30 Jahre "The Mask": vom Horror-Comic zum Comedy-Hit​
Vergesst Deadpool: "The Mask" war eine der ersten gelungenen Comic-Verfilmungen, in denen sowohl Technik als auch Besetzung stimmten.​
Im Rückblick wirkt es unausweichlich, dass "Die Maske" ("The Mask", 1994) ein Riesenerfolg wurde: Eine Comic-Verfilmung mit zwei großen Namen in den Hauptrollen, revolutionäre Special Effects von Industrial Light & Magic (ILM) – alles, was ein Kinohit so braucht. Tatsächlich aber ist "The Mask" eine Aneinanderreihung glücklicher Fügungen, wie sie nur selten zusammenfinden.
Es begann damit, dass der erfahrene Horror-Regisseur Chuck Russell beschloss, das Drehbuch seines nächsten Films zu einer Komödie umzuarbeiten. Die männliche Hauptrolle gab er einem weitgehend unbekannten kanadischen Schauspieler, die weibliche einem Model ohne Filmerfahrung. Für die Special Effects engagierte er ein Studio, dessen Animation Supervisor ein absoluter Fan des Genres war. Das Ergebnis: "The Mask", der bis dahin größte Erfolg für das relativ kleine Studio "New Line Cinema".
Sterne im Aufstieg
Entscheidend war, dass Russell das Vertrauen der Studiochefs genoss. 1987 hatte er mit dem dritten Freddy-Krueger-Film einen unerwartet soliden Horror-Hit gelandet ("Nightmare III – Freddy lebt") und ein Jahr später "The Blob" gedreht – eines der wenigen Remakes, die das Original um Längen übertreffen.
Ursprünglich war auch "The Mask" als Horrorfilm konzipiert. Die ersten Drehbuch-Fassungen orientierten sich relativ eng an der Comic-Vorlage, die zynischen Humor mit blutigen Splatter-Szenen kombiniert. Beim Drehbuch wollte sich jedoch nie das nötige Gleichgewicht zwischen Horror und Humor einstellen. So beschloss Chuck Russell, die Idee auf den Kopf zu stellen: Als Comedy würde "The Mask" viel besser funktionieren.
Russell war auch gleich klar, wer die Hauptrolle spielen sollte: In der unkonventionellen Sketch-Show "In Living Color" hatte er Jim Carrey gesehen, der in jedem Sketch alles gab, was Gesicht und Körper hergaben. Mike Werb erhielt den Auftrag, das Drehbuch so umzuschreiben, dass es Jim Carreys Stärken zur Geltung brachte.
Die Cast von "The Mask"​ (6 Bilder)
(Bild: New Line Entertainment)
Nach erster Lektüre des Drehbuchs soll Carrey verwundert angemerkt haben, Stanley Ipkiss sei ihm ja wie auf den Leib geschrieben, was Russell ihm dann grinsend bestätigte. Dem Studio wäre ein bekannterer Name lieber gewesen, aber der Regisseur blieb bei seiner Wahl.
Noch schwerer fiel die Besetzung der weiblichen Hauptrolle Tina Carlyle, einer klassischen Femme fatale. Unter anderem wurden Anna Nicole Smith und Vanessa Williams in Betracht gezogen, aber Russell suchte weiter. Mehr oder weniger durch Zufall wurden die Casting-Directors auf ein Model aufmerksam, Cameron Diaz. Diese zeigte jedoch wenig Interesse an einer Filmkarriere und musste sich ĂĽberreden lassen, fĂĽr die Rolle vorzusprechen. Russell sah das Audition Tape von Diaz, stellte sie zur Probe mit Jim Carrey vor die Kamera und wusste: Das ist die Richtige. Auch hier war das Studio skeptisch; wieder hatten Produzent und Regisseur den richtigen Riecher.
"Die Maske": Jekyll & Hyde in GrĂĽn
Im Wesentlichen ist "The Mask" eine Variante der Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, wie sie auch "Der verrückte Professor" (The Nutty Professor, 1963) erzählt. Der schüchterne Bankangestellte Stanley Ipkiss (Jim Carrey) findet unter einer Brücke eine grüne Holzmaske, deren Innenseite mysteriös schimmert. Kurz darauf sucht ihn eine blonde Frau in einem hautengen roten Kleid auf. Tina Carlyle (Cameron Diaz) findet Stanley durchaus sympathisch, führt aber nichts Gutes im Schilde: Sie soll die Bank für ihren Freund auskundschaften, den Gangster Dorian, der einen Überfall plant.
Ipkiss lässt sich von seiner Vermieterin zusammenbrüllen, von seinen Kollegen und Automechanikern ausnutzen und reagiert seinen Frust ab, indem er alte Trickfilme ansieht – Tex-Avery-Cartoons mit ihrer bizarren Mischung aus Humor und Gewalt. Auf der Haben-Seite kann Stanley eigentlich nur seinen treuen Hund verbuchen, einen Jack Russell Terrier namens Milo. Dann lässt Stanley sich dazu verleiten, die Maske anzuprobieren. Ein Wohnzimmer-Wirbelsturm später hat sich Stanley Ipkiss in die Maske verwandelt: einen glatzköpfigen Mann mit grünem Kopf, riesigen Zähnen und übernatürlichen Fähigkeiten. Die Maske stolziert mit übertriebener Gestik in quietschbunten Anzügen durch die Nacht und trotzt dort allen Bedrohungen mit anarchischem Humor.
Der Rest des Films ist im Wesentlichen eine Aneinanderreihung von Versatzstücken, in denen Jim Carrey und ILM demonstrieren, wie es aussieht, wenn zweidimensionale Cartoon-Situationen in die dritte Dimension übertragen werden. Erst hüpft der Maske ein Zahnräder schwitzender Wecker aus dem Anzug, dann landet sie nach einem Sprung aus dem Fenster als plattes Abziehbild auf dem Asphalt. Eine Straßengang nimmt Reißaus, als die Maske ein Luftballon-Modell in eine funktionierende "Tommy Gun" verwandelt – eine in Gangster-Filmen aus Schwarzweiß-Zeiten beliebte Maschinenpistole. Diese Szenen sind kunterbunt ausgeleuchtet und gezielt als Cartoon-Slapstick inszeniert – so wird nur in Geräuschen angedeutet, auf welche bizarre Weise sich die Maske an den unsauberen Autoschraubern rächt.
Im Nachtklub des Gangsters Dorian lässt die Maske nach dem Vorbild des Cartoon-Klassikers "Red Hot Riding Hood" (1943) den Wolf raushängen, bevor er Tina zu einem rasanten Show-Tanz verführt. Mit einem absurd großen Polizeiaufgebot konfrontiert, nötigt die Maske die Ordnungshüter zur Teilnahme an einer spektakulären Musical-Nummer mit Tanzformationen und von den Gebäuden schwingenden SWAT-Scharfschützen.
Und so geht es weiter: etwas Handlung, zum Leben erweckte Cartoon-Einlage, wieder etwas Handlung, Happy End. Trotz leichter Durchhänger am Anfang bleibt "The Mask" auch heute überaus unterhaltsam – was wohl auch damit zusammenhängt, dass der Film schon damals aus einer anderen Zeit zu kommen schien.