Norwegisches Unternehmen will den Citry-Stromer ab 2009 verkaufen

Think City: Emissionsfrei durch die Stadt

Geht es nach der norwegischen Firma Think, fahren Autos elektrisch und sind größtenteils aus Recycling-Materialien gefertigt – so wie der kleine Stadtflitzer, der in Genf gezeigt wird und auf den Namen Think City hört

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  • rhi
Inhaltsverzeichnis

Oslo (Norwegen), 6. März 2008 – Querdenken gehört bei der norwegischen Firma THỊNK Global AS zur Firmenphilosophie, wie schon der umgedrehte Buchstabe Ị im Firmennamen andeuten soll. Geht es nach den Norwegern, fahren Autos elektrisch und sind größtenteils aus Recycling-Materialien gefertigt – so wie der kleine Stadtflitzer, der auf den Namen Think City hört.

Das Unternehmen hat seinen Ursprung in einer Entscheidung von Ford USA. Hintergrund war Ende der neunziger Jahre ein Gesetzesentwurf, der vorsah, dass ab 2005 in Kalifornien zehn Prozent der dann verkauften Fahrzeuge keinerlei Emissionen ausstoßen dürften. Um diese Hürde zu erfüllen, gründete Ford ein Tochterunternehmen für Elektrofahrzeuge, die heutige Think Group. Nachdem der kalifornische Gouverneur den Entwurf wieder kippte, verkaufte Ford die Firma.

Produktion des Think City seit November 2007

In der Folgezeit entwickelte Think das Ursprungsmodell, das noch als Ford Think in einer Kleinstauflage verkauft wurde, kontinuierlich weiter. Der optisch ähnliche Nachfolger, der intern auf den unprosaischen Namen A306 hört, wird seit dem 28. November 2007 in Serie produziert. Die ersten Fahrzeuge, die vom Band gelaufen sind, sollen unter norwegischen Winterbedingungen auf ihre Qualität hin getestet werden. Im Laufe des Jahres plant man bei Think, 3500 Fahrzeuge pro Arbeitsschicht herstellen zu können.

Kurze Karosserie aus robustem Plastik

Der Think ist 3,12 nur Meter lang. Die Breite beträgt 1,60 Meter, die Höhe 1,55 Meter. Eine ausgeprägte Schulterlinie und betonte Radhäuser sollen dem norwegischen Elektromobil eine solide Note verleihen. Auffällig sind die in die Kotflügel integrierten Seitenblinker und die kulleräugigen Scheinwerfer. Die unlackierte Karosserie des Think City besteht aus wieder verwertbarem ABS-Kunststoff, der sichtbare Kratzer und Dellen vermeiden soll. 16 Prozent der Karosserie sind übrigens bereits aus Recycling-Materialien hergestellt. Im einfachen, aber übersichtlichen Innenraum finden sich einige Ford-Teile wieder, so etwa beim Lenkrad und den Türgriffen. Um ein lichtes Raumgefühl zu vermitteln, hat das Fahrzeug eine gläserne Heckklappe, die es erlaubt, beim Rückwarts-Einparken den hinteren Stoßfänger zu sehen. Den Wendekreis gibt Think übrigens mit neun Metern an.

Think City: Emissionsfrei durch die Stadt

Zwei zusätzliche Rücksitze

Für den Schutz seiner Passagiere bietet der City serienmäßig ABS und zwei Airbags an. In der Standardausführung ist Platz für zwei Personen, auf Wunsch sind aber zusätzlich zwei Rücksitze mit Dreipunkt-Sicherheitsgurten erhältlich. Die Sitze können zudem umgeklappt werden, wodurch ein geräumiger Kofferraum entsteht. Für den Komfort ist der Think City mit einer Servolenkung, Zentralverriegelung, einer vier Kilowatt starken elektrischen Heizung sowie elektrischen Fensterhebern ausgestattet. Als Option sind eine Klimaanlage, eine Vorwärm-Zeitschaltuhr, ein Panoramadach und diverse Radio- beziehungsweise Navigationssysteme erhältlich.

Mit der Kraft des Elektromotors

Das Kernelelement des Think City ist zweifelsohne sein Elektroantrieb. Er setzt sich aus mehreren Hauptbestandteilen zusammen: der Antriebsbatterie, dem aus Motor, Motorsteuerung, Fahrzeugsteuersystemen, Lader, Spannungswandler und einem Untersetzungsgetriebe bestehenden Antrieb und einem Hochspannungssystem. Die Batterie-Kassette befindet sich in der Mitte des Autos unter den Sitzen. Der dreiphasige asynchrone Elektromotor erreicht eine Spitzenleistung von 30 Kilowatt. Der Think City wurde laut Hersteller so entworfen, dass er eine Vielzahl von verschiedenen Batterietechnologien aufnehmen kann. Durch seine Baukastenbauweise ist der Think auch für alternative Technologien wie eine Brennstoffzelle gerüstet.

Verschiedene Batteriesysteme im Angebot

Das Batteriefach kann verschiedene Arten von Batteriesystemen aufnehmen. Derzeit wird der Think City mit drei Batterie-Optionen angeboten: ein Natrium-Batteriesystem und zwei Lithium-basierte Systeme. Beim Natrium-System kommt ein Natrium-Nickelchlorid-Akku zum Einsatz, der auch als Zebra-Batterie bekannt ist. Sie verfügt über eine hohe Energiedichte und bietet eine langfristige Leistung unabhängig von der Umgebungstemperatur. Die Batterie speichert laut Think 28 kWh elektrischer Energie, das Gewicht beträgt 245 Kilogramm. Aufgrund einer durchschnittlichen Arbeitstemperatur von etwa 300 Grad Celsius zweifeln Kritiker allerdings die Haltbarkeit der Batterie an. Optional bietet City aber auch zwei Lithium-basierte Batterieoptionen an. Dabei handelt es sich um ein Lithium-Eisen-Phosphat-System des Herstellers A123 Systems und ein Lithium-Mangan-System, das von EnerDel stammt. Der A123-Akku kann 19 kWh elektrischer Energie speichern, der EnerDel-Akku 26 kWh. Beide Batterien wiegen 260 Kilogramm.

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Fahrzeuginfos auf dem Handy

Im Laufe des Jahres 2008 soll überdies eine so genannte „Mind Box“ zum Serienumfang des Think City gehören. Dabei handelt es sich um einen kleinen Computer, der neben GPS auch für GPRS ausgerüstet ist und eine drahtlose Schnittstelle zu den Fahrzeugsystemen bietet. Das System übermittelt den Ladezustand und weitere Kenngrößen direkt auf die „Mind Box“, das Mobiltelefon oder den heimischen Rechner. Die „Mind Box“ ermöglicht eine direkte Verbindung zum Kundendienst und ruft automatisch um Hilfe, wenn beispielsweise ein Airbag ausgelöst wurde.

Aufladung an der Steckdose

Die durchschnittliche Ladezeit für den Nickelchlorid-Akku beträgt laut Think etwa zehn Stunden bei einer Netzspannung von 230 Volt. Bestückt mit Sommerreifen und mit ausgeschalter Heizung soll eine maximale Reichweite bis zu 180 Kilometer möglich sein, bei ausschließlicher Nutzung in der Stadt sind es sogar 200 Kilometer. Für die Beschleunigung von null auf 50 km/h werden 6,5 Sekunden benötigt, die 80-km/h-Marke ist nach 16 Sekunden erreicht. Als Höchstgeschwindigkeit gibt Think für den City 100 km/h an. Angesichts des hohen Leergewichts von 1397 Kilogramm sind die Fahrleistungen aber allenfalls als ausreichend zu bezeichnen.

Verkauf außerhalb Norwegens ab 2009

Der Think City wird zunächst Norwegen verkauft, zumal dort der benötigte Strom umweltfreundlich durch Wasserkraft produziert wird. Im Verlauf des Jahres 2008 folgen Schweden und Dänemark. Sobald das Produktionsvolumen hochgefahren wurde, wird das Fahrzeug auch in europäischen Großstädten, beginnend mit London (Rechtslenker), Paris, Berlin und Mailand lanciert werden. Think verspricht sich von dieser Strategie Verkaufsvorteile, da zum Beispiel in London Elektroautos von der City-Maut befreit sind oder in einige Innenstädte in Italien nur Elektrofahrzeuge einfahren dürfen.

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Verkaufspreis um 20.000 Euro

Als vorgesehenen Verkaufspreis für den City nennt Think eine Summe, die bei ungefähr 20.000 Euro liegt. Dafür bekommt der Kunde das Fahrzeug, nicht aber die Batterien. Diese bleiben das Eigentum von Think. Der Fahrzeugeigentümer zahlt jeden Monat einen so genannten Mobilitätsbeitrag von etwa 200 Euro, der einen Full-Service-Wartungsvertrag, CO2-Ausgleichszahlungen und in einigen Ländern sogar den gesamten Stromverbrauch und Versicherung einschließt. Darüber hinaus verpflichtet sich Think, die Verantwortung für die Batterieleistung für die Lebensdauer des Autos zu tragen und die Batterien, wenn nötig, auszutauschen. Zudem kümmert sich die Firma um die Behebung möglicher Karosserieschäden. Think will zusätzlich CO2-Kompensationsprojekte einführen, sodass jeder Think-Fahrer CO2-neutral unterwegs ist, egal, in welcher Stadt das Fahrzeug gefahren wird.

Blick auf die Think-Zukunft

Auf dem Genfer Salon im März 2008 hat Think außer dem City auch ein Modell namens „open“ vorgestellt. Bei ihm handelt es sich um die Cabrio-Variante. Durch die Emissionsfreiheit soll sich das Fahren im offenen Think laut Herstellerauskunft wie „Segeln auf der Straße“ anfühlen: ruhig und dynamisch. Bisher ist aber noch keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob und wann der Think open in Serie produziert werden soll.