Modern Britain on Ice

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Auf den Buckelpisten des Schwarzwalds reißt das Lenkrad störrisch an den Händen, während die enorme Fahrzeugbreite gleichzeitig exaktes Fahren verlangt. Das fiel mir vorher gar nicht auf: Die schmalsten Hutschachteln fahren in Kurven am weitesten in die Gegenfahrbahn. Ich will nicht asozial sein, lieber Agila-Fahrer, aber ich brauche meine gesamte Fahrbahn selber! Bitte bleib da weg. Oder gleich daheim. Ich meine: Sieht das für dich aus, als hätte ich irgendwas unter Kontrolle? Ständig kämpft die Traktionskontrolle mit dem Problem, dass es so wenig Traktion zu kontrollieren gibt zwischen den verschneiten Bäumen. Irgendwann schlägt sie dann mit dem Hammer zu, schließt die Drosselklappen praktisch komplett, wartet eine Sekunde, scheint zu sagen: "So. Hast dich jetzt beruhigt? Gut. Dann weiter." Die Alternative ist, wild hin und her schwänzelnd auf einer Schockwelle aus Schall reitend apokalyptisch aus dem Eck zu reiten, aber das verängstigt alle Verkehrsteilnehmer inklusive des Veranstalters der Ursache. Gut: "Traktionskontrolle aus" bedeutet wirklich "Traktionskontrolle aus". Ist ja heute nimmer selbstverständlich.

Um gefährliche Kurvengeschwindigkeiten zu vermeiden, tritt der Winterfahrer viel auf die Bremse. Dabei stellt sich der F-Type mit seinem V8 in der Nase merklich auf die Vorderachse, die Hinterachse wird leicht und tänzelt. Dieses Auto ist so auf hart fahren ausgelegt, dass die Idee spät kommt, wintergerecht weich zu fahren. "Weich" ist auch sehr relativ. Die Federung mit der adaptiven Dämpfung zum Beispiel ist im objektiven Vergleich betrachtet nicht wirklich weich. Sie wirkt aber auch nicht hart. Das mag in der Selbstbeobachtung daran liegen, wie angespannt man übers Streusalz gleitet.

Wahrscheinlich ist ein KTM-Fahrer ungeeignet, Sportkomfort massenkompatibel zu beurteilen, doch prinzipiell teile ich die Auffassung von Kollegen nicht, dass der F-Type bemerkenswert unbequem wäre. Im Gegenteil kann ich mich in Sachen Komfort nach dem langen Fahrtag im Schwarzwald nur über das Streusalz in den Haaren beklagen, für das Jaguar wahrscheinlich nichts kann. Wofür Jaguar etwas kann: Die Heizung/Klimaanlage arbeitet selbst bei geschlossenem Dach nach dem Zufallsprinzip. Jedenfalls ist doch Fahrwerks-Pflicht: am Reifen bedingungslos Bodenkontakt halten. Der Rest ist Kür.

Diese Fahrt an die Skilifte machte sehr glücklich, aus demselben Grund, aus dem eine Streetfighter glücklich macht: Man krallt sich um sein Leben fest, wird mitgerissen von einer bockenden Monstermaschine und am Ende stellt sich die überquellende Freude des Überlebenden ein, diese Liebe für alles, sogar Blitzerkameras nebst ihren prächtig beschnauzerten Bedienern. Es ist eine "near-life experience", wie Tyler Durden sagen würde. Ich unterschreibe den Satz aller Tester, dass die Variante mit V6 prinzipiell reicht. Aber ich bin nicht prinzipiell. Viel zu viel ist gerade genug. Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Man sollte auch an den Sommer denken, wenn es wieder Grip gibt.

Porsche ist besser. Aber Porsche ist nicht cool.

Mit seinem ganzen Aggro und der breiten Spur ist der F-Type tatsächlich ganz vorne dabei bei den Rundenzeiten in seinem Segment, das heute meistens "Roadster" heißt (bitte keine Steckscheibenbriefe schreiben, Sprache wandelt sich halt). Östrogenstarke Softies wie Z4, TT RS oder SLK schlachtet er souverän, behaupte ich.