Wertverlust batterieelektrischer Autos

Bedingt wertstabil

Momentan haben batterieelektrische Autos und Plug-In-Hybride weder einen höheren noch einen niedrigeren Wertverlust als konventionelle Fahrzeuge. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung durch das Portal mobile.de. Als Vergleichsmaßstab diente ein VW Golf 1.2

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Elektroautos, Hybridantrieb, alternative Antriebe 10 Bilder
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  • Christoph M. Schwarzer
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Hamburg 8. Juli 2015 – Momentan haben batterieelektrische Autos und Plug-In-Hybride weder einen höheren noch einen niedrigeren Wertverlust als konventionelle Fahrzeuge. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung durch das Portal mobile.de. Als Vergleichsmaßstab diente ein Volkswagen Golf 1.2, eins der meistverkauften Modelle in Deutschland. Ob sich diese Entwicklung in die Zukunft fortschreiben lässt, ist allerdings ungewiss. Und unter bestimmten Bedingungen verlieren Fahrzeuge mit Ladestecker schon heute stark an Wert.

Die Datenbasis bilden dabei die Anzeigen bei mobile.de sowie die jeweiligen Neupreise zum Zeitpunkt der Erstzulassung. Dazu eine kurze Erklärung: Die Neupreise stammen ebenfalls aus der Datenbank des Portals, wo es eine Rubrik für Neufahrzeuge gibt – diese beinhaltet auch Tageszulassungen; die ausgelesenen Werte sind also nah an der tatsächlichen Händlerrealität und keine Herstellerlistenpreise.

Ein willkürliches Beispiel zur Berechnung des prozentualen Verlusts: Wenn ein drei Jahre altes Fahrzeug dieses Jahr im Erhebungsmonat Mai 23.752 Euro kostet, ergibt das gegenüber einem Ursprungskurs von 38.071 Euro ein Minus von 37,6 Prozent.

Bei der Auswertung war die insgesamt geringe Verbreitung von Batterieelektrischen Autos und Plug-In-Hybriden ein grundsätzliches Problem. Bestimmte inzwischen marktrelevante Typen wie der Volkswagen e-Golf oder der BMW i3 etwa sind nicht lange genug im Verkauf, um eine ausreichende Fallzahl zu generieren.

Ausgangpunkt bleibt wie erwähnt der VW Golf in seiner Standardversion. Der ist nach einem Jahr 10,1 Prozent, nach zwei Jahren 14,9 Prozent und nach drei Jahren 24,9 Prozent weniger Wert als zu Beginn. Bitte merken.

Weltverkaufsmeister als Ur-Meter

Der eingangs genannte Nissan Leaf ist ein hervorragend geeigneter Ur-Meter für die batterieelektrischen Autos. Er gehört zur gleichen Klasse wie der Golf, er ist seit über drei Jahren auf dem Markt, und er ist der Weltverkaufsmeister. Kein Akku-Auto wurde weltweit so häufig auf die Straße gebracht. Stand heute: circa 185.000 Exemplare; zusammen mit dem Konzernpartner Renault hat man die Viertelmillion voll.

Eine Schwierigkeit bei der Betrachtung des Nissan Leaf ist die Möglichkeit, ihn entweder inklusive Batterie zu kaufen oder – analog zum Renault Zoe – das Auto zu kaufen und die Batterie zu leasen. Aus vielen Anzeigen ging nicht exakt hervor, um welches Vertriebsmodell es sich handelt. Es flossen darum nur die Daten ein, bei denen eindeutig vom Komplettkauf die Rede war. Hier verlor der Leaf 11,8 Prozent im ersten, 12 Prozent im zweiten und 22,2 Prozent im dritten Jahr – Werte, die sich nicht signifikant von denen des Golf-Benziners unterscheiden.

Ähnlich stabil zeigt sich die Plug-In-Version des Toyota Prius, der nach drei Jahren 24,3 Prozent seines Wertes verloren hat. Zusammen mit dem Opel Ampera startete der Japaner relativ früh im Markt. Der Opel hingegen ist ein Beispiel dafür, unter welchen Umständen der Ladestecker doch zu einem krassen Wertverlust führt.

Wertverlust durch Managementbeschluss

Opel führte den Hoffnungsträger zunächst in der e-Pionier-Edition (51.200 Euro) ein und schob dann die anderen Varianten (Komfort Edition ab 47.500 Euro, Basis ab 45.900 Euro) nach. Ende 2013 sank der Mindestpreis auf 38.300 Euro, und inzwischen ist klar, dass die zweite Version des Chevrolet Volt nicht als Opel Ampera angeboten werden wird. Der konsequente Plug-In-Hybrid, dessen Stärke es war, eben nicht nur fürs Alibi ein paar Kilometer elektrisch fahren zu können, ist in Europa nicht mehr erhältlich. Was Fans für einen Managementfehler von ähnlichem Schweregrad wie die Einstellung des Audi A2 halten, hat starke Auswirkungen auf den Zeitwert: Mit einem Verlust von 49,8 Prozent nach drei Jahren steht es nicht gut um den Ampera – oder, je nach Standpunkt, sogar besonders gut: Wer kaufen will, findet bestimmt ein Schnäppchen.

Rabattaktionen üben ebenfalls Druck auf den Markt aus. So hat der Renault Zoe mit 23,6 Prozent Wertverlust nach drei Jahren ein ähnliches Niveau wie Volkswagens Verbrenner oder der Nissan Leaf. Weil aber der technische Fortschritt in Gestalt des Zoe II vor der Tür steht, gibt es zurzeit 5000 Euro Nachlass von Renault auf das bald nicht mehr aktuellste Modell. Das senkt die Preise der Einjährigen, die mit einem Minus von 18,1 Prozent notiert werden.

Ungewissheiten und Unschärfen

Hier gelten letztlich die gleichen Gesetze wie für alle anderen Autos. Warum auch nicht? Der Stabilität bei vielfach verkauften Modellen wie Nissan Leaf, Renault Zoe oder Toyota Prius Plug-In-Hybrid stehen allerdings einige Ungewissheiten und Unschärfen gegenüber.

Entscheidend ist in Zukunft die Frage, wie die Hersteller mit dem Fortschritt der Batterien umgehen. Es ist ein offenes Geheimnis, das Nissan in den nächsten Wochen einen Sprung um 25 Prozent von 24 auf 30 Kilowattstunden verkünden wird. Und Volkswagens Entwicklungsvorstand Neußer äußerte sich, sehr zum Verdruss des Vertriebs, unmittelbar nach der Vorstellung des e-Golfs ein wenig zu zuversichtlich: Im Schweizer Magazin Blick sprach er von 40 statt 24 Kilowattstunden im e-Golf, die „bald“ machbar wären, und bis Ende des Jahrzehnts seien 80 kWh „möglich“.

Wie gehen die Autobauer damit um? Sie haben die Möglichkeit, zum gleichen Neupreis wie aktuell mehr Kapazität anzubieten. Bleibt dann die alte Version, zum Beispiel zu einem niedrigeren Preis, weiterhin erhältlich? Oder werden Nissan, Volkswagen & Co. als dritte Option für mehr Reichweite mehr Geld verlangen? Was immer beschlossen wird, wirkt sich entsprechend auf den Wert des Bestandes aus.

Eine kaum behebbare Unschärfe der Datenerhebung ist außerdem, inwiefern die durch Händler im Internet aufgerufenen Preise sich tatsächlich durchsetzen lassen. Die sind ohnehin nicht immer zufrieden mit den Stromern. Es ist schon lange bekannt, dass die Margen geringer sind als bei anderen Modellen. Das senkt die Motivation, dem Kunden zugleich noch eine intensive Beratung zukommen zu lassen.

Die Momentaufnahme der Untersuchung von mobile.de ist trotzdem richtig – jetzt gilt es, dranzubleiben und zu beobachten. Das mit 7,81 Millionen „Unique Usern“ pro Monat meistbesuchte Portal der Republik bietet dafür weiterhin eine gute Basis.

Morgen Elektroschrott?

Für eine These der Skeptiker jedenfalls gibt es bisher keinen Beleg: batterieelektrische Autos und Plug-In-Hybride, so hieß und heißt es, würden irgendwann mit massenhaft verschlissenen Speichern praktisch Elektroschrott sein. Der Wertverlust müsse darum extrem ansteigen. Das könnte zwar theoretisch noch eintreten. Aber konkrete Hinweise darauf gibt es nicht.

Der Autor hat die Untersuchung bei www.mobile.de angefragt. Dafür sind ihm keine Kosten entstanden. Im Gegenzug wird www.mobile.de als Datenquelle genannt.