440i xDrive oder der Mercedes-AMG C43 4Matic sind ähnlich schnell. Nur in einem Bereich kann sich der schnellste Kia absetzen: BMW und Mercedes begrenzen die Geschwindigkeit auf 250 km/h, der Kia soll Tempo 270 schaffen. Hoffen wir mal, dass daraus kein neues Wettrüsten wird.

Der V6 im Kia zieht sehr gleichmäßig durch. Er hat keinen bevorzugten Drehbereich: Weder ist er untenrum schlapp noch oben obenrum zugeschnürt. Der Klang bleibt zurückhaltend, erst bei höheren Drehzahlen meldet er sich vernehmlich. Die Achtgang-Automatik hinterließ einen guten Eindruck: Sie schaltete unauffällig und passend.