Nach dem Zulassungsrekord 2009 kommt 2010 das große Aufräumen

Pkw-Absatz: Die Party ist vorbei

2009 wurden 3,8 Millionen Pkw zugelassen – jetzt wird sich zeigen, wer die Klasse halten kann. Prognosen deuten darauf hin, dass die Volumenhersteller ein hartes Jahr vor sich haben

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
13 Bilder
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • ggo
Inhaltsverzeichnis

Hannover, 15. Januar 2010 – Wenn es um neu zugelassene Pkw geht, wäre der Rückblick auf das Jahr 2009 ohne einen Blick nach vorn unvollständig. Doch zunächst noch einmal die Zahlen, die auf den ersten Blick so erfreulich klingen: 3,81 Millionen neue Pkw wurden 2009 zugelassen, das entspricht gegenüber 2008 einer fast unglaublichen Steigerung von 23,2 Prozent oder 717.000 Exemplaren. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass es 2010 für einige Automobilhersteller sehr schwierig wird.

Umgekrempelt

Die "Umweltprämie" sorgte in den unteren Fahrzeugsegmenten für einen unnatürlich intensiven Austausch des Fahrzeugbestands: Um 96,9 Prozent wuchsen die Zulassungen bei den Minis, fast eine Verdoppelung des Absatzes. Bei den Kleinwagen betrug das Wachstum 65,7 Prozent, in der Kompaktklasse 31,1 Prozent. Dass der VW Golf in dieser Klasse nach einer Steigerung um fast 60 Prozent das Segment mit 33,8 Marktanteil ungewöhnlich stark dominiert, wird selbst in Wolfsburg nicht dauerhaft für Feierstimmung sorgen können. Andererseits hat die Lenkungswirkung durch die Prämie den Markt möglicherweise nachhaltig verändert – die Frage ist nur, wer davon profitiert.

Die so genannten A-, B- und C-Segmente, also Minis, Kleinwagen und die "Golf-Klasse" – 2009 verdient die Kompaktklasse diesen Namen – machten 2009 gut 62 Prozent des Marktes aus. Ende 2007 zum Beispiel waren es noch 50 Prozent. Das zeigt, welche Verschiebungen es insgesamt im Kaufverhalten gegeben hat. Kein Wunder, dass die durchschnittliche CO2-Emission der Neuwagen um 10,6 auf 154,2 g/km gesunken ist – dies lässt sich nur zu einem Teil mit technischen Verbesserungen erklären.

Die Party ist vorbei

Schein-Wachstum

Was die gewachsene "Vormachtstellung" von VW (+30,9 % = 21,2 % Marktanteil) und das starke Wachstum von Opel (+31,3 %) und Ford wert sind, wird sich bald zeigen. Laut Süddeutsche Zeitung sind im Januar und Februar 12.000 Opel-Mitarbeiter und somit die Hälfte der inländischen Belegschaft zeitweise von Kurzarbeit betroffen. Das liegt laut Bericht zwar nicht nur an sinkender Nachfrage, sondern auch daran, dass die Produktion der Saab-Modelle wegfällt. Es lässt aber auch ahnen, auf welch dünnem Eis die Autobauer zu ihren Verkaufserfolgen geschlittert sind.

Im europäischen Rahmen sehen die Zulassungszahlen ohnehin bescheidener aus: Trotz der Prämien, wie sie in einigen Ländern gezahlt wurden, sank der Absatz laut dem europäischen Herstellerverband ACEA um 1,6 Prozent auf 14,5 Millionen Fahrzeuge. Im Vergleich zu 2007 betrug der Rückgang sogar 9,5 Prozent. Zuwächse gab es im Vergleich von 2008 und 2009 außer in Deutschland nur in Frankreich (+10,7 %) und Österreich (+8,8 %). Am härtesten traf es Spanien mit einem Rückgang um 17,9 Prozent.

Weniger Produktion in Deutschland

Die deutschen Automobilbauer produzierten 2009 etwa 4,9 Millionen Pkw, 2010 sollen es etwa 4,8 Millionen Fahrzeuge werden, prognostiziert die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC). Mit dem stärksten Rückgang sei dabei im Volumensegment zu rechnen, das im vergangenen Jahr durch die Abwrackprämie gestützt wurde. Hier rechnet PwC mit nur noch 2,3 Millionen produzierten Fahrzeugen. Bereits 2009 sei die Produktion um 9,1 Prozent auf 2,6 Millionen Fahrzeuge gesunken. Dieser beständige Rückgang ist auch dadurch zu erklären, dass erfolgreiche Modelle wie der Polo in Spanien produziert werden und die deutschen Hersteller insgesamt ihre Produktion immer mehr "internationalisieren".

Die Party ist vorbei

Asien wächst

Auf der anderen Seite droht ausgerechnet in den renditeschwächeren unteren Segmenten verstärkte Konkurrenz aus Asien. PwC erwartet insgesamt ein Wachstum der Weltproduktion auf 63 Prozent, nachdem es 2009 einen Einbruch von 66 auf knapp 57 Millionen Pkw gegeben hatte. In Asien werde die Produktion gegenüber 2009 um schätzungsweise 3,2 Millionen Pkw zulegen. Allein in China würden voraussichtlich über 12 Millionen Autos produziert. Für Nordamerika prognostiziert PwC nach tiefen Einschnitten in der heimischen Industrie eine Erholung um 1,9 Millionen auf 10,4 Millionen Pkw.

Premium kommt wieder

Behält PwC recht, findet das Wachstum in den Volumensegmenten überwiegend nicht in Europa statt. Größeres Wachstum ist demnach ausgerechnet bei den "Premium-Herstellern" zu erwarten, also bei Herstellern wie Audi, Mercedes und BMW. Sie würden von der Erholung der Märkte besonders profitieren. Ihr Vorteil wäre auch, dass ihnen zumindest bisher – von wenigen Marken wie Lexus abgesehen – wenig Konkurrenz von Herstellern in Märkten wie China oder Indien droht. Das Szenario für 2010 ist also abgesteckt: Während die "Premiumhersteller" wieder zulegen, wird es für die Volumenhersteller VW, Ford und Opel noch härter.

Wohin mit dem Staatsgeld?

Eine besonders harte Nuss hat dabei Opel zu knacken: Nick Reilly, der nach derzeitigem Stand neuer Opel-Chef wird, will bis Ende Januar ein Sanierungskonzept für den Autobauer vorlegen, noch immer hofft Mutter General Motors auf Staatshilfen. GM hat den Bedarf auf 3,3 Milliarden Euro beziffert, 2,7 Milliarden sollen die Regierungen aufbringen. Angesichts der Erwartungen für 2010 müssen sie noch sorgfältiger hinterfragen, ob solche Gelder bei Volumenherstellern gut angelegt sind.