Umweltministerin bei CO2 auf Kurs der Autobranche

Im Streit über neue Klimaschutzvorgaben für Autos ist sich die Bundesregierung nach langem Hin und Her einig, die gemäßigten Ziele der EU-Kommission zu unterstützen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) gab ihren Einsatz für eine Verschärfung auf

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Biogas tanken
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  • dpa

Im Streit über neue Klimaschutzvorgaben für Autos ist sich die Bundesregierung nach langem Hin und Her einig, die gemäßigten Ziele der EU-Kommission zu unterstützen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) gab ihren Einsatz für eine Verschärfung auf, wie ihr Ministerium am 26. September 2018 bestätigte. Damit vertritt die Regierung eine ähnliche Linie wie die deutsche Autobranche. Nächste Woche will zunächst das Europaparlament seine Position festlegen.

Egal ob Benzin oder, wie auf dem Bild zu sehen, Biogas - der CO2-Ausstoß bei der Verbrennung ist ein exaktes Maß für den Verbrauch. Um ihn zu senken, könnten die Kunden sparsamere Autos kaufen und weniger fahren.

(Bild: Florian Pillau)

Es geht um neue Vorschriften für die Jahre von 2021 bis 2030, um die Klimagase aus dem Straßenverkehr zu drosseln und den Weltklimapakt von Paris einzuhalten. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass Neuwagen bis 2030 im Schnitt 30 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen sollen als 2021. In einem Zwischenschritt sollen es bis 2025 mindestens 15 Prozent weniger sein. Umweltministerin Schulze wollte ursprünglich eine Senkung um 45 Prozent bis 2030, während Verkehrs- und Wirtschaftsministerium auf die Bremse traten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Dienstag (25. September) davor gewarnt, die Autoindustrie zu überfordern und so womöglich aus Europa zu vertreiben.

Schulze stand dem Vernehmen nach vor einem Dilemma: Falls sie eine Blockadehaltung eingenommen hätte, hätte die Gefahr bestanden, dass die EU die Debatte über neue Grenzwerte grundsätzlich verschoben hätte. Vor diesem Hintergrund habe Schulze eingelenkt, obwohl das Umweltministerium die Vorschläge der Kommission nach wie vor zu nicht ausreichend halte.

Damit geht Deutschland zumindest mit einer einheitlichen Position in die Gespräche im EU-Ministerrat, der am 9. Oktober in Luxemburg seinerseits eine gemeinsame Linie sucht. Anschließend folgen Verhandlungen mit dem EU-Parlament. Auch dort wird vor einer Abstimmung am 3. Oktober noch um die Position gestritten.

So setzen sich die Christdemokraten der Europäischen Volkspartei dafür ein, die Vorschläge der EU-Kommission zu übernehmen. Der in der Frage zuständige Umweltausschuss hatte sich jedoch ebenfalls für eine CO2-Minderung um 45 Prozent bis 2030 ausgesprochen. Der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke übte daran am Mittwoch scharfe Kritik und warnte vor Jobverlusten in der Autoindustrie.

Ehrgeizige Durchschnittswerte kann die Branche nur mit einem rasch wachsenden Anteil von Autos mit Elektro- oder anderen alternativen Antrieben erreichen, die kein oder wenig Kohlendioxid ausstoßen. In einer neuen Analyse legt die EU-Kommission mögliche Folgen dar: Bei einem 45-Prozent-Ziel könnten wegen des raschen Wandels demnach EU-weit knapp 60.000 Arbeitsplätze in der herkömmlichen Autoproduktion verloren gehen. Unter dem 30-Prozent-Ziel wären es nur rund 2000.

Allerdings würden der Untersuchung zufolge bei schärferen Zielen auch mehr neue Jobs in anderen Produktionszweigen entstehen: Bis 2030 könnten es bis zu 151.000 werden, unter der Voraussetzung, dass die für E-Autos benötigen Batterien in der EU hergestellt und nicht etwa aus Asien importiert würden.

Die Grünen kritisierten, die EU-Kommission spiele mit der Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen.

Der Umweltverband Nabu prangerte den Positionswechsel von Umweltministerin Schulze an. Die SPD-Politikerin „opfert die Klimaschutzziele den scheinheiligen Interessen der Autoindustrie“. Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland sprach von einem „Armutszeugnis“. (fpi)