Bei leerer Batterie hilft dem Elektro-A1 ein Wankelmotor weiter

Wankel-Range-Extender Audi A1 e-tron

Audi überrascht auf dem Genfer Auto-Salon 2010 mit einem kleinen Elektroauto auf A1-Basis. Die Überraschung sitzt im Heck: Dort arbeitet ein Wankelmotor, um die Reichweite des Elektroautos zu verlängern

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  • rhi / ggo
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Ingolstadt, 2. März 2010 – Entwicklungsdienstleister wie AVL aus Graz oder die FEV aus Aachen befassen sich seit längerem mit dem Wankelmotor als Generatorantrieb in Range-Extender-Hybriden. Die Logik dahinter: Wenn der Verbrennungsmotor nur auf längeren Strecken benötigt wird, für die die Batteriekapazität nicht reicht, darf es auch ein Wankel sein – zumal er besonders kompakt baut und schwingungsarm läuft. Außerdem kommt sein Verbrauchsnachteil weniger zum Tragen, wenn er nur selten Dienst tun muss und quasi stationär betrieben werden kann. Audi hat´s erhört und zeigt in Genf den A1 e-tron mit einem Wankel-Range-Extender, oder anders gesagt: ein Elektroauto, das auch bei leerer Batterie nicht schlapp macht.

Elektrisch in der Stadt

Doch der Reihe nach: Unter der Bezeichnung "e-tron" will Audi ab 2012 Elektroautos auf den Markt bringen. Der A1 e-tron soll nun auf dem Genfer Auto-Salon vom 4. bis zum 14. März 2010 eine weitere Spielart des Themas zeigen. Der Zweitürer ist laut Audi für den täglichen Einsatz in Ballungsräumen konzipiert. Hauptbestandteil des A1 e-tron ist die E-Maschine, ein quer im Bug platzierter Synchronmotor. Ihre Dauerleistung beträgt 45 kW (61 PS), kurzzeitig sind 75 kW Spitzenleistung möglich. Aus dem Stand heraus kann über 150 Nm maximales Drehmoment verfügt werden, der Spitzenwert liegt bei 240 Nm. Auf ein Getriebe mit mehreren Gängen verzichtet Audi, was den e-tron wohl zu einem ausgesprochenen Stadtauto macht, denn "oben herum" ist der Wirkungsgrad eines Elektromotors nicht ideal – ähnlich wie bei einem Verbrennungsmotor profitiert er von einem Getriebe, wenn auch wohl weniger Gänge ausreichen. Zur Wahl der Fahrstufen im e-tron – hier also "Vor", "Zurück" und "Neutral" – dient ein ausfahrbarer Wählhebel auf der Konsole des Mitteltunnels.

Drei Stunden Laden

Im Motorraum sitzt über dem E-Motor die Leistungselektronik. Ihre wichtigsten Bauteile sind der Pulswechsel-Umrichter, der als Regler zwischen Elektromotor und Batterie dient, sowie ein Gleich­strom­wandler und das Lademodul. Hinter den Audi-Ringen im Grill liegt die Buchse für den Einheitsladestecker. Beim A1 e-tron werden wichtige Nebenaggregate elektrifiziert, so etwa der Kältemittelverdichter der Klimaanlage – ansonsten ist ja der Verbrennungsmotor dafür zuständig, der hier nicht immer zur Verfügung steht. Interessant ist auch die Bremsanlage, bei der die hinteren Bremsen elektro­mechanisch betätigt werden. Das hat unter anderem den schlichten Vorteil, dass keine Hydraulik nach hinten verlegt werden muss. Zudem gibt es den Strom dafür in Rekuperations- und Bremsphasen quasi umsonst. Ob es eine mechanische Rückfallebene gibt, erläutert Audi nicht näher, sie erscheint aber entbehrlich, weil die Vorderräder auf klassische Weise hydraulisch gebremst werden.

Wankel-Range-Extender Audi A1 e-tron

50 Kilometer elektrisch ...

Die Batterien sind unterflur in Form eines T angeordnet. Der kurze Längsbalken füllt den hinteren Teil des Mitteltunnels, der Querbalken jenen Bereich vor der Hinterachse, der sonst dem Kraftstofftank gehört. Der Lithium-Ionen-Akku, der mit einer Spannung von 380 Volt arbeitet, speichert 12 kWh Energie und wiegt unter 150 Kilogramm. Insgesamt bringt der Elektro-A1 rund 1,2 Tonnen auf die Waage. Bei vollständig entladener Batterie dauert das "Auftanken" drei Stunden. Rein elektrisch kommt der A1 e-tron bis zu 50 Kilometer weit. Geht die elektrische Energie zur Neige, tritt der Wankelmotor in Aktion, der unter dem Gepäckraum angeordnet ist.

... dann kommt der Wankel

Als so genannter "Reichweiten-Verlängerer" dient ein Einscheiben-Wankelmotor mit 254 Kubikzentimeter Kammervolumen, der im Heck untergebracht ist. Er läuft konstant mit 5000 Umdrehungen pro Minute im Bereich seines besten Wirkungsgrads und speist einen Generator, der Strom erzeugt. Audi unterstreicht den fast vibrationsfreien Lauf, die geringen Abmessungen und das extrem niedrige Gewicht des modernen Kreiskolbenmotors. Einschließlich des Generators, der 15 kW elektrische Leistung erzeugt, wiegt die komplette Baugruppe nur 70 Kilogramm. Laut Audi sind anstelle des Wankelmotors auch andere kompakte Antriebskonzepte denkbar. Die Auslegung erinnert an ein Forschungsfahrzeug der FEV, bei dem die Generatorleistung ebenfalls deutlich unter der Leistung des Antriebsmotors liegt. Bei Strom-Flaute geht es also auf jeden Fall weiter – aber eben mit reduzierter Leistung.

Die zusätzliche Reichweite beziffert Audi auf rund 200 Kilometer. 10,2 Sekunden dauert der Sprint (sofern die Batterie geladen ist) von null auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 130 km/h. Aus den beiden unterschiedlichen Betriebsarten ergibt sich laut Hersteller ein Verbrauch von 1,9 Liter auf 100 Kilometer, was einer CO2-Emis­sion von 45 g/km entspricht. Auch hier muss aber wieder einmal darauf hingewiesen werden, dass ein Normentwurf zugrunde liegt, der mit der Praxis wenig zu tun hat.

Laden nach Plan

Bei Bedarf schaltet die Elektronik den Wankel automatisch zu, dabei werden auch Navigationsdaten berücksichtigt, in denen das Ziel- oder Streckenprofil hinterlegt ist. Eine nähere Beschreibung dieser Funktionen gibt Audi bisher nicht, dabei gibt es bei diesem Zusammenspiel interessante Szenarien: So könnte das Auto zum Beispiel Bergabfahrten gezielt zum Rekuperieren nutzen und deswegen an der Steigung davor die Batteriekapazität großzügig anzapfen. Oder es könnte beim Anfahren einer Großstadt mithilfe des Wankels für einen Überschuss an Ladestrom sorgen, damit am Ziel die Kapazität für ein rein elektrisches Fahren reicht. Erstaunlich, dass bei solchen Sparideen ausgerechnet der Wankelmotor wieder eine Rolle spielen könnte.