Fahrbericht Honda MSX 125

The Monkey King

Die MSX 125 ist mit Abstand die interessanteste Honda des Jahres, kostet mit 3000 Euro neu weniger als eine gebrauchte Monkey und bietet dafür in etwa das Doppelte: gut 5 Liter im Tank, zwei Sitze, rund 100 kg, 125 ccm, rund 100 km/h

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Von
  • Clemens Gleich

Stuttgart, 8. August 2013 – Soichiro Hondas Firma wurde groß damit, kleine, freundliche, preiswerte Maschinen zu bauen, die dem Menschen das Leben leichter machen. Die Super Cub (ab 1958) ist dafür das beste Beispiel. Sie hat nutzwertig Asien motorisiert und hat dennoch (wie der VW Käfer) bis heute einen emotionalen Wert behalten. Deshalb freut es mich, dass Honda auch in Europa Erfolge mit den neuen 500ern, der NC-Baureihe und cleveren Rollern feiert. Nach der Super Cub begründete Honda jedoch einen weiteren Trend, nämlich den der Clownsmotorräder für den Alltag. Hondas Monkey oder die Dax sind bis heute ebenso beliebt wie besonders. Jedes Mal, wenn man eine sieht, kann man kaum glauben, dass die Verkehrswacht sowas für den deutschen Verkehr zulässt. Und freut sich umso mehr, dass es wirklich so ist. Auf jeden Fall rundet ein Modell Hondas Rückbesinnung auf Soichiros Werte den Modelljahrgang 2013 bestmöglich ab: die MSX 125. Sie ist mit Abstand die interessanteste Honda des Jahres, kostet mit 3000 Euro neu weniger als eine gute gebrauchte Monkey von damals und bietet dafür in etwa das Doppelte: gut 5 Liter im Tank, zwei Sitze, rund 100 kg, 125 ccm, rund 100 km/h.

Sie kann den Alltag. Sie macht dich mobil.

Dass so ein Motorrad nur großartig sein kann, wusste ich schon vom ersten Bild. Die Enttäuschung am echten Objekt war also vorprogrammiert. Aber sie passierte nicht. Stattdessen dachte ich nach den ersten fünfzig Metern von der Garage weg: "Oh mein Gott, ich muss so ein Dings haben!" Der liegende Einzylinder mit seinen 10 PS produziert ein leises Brummen, das Motorrad verschwindet unter dem Fahrer, aus dem Sichtfeld, sodass ein pures Fahren übrig bleibt. Ich möchte das jetzt nicht mit einer MV Agusta Brutale vergleichen, das aber nur nicht, weil die leichte MSX mit ihren kleinen Rädern viel mehr zuckt und viel leiser ist. Sie ist wie ein Allround-Motorrad, das an allen Stellen, an denen das möglich ist, geschrumpft wurde. Man kann sie fahren wie eine Supermoto gedrückt und das Beinchen ausgestreckt (Achtung: weit strecken, der Boden ist sehr nahe). Man kann sie einfach legen. Man kann sich bestimmt auch hängen, wenn man noch mehr lachen möchte als ohnehin schon. Im vierten und letzten Gang fährt sie um die 100 km/h, abhängig von Wind und Steigung und ob der Beifahrersitz besetzt ist. Es gibt sogar eine Benzinuhr auf dem LCD-Instrument. Wer sie also als 16-Jähriger mit dem A1 fahren will: Sie kann den Alltag. Sie macht dich mobil.

Wobei 16-Jährige nicht die Hauptzielgruppe dieses Motorrads sein werden, denn Jüngere tendieren dazu, erwachsener wirkende Motorräder zu wollen. Eine Yamaha YZF-R 125 zum Beispiel oder die 125er Duke von KTM. Nein, ich glaube, dass die MSX gebaut wurde für Spinner wie mich. Wir sind alt genug, dass uns egal ist, was andere Verkehrsteilnehmer denken, und wir haben den Egoismus entwickelt, das zu tun, was wir lustig finden. Diese Zielgruppe findet das perfekte Stadtmotorrad: leicht, sparsam, spaßig ab dem ersten Meter geradeaus, und trotzdem kann man eine Frau mitnehmen, ohne ihrem Hinterteil Gewalt anzutun – was nicht selbstverständlich ist bei speziellen, lustigen Krädern. Als perfektes Werkszubehör stelle ich mir einen dieser Fahrrad-Drahtkörbe hintendran vor, oder sogar eine Deluxe-Ausführung aus geröstetem Rattan.

Ich bemerke, dass ich Ausreden suche, durch meine Stadt zu fahren. Da gibt es doch diesen Dönermann, der echten Kebab vom Hammel serviert statt Fleischbrät. Hinfahren. Ich muss unbedingt noch irgendwas kaufen! Äääh ... Schatz, ich fahr dir Tampons holen! Ich fahre die Serpentinen am Waldfriedhof. Ich würde sogar behaupten, dass dieses Clownsmotorrad besser Damen ziehen hilft als das schönste aller italienischen Superbikes, ganz einfach deshalb, weil eine MSX (richtig oder nicht) über ihren Fahrer aussagt: "Der tut nix. Der will nur spielen." Und: "Der meint das alles nicht so." Vielleicht ist das Hondas geheime langfristige Vermarktungsstrategie: Clownsmotorradkaufende Spinner sollen sich vermehren, bis man ihnen so viele Kräder wie damals die Cub verkaufen kann. Das Potenzial ist jedenfalls da. Unbedingt ausprobieren. (cgl)