Die Neuerungen von Linux 3.15

Linux 3.15 wacht schneller aus dem Standby auf. Der Datenträger-Cache passt sich flotter an neue Arbeitsbedingungen an; der Berkeley Packet Filter ist nicht nur schneller, sondern kann auch viel mehr. Linux kann jetzt nicht nur den Video-Encoder der neuen Radeon-Chips ansprechen, sondern auch Nvidias neueste Grafikchipfamilie.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 10 Kommentare lesen
Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

Knapp zweieinhalb Monate nach der Freigabe des Linux-Kernel 3.14 ist jetzt Linux 3.15 verfügbar. Mit der neuen Version wachen einige PCs viel schneller aus dem Suspend-to-RAM (ACPI S3) auf. Das ist Änderungen zu verdanken, durch die Linux beim Resume nicht mehr darauf wartet, bis alle Datenträger des Systems Einsatzbereitschaft melden; der Performance-Gewinn hängt daher von den verwendeten Datenträgern ab. Bei einem Testsystem verkürzte sich die Resume-Zeit von 11,6 auf 1,1 Sekunden, wie Intel-Entwickler erklärten, die die Änderungen vorangetrieben haben. Ihren Messungen zufolge sollen sich die Aufwachzeit zweier anderer Systeme von 5,5 auf unter 1 Sekunde reduziert haben. Bei drei Rechnern, die wir mit einer Vorabversion von Linux 3.15 versorgt hatten, verringerte sich die Aufwachzeit um knapp die Hälfte.

Der Treiber für Radeon-GPUs spricht jetzt auch die Grafikkerne in Mullins-Prozessoren an; dabei handelt es sich um CPUs für Tablets, die AMD Ende April vorgestellt hat. Der Radeon-Treiber bietet jetzt ein Interface zum Zugriff auf den Video-Encoder VCE2, der in neueren AMD-Prozessoren sowie Sea-Islands-Grafikkarten steckt – etwa den Radeon-HD-Modellen 7790, R7 260 und R9 290 (u. .a 1). Auf das neue Kernel-Interface greift ein Encoder-Treiber zurück, den das Anfang Juni erwartete Mesa 3D 10.2 mitbringen wird. Multimedia-Anwendungen können diesen Treiber über das OpenMAX API ansprechen, das wie OpenGL von der Khronos Group vorangetrieben wird; beim Enkodieren von H.264-Videos kann Software so die Arbeit den Radeon-Grafikkernen aufbürden, die das viel effizienter erledigen als der Hauptprozessor.

Mehr Infos

Im Detail

Bereits in den vergangenen Wochen hat das Kernel-Log in der Serie "Was 3.15 bringt" detailliert über die Änderungen von Linux 3.15 berichten können, weil dessen Hauptentwicklungsphase bereits Mitte April endete:

  1. Dateisysteme & Storage
  2. Speichermanagement
  3. Netzwerk
  4. Infrastruktur
  5. Treiber

Der nebenstehende Text fasst die wichtigsten Neuerungen dieser Artikel zusammen.

Der Nouveau-Kerneltreiber unterstützt jetzt den Grafikchip GM107, der auf den im Februar eingeführten GeForce-GTX-Modellen 750 und 750 Ti sitzt (u. a. 1). Diese GPU ist die erste der Maxwell-Familie, welche die Kepler-Familie beerbt und einen neuen Befehlssatz nutzt; daher war viel neuer Code nötig, um die noch junge GPU-Familie zu unterstützen.

Der Speichermanagement-Code des Linux-Kernels erkennt nun, wenn er Daten mehrfach nacheinander erst in den Page Cache holt, um sie kurz darauf aus Platzmangel wieder rauszuwerfen (u. a. 1, 2, 3). Solche Daten versucht der Kernel daraufhin im Zwischenspeicher zu behalten, der Zugriff auf wiederholt verwendete Datenträgerinhalte erheblich beschleunigt. Der Page-Cache soll sich durch die Änderungen jetzt erheblich flotter an veränderte Arbeitsbedingungen anpassen, was die Performance in manchen Situationen um ein Vielfaches steigert; etwa wenn ein Programm eine große Datei eine Weile intensiv bearbeitet, bevor es sich einer neuen Datei ebenso ausführlich widmet.

Die Unterstützung für die Version 5 des Ondisk-Formats von XFS gilt jetzt als Produktionsreif; es soll in Kombination mit neuen Userspace-Tools die Verlässlichkeit des Dateisystems steigern. XFS und Ext4 unterstützen jetzt eine neue Kernel-Funktion, um Bereiche aus Dateien herausschneiden, ohne andere Dateibereiche kopieren zu müssen; Video-Schnittsoftware kann dadurch in Sekundenschnelle die Werbung aus einer Fernsehaufzeichnung entfernen.