Staubfänger

Partikelfilter für Ottomotoren

Direkteinspritzende Ottomotoren stoßen – völlig unsichtbar – das zehnfache der Staubmenge von Dieselmotoren aus, dabei sind mittlerweile 90 Prozent aller verkauften Neuwagen mit Ottomotor Direkteinspritzer. Höchste Zeit also für den Partikelfilter an solchen Motoren

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Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

Nicht die sichtbaren Rußwolken sind das Problem, sondern feinster Staub, unsichtbar mit bloßem Auge, dafür aber umso gesundheitsschädlicher. Direkteinspritzende Ottomotoren stoßen – völlig unsichtbar – das zehnfache der Staubmenge von Dieselmotoren aus, dabei sind mittlerweile 90 Prozent aller verkauften Neuwagen mit Ottomotor Direkteinspritzer. Höchste Zeit also für den Partikelfilter an solchen Motoren. Saugrohreinspritzer oder die fast nur mehr als Klassiker erhältlichen Autos mit Vergaser sind übrigens nicht betroffen.

Mit der Abgasnorm Euro 6c, die am ersten September 2017 für neu homologierte Fahrzeuge und ein Jahr später auch für neue Fahrzeuge gilt, wird der Partikelgrenzwert von Otto- und Dieselmotor angeglichen. Dieselmotoren waren bereits seit der Euro 5b ab 1.9. 2011 bzw 2013 auf eine Partikelanzahl von 6x1011 begrenzt, Ottomotoren hingegen durften bisher noch 6x1012 Partikel emittieren, also immerhin das Zehnfache eines Dieselmotors. Die meisten Ottomotoren mit Direkteinspritzung müssen daher nun mit Partikelfiltern ausgerüstet werden.

Folge der Verbrauchsbesteuerung

Direkteinspritzer sind sparsamer. Dass die Anzahl der Direkteinspritzer auf dem Markt steigt, ist daher auch eine indirekte Folge der Verbrauchsbesteuerung. Beim Dieselmotor ist die Direkteinspritzung bereits seit Ende der 90er-Jahre Standard, die Ottomotoren holen rasant auf. Doch ist der Verbrauch (gemessen in der CO2-Emission) nur eine Seite des Problems. Um ihn noch weiter zu senken, wird mittlerweile bei den meisten neuen Ottomotoren auf Direkteinspritzung gesetzt. Umso größer wird dadurch aber die gesundheitsschädliche Feinstaubemission. Eine Untersuchung des TÜV Nord im Auftrag der Umweltschutzorganisation Transport and Environment zeigt, dass die Zahl der Partikel dabei um den Faktor 1000 ansteigt. Die kleinsten von ihnen, so genannte Nanoteilchen, gelangen aus den Lungen in den Blutkreislauf und mit ihm die krebserregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe in die Zellen aller Organe.

Mit dem Ottopartikelfilter geht man – wegen erfolgreichen Lobbyierens der Autoindustrie reichlich spät – ein seit Jahren bekanntes Problem an. Es entsteht, weil Ottomotoren mit Direkteinspritzung dem Kraftstoff nicht genügend Zeit geben, sich in der Ansaugluft vollständig aufzulösen, weil er erst ganz kurz vor der Zündung direkt in den Zylinder injiziert wird. Dadurch verdampft ein Teil der Tröpfchen nicht vollständig. Der Kraftstoff im Tropfen hat daher zu wenig Atmosphäre zur Verfügung um vollständig zu verbrennen, kleinste Rußpartikel entstehen.

Eigentlich steht schon seit 2000 eine erprobte Technologie zur Verfügung, als Peugeot Citroën die ersten Dieselpartikelfilter („DPF”) in Serie einführte. Die Funktionsweise des Filters am Ottomotor entspricht nämlich weitgehend der bei Selbstzündern eingesetzten Technologie: Der Abgasstrom durchläuft einen Wabenfilter aus poröser Keramik (Daimler verwendet in den Autos der Marke Mercedes-Benz bei Dieselmotoren Siliziumkarbid „SiC“) mit wechselseitig verschlossenen Kanälen. Das zwingt den Abgasstrom durch das Material des Filters. Hierbei kommt es zu einer Abscheidung des Rußes. Je nach Fahrbedingungen und Beladung des Partikelfilters wird der Ruß alle rund 500 bis 1000 Kilometer abgebrannt. Zurück bleibt eine geringe Menge Asche, die den Filter früher oder später zusetzt. Die Hersteller haben den Zeitraum auf rund zehn Jahre angelegt. Spezialfirmen bieten aber mittlerweile eine Reinigung veraschter DPF an.

Wie in Dieselpartikelfiltern wird auch in Fahrzeugen mit Ottomotor der Filter regeneriert, jedoch ist bei ihnen kein Eingriff durch die Motorsteuerung nötig, Daimler nennt das „selbstregulierend“. In seinen Autos der Marke Mercedes-Benz bestehen die Filter für Ottomotoren aus Cordierit, das ist die Keramik, die in Katalysatoren die wirksame Beschichtung, den sogenannten „Washcoat“ trägt. Cordierit ist das Material der Wahl, weil das Abgas eines Ottomotors rund 200 Grad heißer sein kann als das eines Selbstzünders.

Universell einsetzbar

Ein Benzinpartikelfilter kann an allen Ottomotoren eingesetzt werden. Im Testzyklus (NEFZ) erreichen sie eine Reduktion der Partikelemission um 99 Prozent. Bei höheren Beschleunigungen kann dieser Wirkungsgrad aufgrund hoher Massendurchsätze kurzzeitig zurückgehen, so dass sich im Verkehr Wirkungsgrade zwischen 65 und 80 Prozent ergeben dürften. Das schätzt jedenfalls ein Nestor des Motorenbaus, Professor Pischinger auf eine Anfrage der dpa. Der Filter ist auf eine ähnliche Lebensdauer von mindestens zehn Jahren ausgelegt wie die DPF und wird hinter dem 3-Wege-Katalysator sitzen. Neuere Konzepte verbinden die 3-Wege-Funktion des Katalysators mit der des Filters zu einem sogenannten 4-Wege-Kat. Michael Franke kündigt diese Lösung für VW-Modelle an. Als erstes Modell wird im Juni 2017 der Tiguan 1.4 TSI mit Filter erscheinen.

Bei BMW werden wahrscheinlich alle neuen Modelle, die ab dem Modelljahr 2018 eingeführt werden, einen Ottopartikelfilter bekommen. Dies würde zunächst die beiden SUV BMW X3 und X2 betreffen.

Ähnlich äußert sich Volvo. „Wir führen in der zweiten Jahreshälfte die ersten Fahrzeuge mit Benzin-Partikelfilter ein“, so Volvo-Sprecher Michael Schweitzer, „wir bitten aber um Verständnis, dass wir jetzt noch kein genaues Timing oder die konkreten Motoren nennen können.“

Bei Daimler macht die überarbeitete Mercedes S-Klasse ab dem Herbst den Anfang. „Nach über zwei Jahren positiver Felderfahrung im S 500 werden 2017 weitere Varianten der S-Klasse, beispielsweise der neue Ottomotor M 256, mit dieser Technologie ausgerüstet“, so Daimler-Sprecher René Olma, „danach folgt die schrittweise Umsetzung in weiteren neuen Fahrzeugmodellen, Modellpflegen und neuen Motorgenerationen wie dem M 264. Im Anschluss daran ist der Einsatz des Partikelfilters auch bei den aktuellen Baureihen geplant.“

Audi-Technologiesprecher Tobias Söllner sagt, „wir werden sukzessive die Modelle mit TFSI-Motoren in unserem Portfolio für Europa mit Ottopartikelfiltern ausstatten. Zwar wäre die Erfüllung der gesetzlichen RDE-Anforderungen ab Herbst 2017 bzw. Herbst 2018 bei vielen Modellen auch ohne Ottopartikelfilter möglich, dennoch hat Audi die Entscheidung getroffen, alle Homologationen innerhalb der neuen RDE-Gesetzgebungen nur noch mit Ottopartikelfiltern durchzuführen.“ Als erstes Audi-Modell soll Mitte 2017 der A5 2.0 TFSI mit Filter erscheinen.

Kein Druck zur Nachrüstung

Die Herstellungs- und Einbaukosten des Benzinpartikelfilters liegen laut Herstellern je nach Modell zwischen 60 und knapp 200 Euro, die in keiner Preisliste auftauchen. Es ist jedoch schon jetzt klar, dass die Fahrzeuge entsprechend teurer werden. An Nachrüstlösungen wird laut Experten derzeit noch nicht gedacht. Sie wären zwar technisch genauso einfach umzusetzen wie Diesel-Partikelfilter zum nachträglichen Einbau. Allerdings fehlt bislang noch ein entsprechender Druck zur Nachrüstung, wie er durch die Aussperrung der filterlosen Dieselmotoren aus den Umweltzonen bestanden hat. Da wäre wieder der Gesetzgeber in der Pflicht.