Volkswagen: Historiker Grieger muss gehen

Volkswagen hat die Zusammenarbeit mit seinem Chefhistoriker Manfred Grieger beendet. Er hatte eine Studie kritisiert, die Audi über den eigenen Vorgänger Auto Union und dessen Verstrickungen während der Nazi-Diktatur mit den NS-Eliten in Auftrag gegeben hatte

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Dr. Manfred Grieger

(Bild: Volkswagen)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Franz

Zu kritisch? Volkswagen und der Historiker Dr. Manfred Grieger arbeiten künftig nicht mehr zusammen.

(Bild: Volkswagen)

Volkswagen hat die Zusammenarbeit mit seinem Chefhistoriker Manfred Grieger beendet. Er hatte als Experte in einem Fachmagazin eine Studie kritisiert, die Audi über den eigenen Vorgänger Auto Union und dessen Verstrickungen während der Nazi-Diktatur mit den NS-Eliten in Auftrag gegeben hatte. Beteiligt war daran auch ein Kollege Griegers bei Audi. Grieger attestiert dem Werk handwerkliche Fehler, verengte Sichtweise, lückenhaften Umgang mit Quellen und Unschärfen in der Sprache. Der Studie mangele es an Unvoreingenommenheit. Grieger sieht „argumentative Windungen“, die „eine abwehrende Haltung“ nahelegten.Der Konflikt sei derart festgefahren, dass eine Fortsetzung der Zusammenarbeit für beide Seiten unmöglich erschien.

Aus Insider-Kreisen heißt es, nicht der kritische Inhalt von Griegers Rezension sei Auslöser für das Zerwürfnis. Demnach wurde Volkswagen vom Sprengstoff der Rezension kalt erwischt. Grieger hätte sich besser abstimmen müssen, soll einer der Vorwürfe gelautet haben. Er sei zwar frei in seiner wissenschaftlichen Arbeit, müsse aber fraglos an seinen Arbeitgeber denken. Entsprechenden Auflagen für seine künftige Vorgehensweise soll der Forscher abgelehnt haben. In manchen Betrieben der Auto Union soll laut der Audi-Studie zeitweise ein Sechstel der Belegschaft aus KZ-Häftlingen bestanden haben. Audi nahm die Analyse vor zwei Jahren zum Anlass, Darstellungen zur NS-Verstrickung seines Vorgängers anzupassen. So seien etwa Texte im Firmenmuseum und im Internet verändert worden, hatte ein Sprecher damals erklärt.

In der Rezension des VW-Chefhistorikers hieß es nun, die Studie unterschlage zwar nicht „die Beziehungen zu den NS-Eliten durch die Vorstände Richard Bruhn, William Werner und Carl Hahn“, allerdings werde dieser Aspekt „in der Bedeutung heruntergespielt“. Die Volkswagen-Kernmarke VW hatte die eigene NS-Geschichte bereits in den 1990er-Jahren untersuchen lassen. Der Konzern beteiligte sich zudem für alle seine Marken auch an der im Jahr 2000 gegründeten Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ), die bis 2007 etwa 4,4 Milliarden Euro an fast 1,7 Millionen ehemalige Zwangsarbeiter der NS-Diktatur auszahlte. Das Geld kam aus der Wirtschaft und vom Bund.

Der im Volkswagen-Konzern einflussreiche Betriebsrat hat das beendete Arbeitsverhältnis von VW-Chefhistoriker Manfred Grieger als Rückschlag für das Unternehmen bezeichnet. „Wir bedauern es sehr, dass Herr Dr. Grieger aus dem Unternehmen ausscheidet und halten dies für einen Fehler“, sagte ein Sprecher der Arbeitnehmervertreter der dpa. „Wir als Betriebsrat setzen auch künftig auf die Beratung von Manfred Grieger.“ Grieger hatte über die VW-Zwangsarbeit promoviert. Er gilt auf dem Gebiet als führender Wissenschaftler. Konzern-Kommunikationschef Hans-Gerd Bode hatte dem Historiker am Wochenende gedankt „für seine in den vergangenen Jahren geleistete Arbeit“. Einem Konzernsprecher zufolge ist der Grund für die Trennung ein unterschiedliches Verständnis über die Zusammenarbeit.

Grieger war Leiter der Historischen Kommunikation, er kam 1998 zu VW. Der gelernte Buchhändler promovierte 1996 über „Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich“. Seine Aufgaben übernimmt vorübergehend Archivarin Ulrike Gutzmann. Der Historiker erklärte auf Anfrage, er nehme keine Stellung und verwies an die Pressestelle des Volkswagen-Konzerns. Die erklärte am Wochenende, der Grund für die Trennung sei ein unterschiedliches Verständnis zwischen Grieger und Volkswagen über die Zusammenarbeit. Konzern-Kommunikationschef Hans-Gerd Bode dankte dem Historiker „für seine in den vergangenen Jahren geleistete Arbeit“.

(dpa) (mfz)