30 Jahre "TIE Fighter": Die dunkle Seite von LucasArts​

Sucht man nach den besten Star-Wars-Spielen aller Zeiten, taucht "TIE Fighter" meist weit oben auf. Ein legendäres Spiel, das dieser Tage 30 Jahre alt wird.​

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"TIE Fighter" wird 30 Jahre alt.

(Bild: LucasArts)

Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Paul Kautz
Inhaltsverzeichnis

"TIE Fighter" entspringt einer anderen Zeit. Einer Zeit, in der der letzte Star-Wars-Film bereits mehr als zehn Jahre zurücklag, und in der die Hoffnung auf die kommenden Prequels noch ungetrübt war. Einer Zeit, in der bereits der Anblick eines Logos eine fette Gänsehaut erzeugen konnte. 1994, um genau zu sein.

Einer Zeit also, in der das erste Star-Wars-Spiel von LucasArts gerade mal ein Jahr alt war. Natürlich klingt das irgendwie absurd: Eine Spielefirma, die sich da gerade im elften Jahr ihrer Existenz befand, und noch nicht ein einziges Spiel entwickelt hatte, das im berühmtesten Universum der Person spielte, die dem Unternehmen ihren Namen verlieh. Einer Firma, die bereits renommiert und fest etabliert war, und sich mit Spielen wie "Rescue on Fractalus" (1984), "Maniac Mansion" (1987), "The Secret of Monkey Island" (1990) oder "Indiana Jones and the Fate of Atlantis" (1992) einen sensationellen Ruf erarbeitet hatte – aber nicht ein einziges Star-Wars-Spiel in ihrer Vita vorweisen konnte.

Das lag vor allem an einem alten Vertriebsdeal mit Atari. Nachdem sich LucasArts dann in den frühen 1990ern die Spielerechte an der eigenen Marke vom letzten Halter Brøderbund zurückgekauft hatte, wurde diese Lücke wieder geschlossen. Das erste LucasArts-eigene Spiel in einer weit, weit entfernten Galaxie, trug dann auch gleich einen enorm symbolträchtigen Namen: "Star Wars: X-Wing"

Um ganz genau zu sein, wurde noch nicht mal das direkt von LucasArts entwickelt, sondern von "Totally Games", beziehungsweise "Peregrine Software", wie das Unternehmen damals noch hieß. Geleitet wurde die kleine Firma, die bereits 1984 unter dem Namen "Micro Imagery" gegründet wurde, von Lawrence "Larry" Holland, einem langjährigen Zuarbeiter von Lucasfilm Games, dem die Firma Flugsimulationserfolge wie "Battlehawks 1942" (1988), "Their Finest Hour" (1989) oder "Secret Weapons of the Luftwaffe" (1991) verdankt.

Der Sprung vom Zweiten Weltkrieg zum Weltallmärchen war ein kleinerer, als man denken könnte: George Lucas hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er die Inspiration für seine Raumschlachtszenen vor allem aus Filmklassikern wie dem 1954er "The Bridges at Toko-Ri", dem 1955er "The Dam Busters", dem 1970er "Tora! Tora! Tora!" oder auch echten Propellerflugzeugen wie der britischen Supermarine Spitfire zog. Insofern ergab es absolut Sinn, dass sich Larry Holland und seine Kollegen um eine standesgemäße Spielbarmachung des Arbeitstieres der Rebellen kümmern sollten.

"X-Wing" erschien nach etwa anderthalbjähriger Entwicklungszeit schließlich im Februar 1993 – und sorgte nicht nur für Begeisterung. Das lag weniger am Spielprinzip, das sich angenehm deutlich von der arcadeballerlastigen "Wing Commander"-Serie abhob und in eine anspruchsvollere Simulationsrichtung ging. Das Problem lag vielmehr an der furchtbaren Missionsstruktur, die auf endloses Trial-and-Error sowie damit zusammenhängendes Auswendiglernen der Aufträge setzte. Die sich dadurch weniger wie Kampfeinsätze und mehr wie willkürliche Puzzles anfühlten, die man nur auf exakt eine, genau vordefinierte Art und Weise lösen konnte. Was in Kombination mit dem generell sehr hoch angesetzten Schwierigkeitsgrad also weniger für heiße Lasergefechte als für Frust im Cockpit sorgte.

"TIE Fighter" wird 30 (17 Bilder)

Die jederzeit aufrufbare Missionskarte wirkt am Anfang etwas verwirrend, verschafft aber einen guten Überblick über das gesamte Schlachtfeld.​ Rebellen jagen, Container scannen, VIP eskortieren, Minen räumen, der Galaxie den Frieden bringen – es gibt in "TIE Fighter" echt viel zu tun!​ (Bild: LucasArts)

Nichtsdestotrotz war das Spiel seinen Ärger wert. Denn es war ein verdammt tolles Gefühl, endlich mal selbst am Steuer eines X-Wings sitzen zu dürfen, den Joystick fest umklammert, die andere Hand schwer auf der vollbeladenen Tastatur ruhend. Der R2 flötet von hinten etwas Technotralü ins Ohr, der Laser zischt, der gegnerische TIE Fighter faucht, bevor er in einer farbenfrohen Explosion vergeht – das war schon cool. Dazu noch viele sehr eingescannte und nachbearbeitete Bilder aus dem ersten Film, Original-Soundeffekte, atmosphärische englische Sprachausgabe und sehr gute Musik, die sich dynamisch dem Spielverlauf anpasste. Da vergaß man zwischendurch ganz gerne mal, dass das Spieldesign an sich ziemlicher Mist war.

Trotz aller Schwächen kam "X-Wing" bei Testern und Käufern gut an – ein Nachfolger war also schnell beschlossene Sache. Ein Nachfolger, der alles besser machen sollte. Und vor allem ein Nachfolger, der schon im Namen eine fulminante Überraschung zu bieten hatte: "TIE Fighter"

Dieses Spiel, auch wieder entwickelt von Totally Games, erschien offiziell am 20. Juli 1994, und ist chronologisch betrachtet kein direkter Nachfolger von "X-Wing". Dessen Erzählung endet nämlich kurz vor der Errichtung der Rebellenbasis auf Hoth, während die Handlung von "TIE Fighter" kurz nach der Zerstörung ebendieser ansetzt. Das spielte aber damals schon keine Rolle, denn sehr viel wichtiger war, dass die Entwickler auf das umfangreiche Feedback von Spielern und Testern gehört hatten, was "TIE Fighter" im Vergleich zu seinem Vorgänger zum in jeder Hinsicht deutlich besseren Spiel macht: bessere Grafik, bessere Bedienung, besseres und wesentlich klareres Missionsdesign, deutlich interessantere Story, viel mehr Übersicht im Weltraum und tausende clevere kleine Erweiterungen.

Oder anders formuliert: Das war natürlich schon irgendwie "more of the same", nur gleichzeitig auch so viel besser! Außerdem war "TIE Fighter" das erste Medium in der Saga, das nicht mit der klassischen "Star Wars"-Fanfare beginnt, sondern, thematisch wunderbar passend, mit einer schmissigen Variante des mindestens ebenso legendären "Imperial March". Achja, und man durfte hier das allererste Mal in der Geschichte dieses speziellen Universums aus der Perspektive des bitterbösen Imperiums spielen.