Lade-Fortschritt

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Le Touquet-Paris-Plage (Frankreich), 11. April 2014 – PSA hat es aktuell nicht leicht: Traditionell auf dem südeuropäischen Märkten stark vertreten, leidet der Konzern noch immer unter den Folgen der Euro-Krise. Viele Menschen dort haben derzeit andere Sorgen als die, welches neue Auto es denn sein soll. Mit den Qualitäten der Peugeot-Palette hat die Absatzmisere nichts zu tun. Ob nun 208 oder 508, die jüngeren Modellwechsel brachten immer einen merklichen Fortschritt gegenüber dem jeweiligen Vorgänger. Das gilt nahezu uneingeschränkt auch für den 308, der ab Mai bei den deutschen Händlern auch als Kombi steht. Wir haben schon eine Probefahrt gemacht.

Mehr als genug

Als vor anderthalb Jahren die neuen Dreizylinder von PSA auf den Markt kamen, war klar: Da kommt noch eine Turboversion. Für unsere Ausfahrt wählten wir die 130 PS starke Ausführung des 308 SW 1.2 e-THP. Schon auf den ersten Metern wird klar, dass der neue Turbobenziner ein Volltreffer ist. Die 130 PS des 1,2-Liter-Motors machen den Kombi wirklich sportlich. Die maximale Leistung liegt zwar erst bei 5500/min, das volle Drehmoment von 230 Nm aber schon bei 1750/min. Das ist zu spüren: Den Wunsch nach mehr Kraft gab es während unserer Proberunde nicht, mit dem Gebotenen lässt sich bestens leben, auch wenn die Werte auf dem Papier bestenfalls durchschnittlich sind. 12,6 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 und maximal 199 km/h verspricht Peugeot – in der Praxis fühlt es sich wesentlich lebendiger an. Der Bordcomputer vermeldet auf der Landstraße einen Verbrauch von 7,3 Litern. Von den NEFZ-Werten ist das ein gutes Stück entfernt, doch mit etwas mehr Gelassenheit sollten weniger als sieben Liter problemlos zu machen sein.

Fahrgeräusche aus der Box

Noch besser wird es, wenn die Sport-Taste in der Mittelkonsole gedrückt wurde. Mit ihr wird die gute Lenkung noch etwas direkter, das Gaspedal spricht sensibler an und der Motor tönt, nun ja, so wie ihn sich Menschen vermutlich wünschen, wenn sie rauen Klang für sportiv halten. Der kommt aus den Lautsprechern, stellt mein Beifahrer nüchtern fest. Peugeot bestätigt, dass hier nicht etwa der Motorsound in den Innenraum übertragen wird, sondern ein elektronischer Soundgenerator arbeitet. Wenn man Musik hört, wird der Sound - beim Diesel übrigens ein anderer als beim Benziner -drehzahlabhängig dazugemixt. Außerdem färben sich die Instrumentenskalen rot und die aktuellen Werte für Leistung, Ladedruck und Drehmoment werden im Kombiinstrument eingeblendet.

Im Juni folgt noch ein Dreizylinder mit 110 PS. In den technischen Daten und im Konfigurator ist er aktuell mit 118 Nm bei 2750/min angegeben – ganz offensichtlich ein Fehler, denn in früheren Ankündigungen war von 205 Nm die Rede. Im Laufe des Sommers soll es auch ein Automatikgetriebe für den 130-PS-Motor geben.

Sollte die Automatik identisch mit der im 150-PS-Diesel sein, würden wir allerdings abraten. Beim Bremsen zum Stillstand fühlt sich das Herunterschalten als leichtes Ruckeln an – kein Drama, aber irgendwie auch nicht überzeugend. Überhaupt stellt sich im Vergleich zum Turbobenziner schnell Ernüchterung ein. Der Motor bringt zwar bis zu 370 Nm Drehmoment und treibt den Kombi mehr als ausreichend voran, macht aber nicht ansatzweise so viel Spaß wie der Turbobenziner. Es gibt keine Schaltwippen am Lenkrad, und die Automatik bremst den Motor fühlbar. Ein Pluspunkt soll nicht verschwiegen werden: Der Diesel erfüllt durch das Adblue-System wie alle Selbstzünder im 308 SW bereits die Euro-6-Abgasnorm. Der 17 Liter große Additiv-Tank reicht für immerhin 20.000 Kilometer.

Straffes Fahrwerk

Auf den oft schlechten Landstraßen am Pas de Calais schlägt sich das Fahrwerk besser als der Klassendurchschnitt. Der Asphalt-Flickenteppich macht sich weder akustisch noch durch harte Stöße nach innen bemerkbar. Auch in schnell genommenen Kurven fällt kein unangenehmes Wanken auf. Die Ledersitze im Testwagen sind mir etwas zu weit, doch sie geben ordentlichen Seitenhalt, ohne unbequem zu sein. Sogar Massagesitze kann der Kunde ordern – so was war noch vor ein paar Jahren in der Kompaktklasse undenkbar.

Weniger Distanz gewünscht

Assistenten haben nur auch beim Peugeot 308 Einzug gehalten. Die Liste ist noch nicht so reichhaltig wie bei einigen deutschen Marken, aber immerhin: Abstandstempomat, Kollisionswarnung, Notbremssystem, Totwinkelassistent, Einparkassistent und Rückfahrkamera sind erhältlich. Fehlende Helfer wie Spurverlassens- und Müdigkeitswarnung, Kurvenlicht und Fernlichtassistent fallen nicht allzu stark ins Gewicht. Allerdings lässt die Regelqualität des Abstandstempomat noch etwas zu wünschen übrig. Zieht ein vorausfahrendes Auto auf die eigene Spur herüber, wird nicht kontinuierlich, sondern zweimal ruppig gebremst. Außerdem gelingt es mir nicht, den Abstand zum Vordermann einzustellen. Auch wenn die Standardvorgabe von zwei Sekunden wahrscheinlich vernünftig ist, mein Gefühl wünscht sich etwas weniger Distanz.

Der Innenraum ist aus der Limousine bekannt. Zahlreiche Funktionen lassen sich nur auf dem Touchscreen bedienen, was das Cockpit aufgeräumt erscheinen lässt. Allerdings profitiert die Bedienung selbst davon nicht unbedingt. Wo früher ein Griff zum Drehregler reichte, um die Temperatur einzustellen, ist nun ein Gehangel durch Menüs nötig. Das klappt zwar meistens halbwegs zufriedenstellend, weil der Bildschirm recht gut auf Fingereingaben reagiert, doch ein wirklicher Fortschritt ist das nicht. Und noch etwas fällt auf: Wenn die Sonneschein auf den Bildschirm und die Instrumente fällt, ist kaum noch was zu erkennen. Es ist immer wieder unbegreiflich, wie Autos vor einer Premiere unzählige Testkilometer zurücklegen, ohne dass solche Macken auffallen.

Wenig Platz für Hinterbänkler

Mit den optional sieben Ausbau-Sitzen des Vorgängers ist es vorbei – die Nachfrage war wohl zu gering. Außerdem ist die Kniefreiheit für meine eher kurzen Beine ausreichend, aber nicht üppig – und das trotz elf Zentimeter mehr Radstand als bei der Schrägheck-Limousine. Nach oben hin ist es noch schlimmer: Ich kann nur meine flache Hand zwischen Scheitel und Dach schieben. Allerdings sitze ich in einem Auto mit dem großen Glasdach, und ich bin zwar nur 1,75 Meter groß, aber ein Sitzriese.

Die Ladekante des Kofferraums ist erstaunlich niedrig, und das Umklappen der Sitzlehnen geht über die Hebel in den Seitenwänden sehr einfach. Es bildet sich ein regelmäßig geformter Laderaum mit komplett ebenem Boden. Er ist so groß, dass sich mein Beifahrer dazu animiert fühlt, sich hineinzulegen.

Empfehlenswerte Mitte

Den 130-PS-Benziner gibt es für 20.450 Euro in der frugalen Access-Version, wir raten zum besser ausstaffierten Active-Variante, die es mit dieser Maschine ab 22.450 Euro gibt. Dann ist alles Wesentliche enthalten. Einige Ausstattungsdetails bleiben der teuren Allure-Linie vorbehalten, darunter die Ledersitze mit Massagefunktion und das Soundsystem von Denon.