100 % erneuerbare Energien: So will Panasonic seine erste grüne Fabrik betreiben

Japan hat als erste Nation eine Wasserstoffstrategie vorgestellt. Das erste Produkt: eine Fabrik, die auf Solarkraft, Wasserstoff und Batterien setzt.

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Die Kusatsu-Fabrik in Shiga, nahe Kioto.

(Bild: Panasonic)

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Von
  • Martin Kölling

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war Anfang November in Japan – auf Wasserstoffmission. Ein Teil seines Besuchs verbrachte er in Kioto. Er werde dort die Möglichkeit haben, "mit japanischen Experten über die globale Wasserstoffwirtschaft zu reden", sagte er zuvor in Tokio. Doch er tat mehr als das: Er schaute sich Japans erste RE100-Fabrik an, die – so verrät es das Kürzel – zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird.

Dabei handelt es sich um ein kombiniertes Solar-Brennstoffzellenkraftwerk des japanischen Technikkonzerns Panasonic östlich Kiotos. Der hat dort eine Solaranlage mit einer Kapazität von 570 kW errichtet. Daneben stehen ein Wasserstofftank mit 78.000 Litern tiefgekühltem Wasserstoff und 99 konzerneigene Brennstoffzellen Spalier, die durch die Verbindung von Wasser- und Sauerstoff bis zu 495 kW an Strom produzieren können.

Eine Batterie des Elektroautoherstellers Tesla, für den Panasonic die meisten Energiezellen herstellt, komplettiert als Zwischenspeicher das Konzept. Sie speichert Sonnenstrom, um so auch bei schlechtem Wetter den Strombedarf des Brennstoffzellenwerks des Konzerns auf der anderen Straßenseite zu decken oder die Stromproduktion aus den Brennstoffzellen konstant zu steuern.

Die Kombination zeigt, welcher Aufwand für emissionsfreie Fabriken in Zukunft nötig wird. Wenn die Versorgung dezentral erfolgen soll, reichen in der Regel Solarkraftwerke allein nicht aus, während Windkraftanlagen sich in vielen bestehenden Werken wegen ihrer Lage verbieten. Daher sind in den Augen der Japan AG Wasserstoff als Energieträger und Akkus als Energiespeicher notwendig.

Nicht umsonst hat Japan bereits 2017 als erstes Land eine eigene nationale Wasserstoffstrategie vorgestellt. Die fokussiert sich neben der Schaffung globaler Lieferketten für das leichteste Element des Periodensystems auf die Entwicklung von Technologien für die Nutzung von Wasserstoff, mit denen die Japan AG im Weltmarkt auftrumpfen will.

Dazu gehören neben Brennstoffzellenautos wie Toyota sie anbietet auch andere Produkte. Eines ist die Wasserstoff-Hybrid-Fähre HydroBingo, die der japanische Schiffbauer Tsuneishi und die belgische Reederei CMB entwickelt haben. Panasonics kleines Kraftwerk ist nun eine der ersten marktreifen und exportfähigen Lösungen im industriellen Sektor.

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Mit seiner Demonstration will der Konzern aber nicht nur zur zum Klimaschutz beitragen, sondern auch zur Gewinnmaximierung des Konzerns. Daran lässt der zuständige Manager Norihiko Kawamura keinen Zweifel. "Im Moment sprechen wir andere Unternehmen an", erzählt er. Mittelfristig hat er dabei vor allem Europa im Blick: "In der Zukunft wird Europa ein besserer Markt als Japan sein."

Sein Grund: Europa wolle den Wasserstoffpreis schneller senken als Japan. Und Panasonic hofft dann als einer der Pioniere der Brennstoffzellenproduktion weltweit die Früchte seiner langen Vorarbeit zu ernten. Bereits 2009 brachte das Unternehmen in Japan eine Brennstoffzelle für den Hausgebrauch auf den Markt, die in Japan bereits mehrere hunderttausendmal verkauft wurde.

Die sogenannte Ene-Farm spaltet Wasserstoff aus Stadtgas ab und produziert dann Strom und heißes Wasser für das Eigenheim. In Deutschland verkauft der Konzern seine Technik über den Boiler-Hersteller Viessmann, mit dem die Japaner eine Brennstoffzellenheizung für den deutschen Markt entwickelt haben.

Noch erfüllt das kleine heimische Blockheizkraftwerk nicht die Verheißung der Wasserstoffwirtschaft, Strom ohne Treibhausgase zu produzieren. Langfristig ist die Hoffnung, das brennbare Gas aus Wasser abzuspeichern und dann entweder in einer Brennstoffzelle durch die Verbindung mit Sauerstoff Strom und als Abgas Wasser zu produzieren.

Bisher wird Wasserstoff allerdings mangels Produktionskapazitäten und eines globalen Vertriebsnetzes aber meist aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Um die Brennstoffzellen daher bereits jetzt einsetzen zu können und so wenigstens die Emissionen ein wenig zu senken, wird bisher die bestehende Gas-Infrastruktur genutzt.

Aber Panasonic hat für industrielle Anwendungen auch eine Brennstoffzelle entwickelt, die mit purem Wasserstoff arbeitet. Das jetzige Produkt, das auch im eigenen Kraftwerk eingesetzt wird, hat eine Leistung von fünf kW und ließe sich beliebig skalieren, erklärt Kawamura. Betriebswirtschaftlich rechnet sich die Anlage bei den sehr hohen Wasserstoffpreisen noch nicht, gibt Kawamura zu. Er sieht dennoch Chancen im Markt. Unternehmen müssten Erfahrungen mit der neuen Art der Stromversorgung gewinnen, meint er. "Wenn man bis 2030 Fabriken haben will, die zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt werden, kann man nicht bis dahin warten, sondern muss jetzt anfangen."

(bsc)