Test: Seat Arona 1.0 TGI

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Den höheren Preis für die TGI-Version muss man jedoch erst mal herausfahren. Wohl um die Mehrkosten etwas zu verstecken, ist er erst ab der Ausstattung „Style“ erhältlich, dazu kommt ein Technik-Aufschlag von 1000 Euro. So kostet ein Arona TGI mindestens 20.680 Euro.

Auf 292 Kilometer habe ich mit 12,98 kg knapp eine Tankfüllung verfeuert. Der Verbrauch von 4,45 kg/100 km resultierte aus gemischtem Betrieb mit rund einem Drittel Autobahnanteil zwischen 80 und 130 km/h. Nachgefüllt habe ich Biogas der Stadtwerke München für 1,149 Euro und somit kam das Auto im Gasbetrieb auf günstige 5,1 Euro/100 km. Nicht so sparsam wie mit den 3,6 kg/100 km im Katalog, aber immer noch billig. Die Rede ist aus Vergleichsgründen immer von „H“-Gas, also der Sorte mit hohem Methananteil.

Traumziel Monovalenz

Angesichts des Tankinhalts von 13,8 kg und einer realistischen Reichweite von nur rund 300 km wird klar, dass man als solcher auch noch eine Erd- oder bald noch besser Biogastankstelle in der Nähe haben sollte. Leider ist das Tankstellennetz mit fast 900 Zapfsäulen in Deutschland (und nur rund 80 in Frankreich, in anderen Ländern Europas ist es meist besser) zu weitmaschig, um das Auto monovalent – also nur mit Gas betrieben – zu konzipieren.

Es besitzt einen kleinen Benzintank, um notfalls auch mit dem weiter verbreiteten Betriebsstoff zu einer Naturgastankstelle zu gelangen (CNG steht für Compressed Natural Gas). Immerhin verspricht Seats Mutterkonzern Volkswagen „bis zum Jahr 2025 das deutsche CNG-Tankstellennetz auf rund 2000 Stationen auszubauen“. Die Hersteller dürften ein Interesse an Erdgas haben, weil es den Flottenverbrauch, ausgedrückt in CO2-Emission, mit überschaubarem Technik-Einsatz senken hilft – der Arona TGI stößt laut Katalog knapp 10 Prozent weniger CO2 aus als der leicht kräftigere TSI.

Nach innen aufgefaltetes Blechgebirge

Die Naturgas-Eignung hat praktische Folgen. Neuer Platz für den Gasbunker wurde geschaffen, das Blech unter dem Kofferraumboden wölbt sich nicht mehr als Reserveradmulde nach unten aus – vielmehr befindet sich an dessen Stelle sogar ein nach innen aufragendes Blechgebirge, damit darunter zwei Gasflaschen passen. Minus 118 Liter Stauraum gibt Seat an. Eine dritte Flasche hängt quer vor der Hinterachse, der Neun-Liter-Benzintank nutzt den Raum dazwischen.

Es gibt noch zwei etwas subtilere Nachteile: Die Bivalenz kostet Wirkungsgrad und erschwert die Abstimmung. Methan, egal ob fossil oder bio, ist extrem klopffest und könnte in einem hoch verdichteten Motor mehr Kraft freisetzen, respektive die gleiche Leistung mit geringerem Verbrauch erzeugen. Statt sie auf mögliche rund 20:1 zu erhöhen, musste man die Verdichtung des 999er-Dreizylinders bei 10,5:1 belassen, es käme im Benzinbetrieb sonst zu vorzeitiger Entzündung des Gemischs mit Zerstörung der Motormechanik als Folge. Dennoch läuft er so günstiger als mit Benzin, denn ein Kilogramm Methan besitzt den Energiegehalt von rund 1,5 Litern Ottokraftstoff.

Das Stoßlüften fehlt

Nachteil Nummer zwei ist unmittelbar zu spüren: Die Motorvariante für den TGI baut auf dem TSI mit Direkteinspritzung auf. Seine Ventilsteuerzeiten erlauben ein Durchlüften der Zylinder bei jeweils kurzzeitig gleichzeitig geöffneten Ein- und Auslassventilen. Im Benzinbetrieb ist dieses sogenannte Scavenging (auf Deutsch „Spülender Ladungswechsel”) nur sinnvoll möglich durch die Einspritzung des Kraftstoffs direkt in den Zylinder, sobald Ein- und Auslass geschlossen sind. Damit wird der Motor gerade im niedrigen Drehzahlbereich, in dem der Turbolader noch nicht voll arbeitet, sehr viel kräftiger.

Im Gasbetrieb jedoch darf die Ventilsteuerung kein Scavenging zulassen, denn das Methan muss immer noch ins Saugrohr eingedüst werden. Würde man im Gasbetrieb Scavenging-Steuerzeiten erlauben, entkäme unverbranntes Gemisch in den Auspuff, der Wirkungsgrad würde sinken. Ohne Scavenging aber kommt der Motor erst mit dem Ladedruck ab rund 1900/min so richtig auf die Sprünge.

Charakterliche Eigenheiten

Der Fahrer spürt diesen Wechsel zwischen Lethargie und Leistung am ärgsten im Stadtverkehr oder auf gebirgigen Straßen. Hinzu kommt bisweilen ein regelrechtes Zaudern bei der Gasannahme. So muss der Fahrer häufiger die sechs Gänge wechseln als in einem herkömmlichen Arona, immerhin kein Problem bei der mühelos-exakten Schaltung. Seat stattet den TGI mit einem Sechsganggetriebe aus, während der kaum kräftigere TSI mit fünf Gängen auskommen muss. Die feinere Stufung hilft bei der depressiv-manischen Motorcharakteristik. Ein automatisches Getriebe ist nicht erhältlich.

Seats flehendes Versprechen

Wir hätten gewarnt sein können, schon weil im Katalog selbst die sonst so erfindungsreichen Argumentationsartisten nur mehr flehentlich tönen: „CNG bietet identisches Fahrgefühl und Leistung. In puncto Leistung und Fahrdynamik stehen unsere CNG-Modelle ihren rein benzinbetriebenen Modellgeschwistern in nichts nach“. Der im Prinzip gleich motorisierte Seat Arona 1.0 TSI, den ich vor ein paar Monaten fuhr, überzeugte im Gegensatz zum TGI mit einer sehr ausgeglichenen Charakteristik.

Am Leistungsunterschied (95 vs 90 PS beim TGI) kann es nicht liegen, den würde man allenfalls erst im Bereich der Nenndrehzahl ab 5000/min bemerken. Der TGI bietet mit 160 Nm zwar rund zehn Prozent weniger Drehkraft als der TSI, die Beschleunigung ist um 1,8 Sekunden schlechter. Dieses Leistungsangebot war mir nie zu wenig, nur die Harmonie der Kraftabgabe finde ich nicht zeitgemäß. Sie erinnert an frühe Turbomotoren.

Allerdings wäre es auch viel verlangt, für eine so kleine Kundengruppe wie die Erdgasfahrer eine Gas-Direkteindüsung zu entwickeln. Sie würde Scavenging und mithin einen harmonischen Durchzug wie beim Benziner erlauben. Immerhin ist sie bei allen großen Autoherstellern so gut wie serienreif. Nur die Kosten sind für kleine Serien noch zu hoch. Aber vielleicht gewinnt Erdgas ja doch noch so viele Freunde, dass es sich eines Tages lohnt.

Unauffällig unterschwellig

Bei aller Charakterstärke – um es neutral zu formulieren – bleibt der gesamte Antrieb akustisch angenehm unterschwellig. Wer den Motor fordert, erlebt ihn kerniger, aber nie unangenehm laut. Selbst bei höheren Fahrgeschwindigkeiten bleibt er so zurückhaltend, dass man die ebenfalls gut gedämmten Wind- und Reifengeräusche wahrnimmt.

Der Arona TGI federt ziemlich definiert aber noch nicht zu fest, trotz der mit 205/55 R17 schon niederquerschnittigen Dimension der Winterreifen am Testwagen, bietet eine ausreichend schluckfreudige Dämpfung und verhält sich im Bereich normaler Manöver schön neutral. Die je nach Geschmack etwas zu kräftig unterstützte Lenkung passt dazu, sie bleibt im besten Sinne unauffällig.

Geradezu sachlich angesichts des lifestyligen Äußeren wirkt das Armaturenbrett mit den gut ablesbaren Uhren und den Tankanzeigen für Gas und Benzin. Die Bedienung von Schaltern und Knöpfen ist quasi selbsterklärend, auch die beiden Dreh-Drückknöpfe am Acht-Zoll-Display (Serie bei Style: 6,5 Zoll). Leider ist der Bildschirm für ein modernes Auto zu niedrig angeordnet – noch unterhalb der zentralen Lüftungsdüsen und damit liegt auch die Klimabedieneinheit zu niedrig. Die Benutzerführung des Bediensystems ist logisch aufgebaut, bietet Apple CarPlay, Android Auto und MirrorLink.

Umweltschonend? Kommt darauf an ...

Angenehm fest und ausreichend groß unterstützen die Sitze. Der Fahrersitz ist höhenverstellbar und unterstützt auf Wunsch auch eine die Ermüdung mindernde Küchenstuhl-Sitzposition, gut in einem Auto mit so viel Innenhöhe. Leider ist der Tunnel unnötig breit, eigentlich sogar überflüssig, denn dort gibt es ja wegen des Quermotors gar kein Getriebe und mangels Allradoption auch keine Kardanwelle.

Auch hinten sitzt man bequemer als in einem Seat Ibiza (Test), weil aufrechter. Schade, dass Seat keine längs verschiebbare Rückbank anbietet, bei dem durch die Gastanks von 400 auf nur noch 282 Liter verkleinerten Kofferraum wäre ein wenig mehr Variabilität angenehm. Die Tauglichkeit des leer 1308 kg wiegenden Arona TGI zum Reise- oder Nutzfahrzeug ist ohnehin eingeschränkt bei seinen bescheidenen 477 kg Zuladung: Die der anderen Modelle erreicht immerhin 510 bis 605 Kilogramm und eine Anhängekupplung kann wegen der Gastanks ohnehin nicht montiert werden.

Positiv ausgedrückt ist der Arona TGI also eher betriebskostengünstiges Pendlerauto als Familien- oder Reisegefährt. Für diese Nutzungsart ist interessant, dass Methan in seiner Form als Erdgas im Zuge des Emissionshandels ab 2021 belastet, als Biogas hingegen davon ausgenommen wird: Die Abgabe auf alle fossile Brennstoffe beträgt zunächst 25 Euro pro Tonne CO2, bis 2025 wird der Preis schrittweise auf 55 Euro angehoben. Für 2026 soll eine Spanne von 55 bis 65 Euro gelten.

Hoffnung auf Leitplanken

Ein mit Biogas betriebenes Auto liegt in der CO2-Bilanz im Moment noch vor einem mit deutschem Strommix geladenen Elektroauto: Das ähnlich dimensionierte E-Auto Hyundai Kona EV (Test) verbraucht laut Hersteller 14,3 kWh/100 km. Mit dem regierungsamtlichen Faktor für den deutschen Strommix von 0,537 ergibt sich daraus ein CO2-Ausstoß von 77 g/km. Für den Arona TGI gibt Seat 99 g/km im Gasbetrieb an, der Umrechnungsfaktor für Biogas aus der selben Tabelle beträgt 0,148, mithin also günstige ca.14,8 g/km.

Wie gesagt – rein theoretisch und in einem Vergleich Apfel gegen Birne. Wegen des Kohleausstiegs dürfte die Tabelle zudem bald aktualisiert werden. Zu bedenken ist darüber hinaus, dass Biomethan den CO2-Kreislauf zwar zu einem ziemlich großen Teil schließt. Kommt er allerdings aus dem Anbau von Energiepflanzen ist es wegen der spritz- und düngebedürftigen Monokulturen eine Umweltsauerei, während aus Ernteabfällen produziertes Methan tatsächlich ein Beitrag zur Ressourcenschonung sein kann.

Wer einen Arona TGI kauft und bewusst Biogas tanken möchte, muss dies also in der Hoffnung tun, dass bei der Gaserzeugung noch einige für den Umweltschutz wichtige Leitplanken gebaut werden, nachdem die Politik auch aus Sorge vor EU-Strafen bislang ziemlich einseitig auf die CO2-Bilanz geblickt hatte.

Im Grunde ist der Arona TGI ohne Konkurrenz. Als kleinere Alternative könnte gerade noch so der Fiat Panda 0.9 8V TwinAir Natural Power mit 70 PS (80 mit Benzin) durchgehen, mit einem ähnlichen CNG-Verbrauch von 3,6 kg/100 km (97 g/km CO2). Platzangebot und Leistung dieses Mikro-SUV fallen im Vergleich zum Arona deutlich ab. Dafür ist der kleine Fiat bereits ab 14.790 Euro im Angebot.

Wer niedriger sitzen möchte, kann dies in einem technisch baugleichen VW Polo TGI (Test) tun. Günstigere Verbräuche wird er aber kaum herausfahren: Wir hatten ihn Anfang 2018 im Test und verbrauchten zwischen vier und 4,7 kg/100 km. Dabei ist der kleinere VW mit 20.825 Euro sogar noch ein bisschen teurer.

Seat hat die Überführung des Testwagens übernommen, der Autor die Kraftstoffkosten.