Ausgereifte Nachzügler

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Parma, 29. Februar 2016 – Parma liegt etwa 100 Kilometer südöstlich von Mailand in der Po-Ebene, seine Umgebung ist also nicht unbedingt klassisches Vorführland für Allradfahrzeuge. Kraxeln war aber diesmal auch gar nicht angesagt, denn Subaru lud zur Vorführung der überarbeiten Modelle Impreza und XV ein. Das Neue dabei: Endlich gibt es die beiden ungleichen Brüder wieder mit vergleichbaren 2,0-Liter-Motoren, also vergleichen wir mal.

Ausgereifte Nachzügler

Was in Deutschland als 2017er Modelljahr aufläuft, ist andernorts längst im Markt. In der Schweiz beispielsweise werden die „Facelift“-Modelle seit Frühjahr 2015 angeboten. Laut Subaru-Deutschland-Geschäftsführer Volker Dannath hängt die verspätete Ankunft hierzulande auch damit zusammen, dass Subaru in seinem größten Markt USA weiter wächst und die Produktion in Japan kaum hinterherkommt. 583.000 Fahrzeuge waren es 2015, dieses Jahr sollen es mehr als 600.000 werden. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 6549 Exemplare zugelassen, der krasse Gegensatz erklärt die unterschiedlichen Prioritäten. Wie auch immer: Die neuen Modelle sollen dabei helfen, die Zulassungszahlen des XV etwas zu pushen und den Impreza wieder auf die Bühne zu holen. Denn er stand zuletzt nur mit 1,6-Liter in der Preisliste und war in der Zulassungsstatistik ein sehr seltener Gast.

Ja, das Facelift ist eines, beispielsweise tragen XV und Impreza jetzt schicke Chromspangen am Unterkiefer, ohne den Chromschmuck würde man die Neuen kaum als solche erkennen. Wichtiger sind die vielen substanziellen Änderungen, die Subaru vermeldet. Dazu gehören beispielsweise eine verbesserte Geräuschdämmung und verbesserte Innenraummaterialien. Tatsächlich sind die Fahrzeuge klapperfrei und das Innenraum-Ambiente ist abgesehen von einigen Schrullen kaum weniger preußisch als das eines VW Golf. Dessen geradezu klinische Qualitätsanmutung erreicht Subaru zwar nicht, aber bis auf die wacklige, billige Sitzverstellung wirkt alles grundsolide.

Zu den kleinen Seltsamkeiten gehört beispielsweise die Aufteilung von Bordcomputer-Funktion auf einen Schalter unter dem Zentraldisplay und einem zweiten Schalterduo am Lenkrad für das Informationsdisplay im Bordinstrument. Oder: Beim XV sind die Seitenwulste der Sitzfläche mit hellgrauen Materialien mit der Anmutung einer Segelplane verziert. Das wirkt ein wenig wie alpine Funktionskleidung und ist vermutlich auch irgendwie so gemeint.

Angekommen im Informationszeitalter

Zu den wichtigsten funktionalen Änderungen gehört vielleicht das modernisierte Infotainment-System: Bisher war ein ziemlich aus der Zeit gefallenes Doppel-DIN-System verbaut, das Bluetooth für Musik und Telefonieren zwar konnte, aber nicht immer wollte. Nun gibt es in allen Varianten ein Touchscreen-System mit zuverlässig funktionierender Freisprecheinrichtung, das sich leicht bedienen lässt, eifrig E-Mails vorliest – einschließlich des kryptischen Vorspanns – und sogar Mirrorlink-fähig ist. Einen Nachteil teilt es mit allen Systemen dieser Art: Weil die Touchscreen-Oberfläche wenig Halt bietet, muss man bei der Bedienung hinsehen. Auch seiner klassischen Kernfunktion – der Radio- und Musikwiedergabe – kommt das Gerät besser als bisher nach, es gibt sogar einen grafischen Equalizer, mit dem sich ein sehr brauchbares Klangbild einstellen lässt, sofern nicht trockene und tiefe Bässe gefragt sind.

Kräftiger Diesel, sanfter Benziner

Bisher hat sich ein Vergleich von XV und Impreza weitgehend erübrigt, weil es letzteren nur mit 1,6-Liter-Benziner mit 115 PS gab – den XV dagegen auch mit dem 147 PS starken Boxer-Diesel und dem 2,0-Liter-Benziner mit 150 PS. Nun ist auch der Impreza endlich mit dem großen Benziner zu haben, was ihn vor allem in Verbindung mit dem stufenlosen CVT erheblich attraktiver macht als bisher.

Natürlich sind alle Motoren nun nach Euro 6 homologiert, was beim Diesel durchaus zusätzlichen Aufwand erforderte, beispielsweise zusätzlich zum Hochdruckkreislauf der Abgasrückführung eine Niederdruck-AGR zur weiteren Senkung der Stickoxid-Emissionen. Im Übrigen ist der Boxer-Diesel nach wie vor ganz bei sich: Unter Last kann er bei Bedarf kräftig knurren, bei zügiger Landstraßenfahrt trommelt er leise vor sich hin, auf der Autobahn tritt er bis 130 km/h in den Hintergrund, um sich darüber wieder etwas deutlicher zu Wort zu melden. Im Vergleich zum Benziner sprechen zwei Argumente für ihn: Der XV wir mit ihm zu einer Art Sport-SUV, das sich sehr knackig auf Landstraßen bewegen lässt.

Diesen Charakter kann der 2,0-Liter-Benziner nicht bieten, egal ob im XV oder im Impreza. In Verbindung mit der Sechsgang-Handschaltung ist er durchaus zügig unterwegs, aber nicht so bissig, wie es 150 PS vielleicht erwarten lassen. Nochmals einen ganz anderen Charakter erkauft man, wenn man den XV oder Impreza mit CVT bestellt, was beim Impreza übrigens nur in Verbindung mit der gehobenen Ausstattung „Comfort“ möglich ist. Während der bissige Diesel zum Räubern einlädt, präsentiert sich der CVT-Benziner als geschmeidige Komfortlimousine, die eher zum Dahingleiten animiert. Das gilt übrigens auch für den deutlich schwächeren 1,6er, der sich vor allem jenen empfiehlt, die für unter 20.000 Euro einen wintertauglichen Basis-Subaru haben möchten. Sportsgeist ist nicht sein Metier, dafür ist der kleine Boxer ohne Turboaufladung einfach etwas zu schwach auf der Brust. Andererseits: Den Impreza 1.6 als Trend-Version gibt es immerhin für 18.600 Euro und wichtige Ausstattungen wie die Klimaanlage, Sitzheizung oder die Freisprecheinrichtung bietet auch er.

Die Charakterunterschiede werden auch beim Fahrwerk spürbar. Der Impreza gibt sich auch hier verbindlich, rollt etwas weicher ab, schwingt gemächlich und gut kontrolliert nach – eine Abstimmung, die gut mit dem entschleunigenden CVT zusammenpasst. Der XV unterscheidet sich nicht nur durch eine deutlich größere Bodenfreiheit – 220 statt 145 mm – sondern auch durch Räder der Dimension 225/55R17 statt 205/55R16 in den stärkeren Varianten. Offenbar ist die Feder-Dämpfer-Abstimmung darauf getrimmt, den hochbeinigeren XV auch bei schneller Kurvenfahrt in der Geraden zu halten, sodass sich ein deutlich anderer Charakter ergibt: Er federt vergleichsweise trocken, schwingt kürzer nach, wirkt letztlich sportlicher als der Impreza, das passt ins Gesamtbild. Bei der Lenkung nehmen sich die beiden wenig: Sie ist exakt, sauber geführt, etwas leichtgängiger als von deutschen Kompakten gewohnt und vergleichsweise auskunftsfreudig.

Preisboxen

Die Po-Ebene ist nicht das geeignete Umfeld, um Autos einen übermäßig hohen Verbrauch zu entlocken, zumal mehr als 130 km/h in Italien auch auf Autobahnen nicht erlaubt sind. Das dürfte aber auch der Lebensrealität in vielen deutschen Regionen entsprechen. Der Boxer-Diesel – nur im XV und nur als Handschalter zu haben – lässt sich ohne besondere Anstrengungen mit 6,2 Liter Diesel fahren, auch weniger ist möglich. Das schafft der 2,0-Liter Benziner natürlich nicht annähernd. 7,0 Liter Verbrauch erfordern schon etwas Disziplin und günstige Bedingungen, das CVT hilft immerhin dabei, weil es eher dem gemütlichen Cruisen zugetan ist.

Der neue Subaru Impreza ist für 2017 avisiert. Für die derzeitigen Kompakt-Subarus bedeutet das umgekehrt, dass es sich um sehr ausgereifte Fahrzeuge handelt. Impreza und XV empfehlen sich nach wie vor für Autofahrer, denen die Vorteile des Allradantriebs wichtig sind, vor allem im Winter. Subaru setzt weiter auf einen permanenten Allradantrieb anstatt so genannter „Hang-on-Lösungen“, die sonst bei Kompakten üblich sind: Wo diese erst reagieren müssen, um bei Schlupf die Hinterräder einzubeziehen, stellt sich bei Subaru die Frage gar nicht erst. Alle vier Rädern sind immer sofort antriebsbereit und das spürt man: Besonders im Winter, aber auch bei Regen ergibt sich ein sicheres und berechenbares Fahrgefühl.

Größere Auswahl

Erfreulich ist, dass Subaru die Preise aller Impreza- und XV-Modelle gesenkt hat. Los geht es wie gesagt bei 18.600 Euro, der Impreza in Comfort-Vollausstattung und 2,0-Liter-Benziner kostet 25.350 Euro, ein XV Diesel in Comfort-Version 27.090 Euro. Der Gegenwert ist trotz Preissenkung gestiegen, besonders spürbar ist das an der besseren Geräuschdämmung und einem Riesen-Schritt vorwärts beim Infotainment-System. Und die Auswahl ist größer geworden: Wer es eher sportlich-kernig mag, ist sicherlich beim XV mit Boxer-Diesel richtig, der als eine Art „Kompakt-Sport-SUV“ in seinem Segment ziemlich allein dasteht. Den Gegenpol bildet der Impreza 2.0 mit CVT, der völlig unspektakulär auftritt und dabei keine schlechte Figur macht.

Anreise, Übernachtung und Parmaschinken übernahm der Hersteller.