Karmann: Ende des Fahrzeugbaus und weitere Massenentlassungen

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Von
  • ssu

Die Wilhelm Karmann GmbH verabschiedet sich aller Wahrscheinlichkeit nach endgültig vom Fahrzeugbau und steht damit vor dem größten Umbau in der über hundertjährigen Firmengeschichte. Über Jahrzehnte war das Unternehmen Aufragsfertiger namhafter Automobilmarken und wurde insbesondere durch VW-Modelle wie den Karmann Ghia weltbekannt.

Der Fahrzeugbau wird im Sommer nächstens Jahres endgültig auslaufen. Damit verlieren mindestens 1300 Mitarbeiter ihren Job, berichtet die am Karmann-Stammsitz Osnabrück erscheinende NOZ. Auch für die zur "Metal Unit" zusammengefassten Bereiche Werkzeugbau und Presswerk sucht Karmann einen Käufer oder Partner. Gelingt dies nicht, würden weitere 450 Arbeitsplätze wegfallen. In dem in einer Karmann-Pressemitteilung als "worst case" bezeichneten Szenario würde die Zahl der Arbeitsplätze in Osnabrück von derzeit 3375 auf nur noch 1650 schrumpfen.

Laut Peter Harbig, Sprecher der Geschäftsführung, wird sich Karmann zu einem "lupenreinen Zulieferunternehmen" wandeln und sich auf die Bereiche Technische Entwicklung und Dachsysteme konzentrieren. In diesen Segmenten wächst Karmann nach Angaben Harbigs überdurchschnittlich. Den Bereich Technische Entwicklung, der mit aktuell 750 Mitarbeitern über 100 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet, will Karmann möglichst rasch um 300 Mitarbeiter aufstocken. Gesucht werden hochqualifizierte Leute wie Ingenieure und Techniker.

Dachsysteme sollen ihre Rolle als größter Umsatzbringer in den kommenden Jahren weiter ausbauen. Bis 2012 werden sich die Auslieferungen nach Karmann-Angaben "aufgrund unterzeichneter Verträge" verdoppeln. Heute erwirtschaften in Osnabrück 500 und weltweit rund 1500 Mitarbeiter einen Umsatz von etwa 350 Millionen Euro. Karmann sieht sich als führend im Dachsektor: Man beherrsche alle Technologien, seien es faltbare Blechdächer, die so genannten Retractable Hardtops, oder klassische Verdecke aus Textil und verfüge über "ungebrochene" Innovationskraft.

Karmanns jüngste Erfolge wie der des polnischen Werks für die Dachfertigung für das 1er-Cabrio von BMW lassen annehmen, dass ein Großteil des Beschäftigungswachstums bei Karmann auf jene Länder entfällt, in denen die Pkw-Zulassungsstatistiken die größten Zuwächse aufzeigen. In den Hochlohnländern sieht es hingegen düster für die Pkw-Auftragsfertigung aus – Ende Juni verkündete Porsche das Ende der Boxster-Auftragsfertigung bei der finnischen Valmet Automotive. Erfolgreicher agierte die österreichische Magna Steyr. Sie zog nicht nur den Fertigungsauftrag für den Boxster der nächsten Generation an Land, sondern profilierte sich zugleich als Entwickler kompletter Automobile. Mit selbst entwickelten Li-Ion-Akkueinheiten wollen die Österreicher vom erwarteten Wachstum bei Hybridfahrzeugen profitieren. (ssu)