Was taugt die zweite Generation, die zwischen 2004 und 2010 verkauft wurde?

Im Gebrauchtwagen-Check: Ford Focus Mk2

Die zweite Generation des Ford Focus, die zwischen 2004 und 2010 verkauft wurde, ist relativ günstig zu haben. Doch nicht jede Variante ist auch zu empfehlen - wir zeigen die Stärken und Schwächen des Focus

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Von
  • Martin Franz
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München, 11. Oktober 2013 – Leicht war es in den vergangenen Jahren für Hersteller wie Opel und Ford nicht: Einst waren sie eine im besten Sinne preiswerte Massenmotorisierung, doch seit sich der Markt zwischen Premium und billig immer mehr aufteilt, drohen Marken der Mitte zerrieben zu werden. Koreaner und Japaner bearbeiten den Markt, was den Preis anbelangt, hauptsächlich von unten, zusätzlich drängten selbsternannte Premiummarken wie Mercedes oder BMW in das umkämpfte Segment der Golf-Klasse. Ford ist dort seit 1998 mit dem Focus vertreten. Der ist als Gebrauchtwagen vergleichsweise preiswert zu bekommen, allerdings nicht in jedem Fall auch zu empfehlen. Wir zeigen, worauf Käufer der zweiten Generation achten sollten.

Gebaut ab 2004

Der erste Vorbote des zweiten Focus war der kompakte Van C-Max, der seit Mai 2003 vom Band lief – interessanterweise startete er somit nur wenige Monate nach dem ungleich erfolgreicheren VW Touran. Im November 2004 kam dann der zweite Focus auf den Markt, zunächst als Limousine mit drei und mit fünf Türen. Der gerade in Deutschland sehr gefragte Kombi Turnier und das hierzulande kaum verkaufte Stufenheck folgten im Januar 2005. Im September des gleichen Jahres hatte der sportliche Focus ST seine Händlerpremiere. Mit reichlich Verspätung kam im März 2007 das Cabrio mit Stahlklappdach in den Handel. Im Februar 2008 stellte Ford ein umfassendes Facelift vor, was die Front etwas glättete, vor allem aber zahlreiche Schwächen beseitigte.

Nicht gemütlich

Die Überarbeitung änderte nichts an den grundsätzlichen Vorzügen und Schwachstellen. Die Verarbeitung ist zum Teil eher rustikal. Von der Leidenschaft, mit der sich andere Hersteller um hochwertige Oberflächen oder auch um fein rastende Schalter bemühen, ist bei Ford nichts zu spüren. Nur wenige Versionen haben etwas Stoff an den Türverkleidungen, die ansonsten aus unterschiedlich gefärbtem Plastik besteht. Auch das raue Kunststofflenkrad in den einfacher ausgestatteten Varianten ist nichts für Haptik-Fanatiker – die Lederlenkräder fassen sich wesentlich angenehmer an. Am insgesamt etwas hemdsärmeligen Eindruck des Interieurs ändert auch die „Holz-Tapete“ nichts, die auf Wunsch im „Ghia“-Innenraum verklebt wurde. Dazu kommen Klappergeräusche aus dem Cockpit. Bei vielen, insbesondere vor dem 2008er-Facelift, knackt es zudem aus der B-Säule und dem Sitzgestell.

Doch der Focus hat natürlich auch seine Vorzüge. Die Übersichtlichkeit ist besser als in vielen Konkurrenten. Damit meinen wir nicht nur die Sicht nach draußen: Das Armaturenbrett ist funktionell gestaltet, ein Blick in die Anleitung ist eigentlich nur nötig, wenn man in die Tiefen eines der Navigationssysteme vordringen will. Über den Wegweisern liegt inzwischen natürlich eine üppige Patina. Erschwerend kommt hinzu, dass Updates etwa soviel wie ein modernes Saugnapf-Navi kosten. Die meisten Kunden bestellten aber ohnehin nur eins der einfachen CD-Radios. Sie klingen passabel, wer höhere Ansprüche in diesem Bereich hat, kann mittels Adapter einfach und relativ preiswert ein DIN-Radio nachrüsten.

Das Platzangebot ist insgesamt okay, wenngleich der Kombi mit 482 Litern nicht gerade zu den Raumriesen gehört. Auch beim Platz für die Passagiere bewegt sich der Focus im Mittelfeld seiner Klasse. Ganz vorn in seinem Segment ist er dagegen beim Fahrwerk. Ford ist bei der Abstimmung ein sehr guter Kompromiss zwischen wünschenswerter Nachgiebigkeit und stabilisierender Straffheit gelungen. Dazu kommt eine Lenkung, die präzise ist und für einen Fronttriebler erstaunlich viel Rückmeldung gibt, ohne übermäßig mit Antriebseinflüssen zu nerven. Allerdings sind die Radlager nicht für die Ewigkeit, hier ist manchmal schon nach 80.000 Kilometern Ersatz nötig.

Rost

Ein Thema, das bei modernen Fahrzeugen eigentlich längst erledigt sein sollte, verdient beim Focus besondere Aufmerksamkeit. Rost an Kanten und Falzen ist bei vielen Fahrzeugen ein Thema – nicht bei allen, was auf eine schwankende Fertigungsqualität schließen lässt. Vor dem Kauf sollten deshalb die Kanten von Türen und Hauben genau inspiziert werden. Auch wenn sie rostfrei sind, ist eine nachträgliche Hohlraumkonservierung eine gute Idee.

Zuverlässige Benziner

Die gängigen Benziner leisten 80, 101, 115, 125 und 145 PS. Allen gemein ist, dass sie nicht besonders sparsam, leise oder temperamentvoll sind. Sie sind brave Alltagsmaschinen, die den Focus insgesamt recht zuverlässig antreiben. Der kleinste Benziner hat mit der Limousine schon etwas Mühe, für den Kombi empfehlen wir ihn ausdrücklich nur Fahrern, die es wirklich niemals eilig haben. Den 101-PS-Benziner wählten viele Käufer - er bietet etwas mehr Reserven. Der mit 1.6 TI-VCT mit 115 PS bietet mit 155 gerade einmal fünf Nm mehr als der 101-PS-Benziner, womit er sich im Alltag nicht nennenswert absetzen kann. Da bei ihm vereinzelt der Nockenwellenversteller klemmt, würden wir, sofern halbwegs flotte Fahrleistungen erwünscht sind, den Schritt zum 1,8 Liter mit 125 PS oder gleich zum 2,0-Liter mit 145 PS empfehlen. Letzterer ist von allen Vierzylindern allerdings der brummigste Vertreter.

Der 1,8-Liter nimmt eine Sonderstellung ein, denn er wurde meist als Flexifuel verkauft. Bei ihm kann man Bioethanol (E85) in beliebigem Verhältnis mit Super-Kraftstoff fahren. Wer dem umstrittenen E10-Benzin nicht traut: Diese Maschine verträgt es ganz sicher. Da gerade die kleinen Benziner oft in der Stadt, also im Kurzstreckenbetrieb, eingesetzt werden, verschleißen die Auspuffanlagen rasch. Ersatz ist vergleichsweise günstig, auch der freie Teilehandel hat Anlagen in unterschiedlicher Qualität parat. Mit einem Kuriosum haben übrigens alle Benziner bis 115 PS zu kämpfen: Durch undichte Waschdüsen tropft Wasser in die Zündkerzenschächte – Rost an den Kerzen ist die Folge. Der 1,8- und der 2,0-Liter-Benziner sind nicht betroffen, denn hier schützt eine Motorabdeckung vor Überflutung. Ford bietet als Lösung inzwischen besser abgedichtete Scheibenwaschdüsen an.

Die kräftigen Benziner in ST, RS und RS500 spielen auf dem Gebrauchtwagenmarkt so gut wie keine Rolle. Ford hat nicht viele davon verkauft, entsprechend selten sind sie im Angebot.

Problematischer Bestseller

Bei den Dieselmotoren sieht es auf den ersten Blick übersichtlicher aus. Der 1.6 TDCI wurde hierzulande mit 90 und mit 109 PS angeboten. Nur bis 2006 gab es einen 1.8 TDCI mit 115 PS. Der 2.0 TDCI wurde mit 110 PS (nur mit Automatik) und mit 136 PS verkauft. Das Gros des Angebots stellt der 109-PS-Diesel. Er bietet eine passable Laufkultur und gute Fahrleistungen bei niedrigem Verbrauch. Allerdings leistet er sich zahlreiche Macken. Bis 2008 war die Leitung, die den Turbolader mit Öl versorgt, sehr nah am Abgaskrümmer verlegt. Das führte zu Verkokungen in dieser Leitung, die dann wiederum zu Verstopfungen. So gingen zahlreiche Turbolader hops – mit Folgekosten, die doch nachhaltig am Ruf einer unterhaltsgünstigen Maschine nagten. Regelmäßige Ölwechsel sind hier absolute Pflicht, auch wenn sie das Problem nicht komplett beheben. Das Abgasrückführventil verstopft ebenfalls ab und zu, und auch hier ist Ersatz nicht billig. Da mutet der manchmal schlappe Spanner des Keilrippenriemens fast harmlos an. Den stärkeren Diesel gönnten sich nur wenige Focus-Kunden, schwerwiegende Macken sind hier nicht bekannt.

Preiswert

Zu den Ausstattungslinien Ambiente, Trend, Sport, Ghia und Titanium kamen im Laufe der Jahre zahlreiche Editionsmodelle, die beispielsweise Fun oder Style hießen. Sie fassten im Wesentlichen die Extras zusammen, die die meisten Käufer ohnehin haben wollten: Klimaanlage und CD-Radio. Die Kunden goutierten es und griffen reichlich zu diesen Versionen. Im Gegenzug leisteten sich nur Wenige die Nobelversionen Ghia, luxuriös angehaucht, oder Titanium, der Ford zufolge „sportlich-luxuriös“ wirken sollte. Das aktuelle Angebot auf dem Gebrauchtwagenmarkt ist reichhaltig, sofern der Interessent nicht gerade Modelle mit nur selten georderten Extras wie Ledersitze oder Schiebedach sucht. Wir empfehlen die Modelle ab dem Facelift, also ab Baujahr Februar 2008. Die sind insgesamt etwas ausgereifter. Für Focus vor dem Facelift mit weniger als 100.000 Kilometern Laufleistung beginnen die Preise bei rund 3000 Euro, für vergleichbare Modelle mit Facelift sind derzeit mindestens rund 5000 Euro fällig. Für den Nachfolger müssen Käufer mehr als das doppelte einplanen, was sich wohl erst mit dem Facelift 2014 ändern wird.