E-Bikes gehören auf die Straße

Mit 45 km/h über den Radweg – die Bundesregierung hält das für eine tolle Idee.

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Mit 45 km/h über den Radweg – die Bundesregierung hält das für eine tolle Idee.

Soso, die Bundesregierung will also mal wieder was für die Elektromobilität tun. Das ist löblich. Leider greift sie aus dem riesigen Pool an möglichen Maßnahmen eine der hanebüchensten heraus. Sie will Radwege für schnelle E-Bikes freigeben. (Nochmal zur Erinnerung: Pedelec = elektrische Unterstützung bis maximal 25 km/h, rechtlich wie ein Fahrrad; schnelles E-Bike = elektrische Unterstützung bis maximal 45 km/h, rechtlich wie ein Kleinkraftrad.)

Mit anderen Worten: So ein E-Bike ist richtig schnell und so ziemlich das Letzte, was irgendetwas auf einem Radweg verloren hätte. Dort ist die Tempodifferenz zwischen gemächlichen und sportlichen Radlern ohnehin schon bedenklich hoch – mitunter höher als die zwischen Autos und schnellen E-Bikes auf der Straße.

Das Gegenteil ist richtig: Fahrräder – ob elektrisch unterstützt oder nicht – gehören auf die Straße. Dort sind sie stets im Blickfeld der Autofahrer und werden nicht beim nächsten Abbiegen umgenietet. Außerdem haben Radler dort weniger Stress mit Fußgängern und Parksündern.

Die Radwegebenutzungspflicht ist ohnehin nur eine Ausnahme für besonders gefährliche Straßen. Die reine Tatsache, dass auf einer Straße Autos unterwegs sind, reicht nicht aus, um Radler auf den Radweg zu verbannen. So hat es das Bundesverwaltungsgericht schon 2009 entschieden. Eigentlich hätten die Kommunen seitdem bis auf wenige Ausnahmen praktisch alle blauen Radweg-Gebotsschilder abschrauben müssen. Getan hat sich nach meinem Eindruck in den letzten sechs Jahren wenig. Aber statt in dieser Hinsicht mal Dampf zu machen, will das Bundesverkehrsministerium nun noch mehr Verkehr auf die Radwege verlagern. (Davon unbenommen finde ich Radschnellwege, die eigens für die zügige Fortbewegung mit dem Fahrrad gebaut worden sind, eine feine Sache.)

Besonders lustig ist die Begründung der Bundesregierung. Sie beruft sich auf eine Studie der TU Chemnitz, in Auftrag gegeben von der Unfallforschung der Versicherer. "Die vergleichbare Auftretenshäufigkeit kritischer Situationen über alle Zweiradkategorien hinweg spricht dafür, dass das Risiko, mit einem Elektrofahrrad zu verunfallen, nicht erhöht ist", heißt es darin.

Und was folgt daraus? Doch wohl, dass der Status quo mit schnellen E-Bikes auf der Straße gar nicht so übel ist. Vielleicht sind sie ja vergleichsweise sicher, nicht obwohl, sondern weil sie auf der Straße fahren? Kein einziger E-Bike-Nutzer der Studie berichtete beispielsweise über zu knappe Überholvorgänge auf der Straße (Tabelle 28, Seite 96) – im Gegensatz zu den Pedelecs und normalen Fahrrädern. Dafür hatten sie aber auf Radwegen überproportional häufig Probleme mit Fußgängern und Rechtsabbiegern. Zwar ereigneten sich bei den E-Bikes 52,4 Prozent aller Konflikte auf der Fahrbahn – eine höhere Quote als bei den anderen beiden Gruppen (Tabelle 31, S. 99). Aber das ist ja logisch, schließlich waren die schnellen E-Biker ja auch mehr auf der Fahrbahn unterwegs. Wie sich aus dieser Studie ein Argument für E-Biker auf Radwegen stricken lässt, ist mir ein Rätsel. (grh)