Verrührte Kultur

Inhaltsverzeichnis

Wie fährt das? Zum Glück für Ducati ziemlich genau so, wie man es sich anhand der Fotos vorstellt. Die Sitzposition ist locker obendrauf statt satt integriert wie bei der Monster. Die Gabel streckt sich in konservativ flachem Winkel nach vorne. Es erinnert mich tatsächlich etwas an die Yamaha SR 500, die damals unter ähnlichen Vorgaben an den Start ging: preisbewusst, liebevoll retro-gestaltet, konservative Geometrie. Und beide sollen Umbauer erfreuen. Bei der SR ist dieser Umstand eindeutig belegt. Bei der Scrambler hilft Ducati ab Werk nach: Jedes Teil jeder Variante passt an jede andere.

Der auffällig hohe Lenker passt zur Sitzposition, und die modischen Reifen haften viel besser, als ihre Flat-Track-Optik vermuten ließe. Ducati hat der Historie wegen auch ein Fotoshooting auf Dreck angeboten, wobei die Scrambler im Gelände so viel oder wenig kann wie jede andere Straßenmaschine auch. Wahrscheinlich jedoch wird ihr Name und ihre Reifengestaltung mehr ihrer Fahrer als die Monster dazu bringen, auch einmal den Asphalt zu verlassen, was mir eine erfreuliche Entwicklung scheint.

Alter Tourenfahrertrick: ABS abschalten

Schön wäre es, wenn man das ABS abschalten könnte, aber das ist wahrscheinlich ein bisschen Neunziger-Denke. Scrambler-Kunden wird es wenig stören, dass die Bremse auf losem Grund per ABS stellenweise außer Funktion gesetzt wird oder dass das Fahrwerk dort gern durchschlägt. Alter Tourenfahrertrick: Ein Burnout auf Dreck kostet kaum Reifen und zwingt das ABS in die automatische Abschaltung. Die Scrambler schaltet danach noch ihre Motorwarnleuchte ein, kappt aber nach erstem Probieren die Leistung zumindest bis zur Mitte nicht spürbar. Geht.

Den luftgekühlten, liegenden 90°-V2-Motor von Ducati mag ich in allen seinen Varianten. Diese hier wurde auf eine fleischige Mitte und beste Manieren abgestimmt, was dem Konzept sehr gut tut. 75 PS oben heraus reichen, und dort, wo die meisten die meiste Zeit fahren, hat er Dampf. Der Motor ist die Gegenthese zum ultrakurzhubigen Panigale-V2, der mit Kolben von Überbierdeckelfläche nur noch flattert und daher Drehzahlen verlangt wie ein Vierzylinder. Es hat mich verwundert, dass Ducati auf ein E-Gas verzichtet, aber auch erfreut. Denn wenn ich ehrlich bin, fand ich Ducatis E-Gas in der Hypermotard und der Monster weniger gut als die Konkurrenz oder sogar die Seilzuglösungen vorher, und vielleicht sah das jemand bei Ducati genauso und konnte gleichzeitig den Gaszug als Seventies-Zitat verargumentieren.