50 Jahre Atari: Pong – und sonst?

Seite 6: Atari Flashback

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Seinen Wurzeln bleibt Atari allerdings treu – eine freundliche Umschreibung dafür, dass die 40 Jahre alten Spiele immer wieder in neue Gewänder gesteckt und verkauft werden. Am besten gelingt es mit der Flashback-Familie. 2004 erscheint das erste Modell, eine preiswerte Mini-Konsole mit 20 eingebauten Spielen. Optisch dem Atari 7800 nachempfunden, obwohl nur fünf der Spiele für das 7800 sind. Sie enttäuscht, da sie keine Emulationen auf der Basis der originalen Hardware ist, sondern schlechte Nachprogrammierungen bieten. Mit der zweiten Version beseitigt Atari viele der Ärgernisse. Sie ist weitestgehend kompatibel zu den Original-ROMs, preiswerter und enthält 40 Spiele. Und auch die originalen Controller können angeschlossen werden. Im Laufe der Jahre kommen immer mehr Flashback-Geräte, auch tragbare.

2017 kündigt Atari überraschend eine neue Konsole an. Eine etwas seltsame Kombination aus Flashback und Multimedia-PC. VCS soll sie heißen, wie das erste Modell von 1977. Finanziert wird sie zum Teil durch Crowdfunding. Nach mehrfachen Verschiebungen wird die Konsole im Dezember 2020 tatsächlich an Vorbesteller verschickt und ist mittlerweile regulär erhältlich.

Atari Flashback im Betrieb

(Bild: René Meyer)

Gleichzeitig kündigt das Label AtariXP zunächst drei Spiele für die originale VCS-Konsole auf Steckmodul an, die damals nicht oder nur in kleiner Auflage auf den Markt gekommen sind, aber bereits als Teil der Flashback-Veröffentlichungen zu haben sind: "Saboteur", das der "E.T."-Programmierer Howard Scott Warshaw 1983 entwickelt, aber das damals nicht veröffentlicht wird. "Yar's Return", das als Nachfolger von "Yar's Revenge" ebenfalls zunächst Warshaw zugeschrieben wird – bis Atari herausfindet, dass es sich um ein Homebrew-Spiel handelt. Und "Aquaventure", von dem Atari im März 2022 öffentlichkeitswirksam den Entwickler sucht.

Kaum eine Branche ist so unberechenbar wie digitale Spiele. Studios kommen und gehen, werden geschluckt, verschwinden. Die Pioniere der Siebziger- und Achtzigerjahre, die sich immer noch behaupten, kann man an einer Hand aufzählen. Viele Namen sind vergessen: Infocom, Microprose, Ocean, Spectrum Holobyte. Von vielen anderen gibt es nur noch den Markennamen, eine leere Hülle, wie Commodore oder Origin. Auch Atari wird immer wieder totgesagt und taucht trotzdem immer wieder auf. Vielleicht, weil der Name noch immer so strahlt. Vielleicht, weil man beim Spielen von "Pong" spürt, dass hier die Anfänge des Videospiels liegen. Und natürlich, weil Atari im Gegensatz zu Commodore für Inhalte steht, für Software, die noch heute unterhält.

Dass sich die Spiele von Atari seit ihren Klassikern nie weiterentwickelt haben, ist Fluch und Segen zugleich. Nintendo kann "Super Mario" und "Zelda" immer wieder neu erfinden. Doch die simplen Atari-Spiele Spiele sind so klar, dass Nachfolger (und Klone) keine Verbesserung sind. Man braucht kein "Pac-Man" oder "Breakout" oder "Pong" in 3D. Die Originale machen heute genauso viel Spaß wie früher.

(dahe)