Eiskalt gefahren: Jaguar F-Type V8 S

Modern Britain on Ice

In Motorradkleidung fährt es sich im Winter höchst angenehm Cabrio. Eine interessant Grip-arme Probefahrt zu den Skiliften des Schwarzwalds in einem Jaguar F-Type V8 S mit seiner Schrotgewehr-Auspuffanlage

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Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Stuttgart, 6. Februar 2014 – Pünktlich zum in Stuttgart ersten und bis dato einzigen Schnee des Jahres war er da: ein Jaguar F-Type V8 S mit 495 PS. Antizyklische Cabrio-Tests sind die Zukunft, also Dach aufmachen, Heizung aufdrehen und die Drosselklappen auf Durchzug stellen. Es stellt sich etwas sehr unerwartetes ein: Furcht. Die Vorgänger (XK) waren eher Express-Herrenzimmer, gediegene GT-Wagen. Sie hatten Würde. Das hier hat Tollwut. Trotz riesiger Massen hängt der Kompressor-V8 am Gas wie eben ein tollwütiger Hund an der Leine. Ständig will er losspringen, bellt, schäumt, knurrt, und das alles sehr hörbar für alle. Woran er mich erinnert: die KTM 990 Super Duke, diesen nervösen Kettenhund, oder an die Ducati Streetfighter S, diesen Witwenmacher.

Die Vergleiche mit Motorrädern kommen nicht von ungefähr, sondern davon, dass der F-Type im Zeitraster des Motorradfahrers lebt, aus denselben Gründen: Er macht sehr wach. WrRROOAARRR, auf zwanzig Metern drei Autos überholt. Verdammt. War ich das? Nein. Sowas würde ich nie tun. Das war das Auto. Ständig möchte man es beruhigend tätscheln: "Ruhig, Brauner!" Aber man tut es nicht. Stattdessen gibt man dem Motor die Sporen – schon allein, um dieses fauchende Brüllen zu hören.

Nach zwei schönen Starenkasten-Fotos meines von Schrecken und Glückseligkeit gleichzeitig verzerrten Gesichts ist die Sache klar: Dieses Auto ist sehr schlecht für mich. Aber ich kann nicht davon lassen. Es erinnert mich an die Fingerhütchen voll Caffè Ristretto, die mir ein Italiener im Pirelli-Truck am Nürburgring servierte. Nach einem Fingerhut voll vibrierte man. Nach dreien konnte man sein Data Recording in fünfzehn Dimensionen live halluzinieren. Ich fragte stark zitternd nach dem vierten. Mit besorgtem Blick verweigerte der Mann ihn mir mit Hinweis auf meine geistige und körperliche Gesundheit. Ich hoffe, dass jemand die Rolle dieses Kaffeemannes beim F-Type übernimmt, weil ich schon gesehen habe, dass ich sowas problemlos leasen kann, wenn ich ins Auto umziehe.

Die Furcht vor Straßenkämpfern

Der größte Anteil der Furcht, der mich so an die Streetfighter erinnert, dürfte jedoch in den Winterreifen liegen. Die Pirelli Sottozero haben aus ungeklärten Gründen null Grip. Sowas bildet man sich ja gelegentlich ein, deshalb ein Test: Kurvengeschwindigkeit eines Kleinwagens mithalten, iterativ steigern. Nope. No way. Selbst bei Geschwindigkeiten des Kleinwagens klar diesseits jeden Rutschens balanciert man das Gas im Jag schon am Grat zwischen "Vorderreifen schieben quietschend" und "Hinterhand zuckt aus". Ich vermute zu geringe Flächenpressung und werde an meinem Leasing-Jag mit schmaleren Winterreifen experimentieren. Die Reifen bedeuten, das Auto bewegt sich durch den Winter wie meine Katze über unser Parkett: mit viel Spaß, mit wenig Traktion, und mit dem ständig erhöhten Puls des Bewusstseins, dass gleich irgendwas ganz schrecklich schief geht.