40 Jahre Klötzchen drehen: Tetris hat Geburtstag

Seite 2: Die Legende der Tetromino-Namen

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Seit einigen Jahren geht durch die Welt, die Tetris-Steine hätten eigene Namen – ähnlich wie die Geister aus "Pac-Man" (Blinky, Pinky, Inky und Clyde). Ursprung für diesen Irrtum war ein Spaß-Tweet des Spieleentwicklers Dan Vecchitto vom Februar 2019. Darin teilte er angebliche Fotos aus dem Tetris-Handbuch der NES-Version.

Dort wird auf Seite zwölf das gespiegelte L als "Blue Ricky" bezeichnet, der Viererblock als "Hero", das T-Stück als "Teewee" und das Quadrat als "Smashboy". Das Ganze wurde schnell als Gag erkannt – zahlreiche Tetris-Fans posteten umgehend Fotos der echten Handbuch-Seite.

Da hatte sich der Witz jedoch schon zum Fake verselbstständigt, der über viele Social Networks verbreitet wurde. Im Oktober 2019 hieß eine Frage der US-Quizshow "Jeopardy" zum Thema Videospiele: "The 7 rotatable blocks used in this video game have names like Orange Ricky, Hero & Smashboy". Die Kandidatin gab zur falschen Frage die richtige Antwort und zementierte damit die Legende.

Das offizielle Browser-Spiel der Tetris Company spielt mehrere Korobeiniki-Remixe.

(Bild: The Tetris Company)

Seit den ersten PC- und Konsolenversionen hat sich bei Tetris einiges getan: "Geister-Tetrominos" zeigen Spielern einen Umriss, wo der aktuell fallende Klotz landen wird, mit der "Hold"-Funktion lässt sich ein Klotz zwischenparken, und die Vorschau reicht drei Steine in die Zukunft. Eine weniger sichtbare, aber essenzielle Änderung besteht darin, dass neuere Tetris-Spiele die Klötzchen fairer verteilen als früher.

Das 2018 erschienene "Tetris Effect" zeigt, was sich aus dem Klassiker noch alles herausholen lässt: Die Variante verstärkt das "Eintauchen" ins Spiel mit wechselnden Grafik- und Sound-Effekten – eine Art simulierte Synästhesie. Vor allem aber erweitert "Tetris Effect" das Gameplay um eine aufladbare "Zone", in der die Blöcke für einige Sekunden stillstehen, Spieler aber dennoch neue Steine hinzufügen können. Lassen sich in traditionellen Versionen maximal vier Zeilen auf einmal leeren, ermöglicht die Zone von "Tetris Effect" das Freispielen von bis zu 16 Zeilen auf einen Schlag ("Decahexatris").

Im Laufe der Jahre ist "Tetris Effect" für immer mehr Plattformen erschienen. Seit dem Multiplayer-Update "Connected" können Spieler auch plattformübergreifend gegeneinander spielen; im Februar 2023 erschien eine VR-Variante für die PlayStation VR2. Andere neuere Sprösslinge sind das Genre-Mashup "Puyo Puyo Tetris 2", das rhythmusbasierende "Tetris Beat" für Apple Arcade sowie eine Konsolenversion der höllenschweren Arcade-Variante "Tetris The Grand Master" (Für Kopfschmerzen hier klicken).

"Tetris Effect" in Aktion: "Großmutter, warum hast Du so viele Partikel?" – "Damit ich Dich besser blenden kann!"

(Bild: Tetris Holding, Enhance)

Egal, wie das ursprüngliche Konzept erweitert wird: Im Kern bleibt Tetris immer gleich. Klötzchen drehen, Löcher füllen, Reihen leeren, Ruhe bewahren. Die Routine hat etwas Hypnotisierendes an sich, der Game-Over-Bildschirm lädt direkt zum nächsten Versuch ein. Bis einen die Tetrominos in die Träume begleiten.

Und ja, trotz aller Frustmomente ist Paschitnows Grundgedanke nicht zu übersehen: Tetris ist ein Spiel, das Gedankenmuster und Persönlichkeitsstrukturen offenlegt. Einige Tetris-Spieler bauen strategisch geschickt, aber risikobereit hohe Türme auf und warten auf I-Stücke, um große Punkte abzuräumen. Andere versuchen, ihr Steinkonvolut möglichst niedrig zu halten und nehmen niedrige Punktzeilen für längere Spielzeit in Kauf.

Einige resignieren, wenn sich zu viele Löcher bilden, und gucken erstarrt zu, wie sich die Klötzchen bis zur Katastrophe aufeinander türmen. Andere versuchen bis zuletzt, rettende Reihen zu bilden und das Ruder herumzureißen. Für Normalsterbliche siegt am Ende stets der Tetromino-Hagel. Gefolgt von der Entscheidung: Aufgeben oder noch ein Spielchen? … Okay, eins noch.

P.S.: Dieser Artikel wäre einen Tag früher fertig geworden, wenn der Autor im Zuge der Recherche nicht mit leiser Verachtung die offizielle Browser-Version angespielt hätte, um dann an der Game-Boy-Version hängenzubleiben und sich schließlich an einer Emulation des Ur-Tetris festzubeißen. Immerhin ist der Autor damit in guter Gesellschaft: In einem Interview zum 30. Jahrestag gab Tetris-Erfinder Paschitnow zu, die Fertigstellung seines Spiels seinerzeit in die Länge gezogen zu haben, weil er lieber weiterspielen wollte.

Game Over: Versuch's noch mal … und noch mal … nur einmal noch.

(Bild: Nintendo)

(are)