Vorstellung: BMW 3er
Einst war wichtig, wie schnell ein neuer BMW Dreier um die Kurve kommt. Beim Neuen ist das nur noch nebensächlich, obwohl er in dieser Hinsicht sicher talentiert ist. Doch als Abgrenzung zur Konkurrenz dienen inzwischen andere Werte
- Martin Franz
Es ist ein Werbeversprechen, das über Jahrzehnte konstant blieb: „Freude am Fahren“. Natürlich betont BMW dieses auch im Begleitschreiben zum neuen Dreier. Doch der Claim dient vor allem als wohlige Erinnerung an Zeiten, die längst vorbei sind. Die Zukunft dieser Baureihe liegt nicht in der Vergangenheit. Das Verrückte dabei ist, dass sich der siebente Dreier vermutlich wirklich noch etwas dynamischer um die Ecke bewegen lässt als sein Vorgänger. Das hauptsächliche Augenmerk der Entwickler liegt inzwischen jedoch auf anderen Dingen, die reine Freude am Autofahren lässt sich, so die Annahme der Verantwortlichen, allein kaum noch vermarkten. Und so ergießt sich nahezu das komplette Füllhorn der elektronischen Helfer und Vernetzung, mit der auch die größeren Modelle bedacht wurden, über der weiterhin als fahraktiv gepriesenen Limousine.
Aus Fehlern gelernt?
Das muss die Verantwortlichen mächtig gewurmt haben: Da entwerfen sie 2011 für ihren Bestseller ein Armaturenbrett, das in gewisser Weise alte und neue Werte vereinen soll, was optisch durchaus gelungen ist. Doch die Bayern ernten anhaltende Kritik für die margenoptimierten Materialien: Welliges Holz, das nach Kunststoff ausschaut, Risse in den Favoritentasten, eine Schalthebelumrandung mit der Anmutung einer Margarineverpackung. Im Serientrimm passten Preis und Anmutung nicht so recht zueinander. Das 2015er-Facelift hat einige Sünden etwas geglättet. Dennoch dürfte ein großes Kapitel im Lastenheft für den nun vorgestellten Dreier Nummer Sieben eine deutliche Anhebung der wahrgenommenen Qualität im Interieur gewesen sein. Zumal die direkte Konkurrenz hier zum Teil deutlich mehr bietet.
Gedämmt
Dass BMW sich diesem Thema intensiv widmen konnte, liegt auch daran, dass die Bayern im Dreier ansonsten keine dramatischen Baustellen hatten, die es aufzulösen galt. Was nicht heißen soll, dass es nichts mehr zu verbessern gegeben hätte. Immer wieder gab es beispielsweise Kritik an Windgeräuschen. BMW schäumt nun die A-Säule aus und verklebt serienmäßig eine Frontscheibe mit absorbierender Folie. Gegen Aufpreis wird die auch in den Seitenscheiben verarbeitet. Mercedes hat in der C-Klasse vorgemacht, wie erfolgreich diese Maßnahme sein kann. Ein kleines Detail nur, doch es zeigt, dass BMW vor allem an vielen Feinheiten geschliffen hat, anstatt in irgendeinem Bereich den epochalen Bruch zu versuchen.
Live Cockpit
BMW dürfte aber nicht an der oberflächlich wahrgenommenen Qualität gearbeitet haben, sondern hat, das lässt sich jetzt schon sagen, einen großen Schritt in Richtung Moderne versucht. Serienmäßig sind ein 8,8-Zoll-Display oben auf der Mittelkonsole und ein Instrumentenkombi in Black Panel Optik mit einem 5,7 Zoll großen Farbdisplay. Wer mag, kann in das „Live Cockpit Plus“ investieren, in dem dann Navi, Wlan-Schnittstelle und Apple CarPlay enthalten sind. Die teuerste Ausbaustufe nennt sich „Live Cockpit Professional“ und hat dann ein lernendes Navi und ein Multimediasystem mit einer 20-Gb-Festplatte. Dann gehört auch jenes Display als Kombiinstrument dazu, was auf den ersten Pressebildern zu sehen ist und mit den jahrzehntelang gepflegten Traditionen so viel am Hut hat wie Donald Trump mit Bankenregulierung und Umweltschutz.
Festgehalten hat man an den nahezu frei belegbaren Favoritentasten. Eine gute Idee aus dem Jahr 2007, mit der man häufig genutzte Funktionen mit einem Knopfdruck erreicht. Natürlich verspricht BMW, die Sprachsteuerung deutlich verbessert zu haben. Einzigartig sei, dass man dem Assistenten einen individuellen Namen geben kann. Er reagiert also nicht nur auf „Hey, BMW“ sondern, so gewünscht, auch auf „Hey, Detlef“ oder „Hey, Walburga“. Damit, so heißt es im Beipackzettel zum neuen Dreier ganz ernsthaft, würde er noch mehr Individualität und Persönlichkeit gewinnen. Wer aus der A-Klasse umsteigt, kann sich sicher auch „Hey, Mercedes“ programmieren und muss sich so nicht umgewöhnen. Wichtiger erscheint uns, dass die Software lernfähig ist und sich mit der Zeit auf den Fahrer einstellt.