Knubbelig

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Frauenhandel

Wie jeder gute, gut verkaufte Allrounder leidet auch die SV 650 gern an Bastlervorbesitzerbefall. Sichtbarer erster Hinweis: ein Nachrüst-Auspuff. Wenn der dran ist, kann man fast sicher davon ausgehen, dass mehr gemacht wurde, und "gemacht" heißt meistens "gepfuscht". Es gibt hier einen brauchbaren Pauschaltipp: Wenn die Vorbesitzer nur Frauen waren, ist das Motorrad im statistischen Schnitt ein besserer Kauf. Bei Frauen ist nämlich die Wahrscheinlichkeit von kaufpreismindernden kleinen Umfallern signifikant höher, viel wichtiger jedoch: Die Wahrscheinlichkeit von Selberpfuscherei ist signifikant niedriger. Typische Pfuschstellen außer dem Auspuff sind:

  • Vergaser:
    Die Knubbel bildet ihr Gemisch in je einem Gleichdruckvergaser pro Zylinder. Weil Vergaser mechanisch sind, glauben die meisten Motorradfahrer irrtümlich, sie verstünden dieses komplexe System feinmechanischer Abhängigkeiten und fingern irgendwas daran herum, damit sie behaupten können, sie hätten es verbessert. Diese Menschen sind der Grund, warum ich grundsätzlich keine Vergasermotoren mehr kaufe. Die typische Vergasermodifikation ist: FETTER! In der Tendenz ist eine etwas fettere Einstellung meist die mit etwas mehr Laufkultur, in der Praxis der SV lohnt es sich jedoch nicht. Der Verbrauch steigt bei Pfusch enorm an, während der erwünschte positive Effekt gängiger Pauschallösungen gegenüber korrekt eingestellten Vergasern nicht spürbar ist. Ja, Gemischprofis holen mehr Kultur aus der SV, aber es ist nicht sinnvoll anzunehmen, dass der Vorbesitzer zu denen gehört. Eine Verbrauchsmessung auf der Testfahrt ist schwer möglich, daher müssen Sie sich auf die Nase verlassen: eine warme SV ohne gezogenen Choke riecht aus dem Auspuff in korrekter Einstellung nicht auffällig nach unverbranntem Benzin. Von extrem überfetteten Knubbeln würde ich die Finger lassen.
  • Ritzel:
    Eine kürzere Endübersetzung mit entsprechend stärkerem mechanischen Durchzug ist am einfachsten, billigsten über ein kleineres Ritzel zu erreichen. Prinzipiell ist so ein Umbau nicht schlimm, aber Sie sollten nie vergessen, dass Sie es mit relevanter Wahrscheinlichkeit mit Pfusch zu tun haben. Bei einer umgebauten SV konnte ich die Ritzelmutter mit der Hand abdrehen, was unerfreulich war, weil auch das Sicherungsblech der Mutter unsachgemäß befestigt wurde. Vielleicht können Sie ein paar Euro herausschlagen, mit Sicherheit sollten Sie jedoch das Ritzel nach dem Kauf kontrollieren, mit passendem Gewindekleber festziehen und korrekt sichern.
  • Gabel:
    Die Gabel der Knubbel ist serienmäßig weich, das Gewicht eines Motorradfahrer typischerweise hoch, sodass sie gern durchschlug. Das Zubehör bot und bietet Abhilfe in Form anderer Gabelfedern nebst passendem Öl an, ein beliebter Umbau. Was von Bastelfreunden hierbei gern unterschätzt wird, ist die Relevanz des korrekten Ölfüllstands in der Gabel. Der darf nicht geschätzt, sondern muss gemessen werden. Das Luftpolster ist Teil der Federung. Eine Gabel, die bockig springt, ist wahrscheinlich falsch befüllt worden.
  • Lenker:
    Heute lehren Fahrschulen die optimale Lenkung eines Motorrads mit bewusstem Lenkimpuls. Das ist aber eine neue Entwicklung. Die meisten alten Hasen haben davon noch nie etwas gehört und lenken daher durch Gewichtsverlagerung plus unbewusstem Lenkimpuls. Bei höheren Geschwindigkeiten eignen sich die Stummellenker der S-Version (also die SV mit Halbverkleidung) schlechter für diese unbewusste Lenkung, deshalb werden sie gern durch ein riesiges Lenkgeweih ersetzt, das die mechanische Hebelübersetzung erhöht und die Symptome des Problems dadurch behebt. Ich persönlich finde die SV mit Geweih zu nervös. Der Originallenker der nackten Version etwa ist mit Bedacht schmal gewählt. Relevanter jedoch: Der Geweihumbau an der S führt üblicherweise dazu, dass die Handhebeleien an der Kanzel anschlagen, die Bedienung von Kupplung und Bremse also beim Rangieren eingeschränkt ist. Unbedingt auch auf den Bremsschlauch achten, der muss meistens verlängert werden beim sogenannten "Superbikelenkerumbau". Solche Pseudohandlingverbesserungen würde ich meiden. Bei guten Angeboten: Oft legt der Bastler die Originallenkung bei. Wenn das nicht der Fall ist: In den einschlägigen Foren finden sich genug Bastler, die Ihnen kostenlos das Geweih entsorgen und gegen ihre Originalteile tauschen.