Abgasnorm: Was Euro 7 und Euro 6e für neue Autos bedeuten

Autos mit Verbrenner haben mit der Abgasnorm Euro 7 eine große Herausforderung vor sich. Zuvor wird noch die Euro 6e eingeführt. Was bedeutet das für Neuwagen?

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VW Golf 8

Mit der Abgasnorm Euro 7 müssen Pkw mit Verbrennungsmotor wahrscheinlich in der Kaltstartphase nochmals besser werden. Sie tritt frühestens 2027 in Kraft. Aus diesem Grund gibt es noch einen Zwischenschritt: Die Euro 6e.

(Bild: VW)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

(This article is also available in English)

Am 12. Oktober 2022 veröffentlicht die Europäische Kommission den Vorschlag zur Ausgestaltung der Abgasnorm Euro 7. Vielleicht ist das die letzte Vorgabe zur Begrenzung der Emissionen von Verbrennungsmotoren: Ab 2035 dürfen keine neuen Pkw mehr neu zugelassen werden, die Kohlendioxid ausstoßen. Bei der Euro 7 geht es wie zuvor aber vorwiegend um die Limits für Stickoxide und Partikel. Weil frühestens 2027 mit einer Scharfschaltung zu rechnen ist, wird es einen Zwischenschritt geben: Auf die aktuelle Abgasnorm Euro 6d folgt noch die Euro 6e.

Die Verhandlungskreise sind schweigsam. Bekannt ist bislang: Die CO₂-Emissionen, die für die Flottengrenzwerte relevant sind, die Stickoxidemissionen (NOx) und jene für Partikelmasse (PM) sowie Partikelzahl (PN) werden im Fahrzyklus WLTP erhoben, also auf dem Laborprüfstand. Zusätzlich, und auch das ist nicht neu, müssen die Abgasgrenzwerte im Straßentest eingehalten werden.

Der Straßentest – abgekürzt RDE für Real Driving Emissions – wird für Euro 7 überarbeitet. Statt einen Grenzwert in Milligramm pro Kilometer (mg/km) zu definieren, gibt es ein Emissionsbudget für eine Strecke von 16 Kilometern. Konkret: In einem strengen Szenario dürfen insgesamt 320 mg NOx ausgestoßen werden. Das entspricht 20 mg/km. In einem anderen Szenario werden 480 mg diskutiert, was rechnerisch 30 mg/km sind. Eine Entscheidung ist noch nicht öffentlich.

Klar ist dagegen, wo die Herausforderung für Dieselmotoren und Benzinern liegt: In der Kaltstartphase. Dieselmotoren haben derzeit oft zwei SCR-Katalysatoren (für Selektive Katalytische Reaktion) mit Harnstoffeinspritzung, um Stickoxide unschädlich zu machen. Einen kleineren, der sich schneller erwärmt, und einen größeren für die lange Fahrt. Es könnte in Zukunft zusätzlich notwendig sein, den oder die SCR-Katalysatoren elektrisch vorzuheizen – mit Folgekosten bei Batterie und Lichtmaschine. Diesel-Pkw im Premiumsegment haben häufig ein 48-Volt-Mildhybridsystem; hier ist die Basis für einen Zuheizer schon vorhanden.

Dieselmotoren haben inzwischen meistens zwei SCR-Katalysatoren. Eine Harnstoffeinspritzung sitzt nah am Motor, um das Kaltstartverhalten zu verbessern. Der zweite, größere SCR-Katalysator ist nachgeschaltet. Möglicherweise wird durch die Euro 7 ein elektrischer Zuheizer erforderlich, der beim Kaltstart dafür sorgt, dass die notwendige Betriebstemperatur schneller erreicht wird.

(Bild: VW)

Benziner emittieren wegen der meistens vorhandenen Direkteinspritzung Partikel. Ein Filter ist inzwischen selbstverständlich. Allerdings muss dieser Teil der Abgasnachbehandlung etwas leistungsfähiger werden, was wiederum Geld kostet.

"Ein Kleinwagen mit Benzinmotor könnte mit Mehrkosten von 150 Euro drastische Emissionsverbesserungen erzielen", sagt Felipe Rodriguez vom International Council on Clean Transportation (ICCT). Er ist zuversichtlich, dass "die letzte Generation von Verbrennungsmotoren mit wenig Geld deutlich sauberer" gemacht werden kann. Die Abgasnorm Euro 7, so der ICCT, könne den vorzeitigen Tod von 35.000 Menschen vermeiden.

Für Benziner – hier der gerade vorgestellte VW 1.5 TSI evo2 – werden die Limits für die Partikel sinken. Der Filter muss also nochmals besser werden. Die Kosten hierfür gelten als gering.

(Bild: VW)

Die nominalen Grenzwerte für Stickoxide und Partikel sind auf dem Papier seit dem Typprüfungsdatum 1. September 2014 nahezu unverändert. Aber die Bedingungen, unter denen diese Limits eingehalten werden müssen, wurden drastisch verschärft. So dürfen Autos mit Benziner maximal 60 mg Stickoxide pro Kilometer hinauslassen. Bei Autos mit Dieselmotor sind es 80 mg. Inzwischen müssen diese Werte auch im realen Straßentest RDE eingehalten werden. Hier gibt es bei der heute gültigen Euro 6d eine gesetzlich zugelassene Toleranz: Den sogenannten Conformity Factor (CF). Er beträgt zurzeit 1,43. Faktisch dürfen Pkw den Laborgrenzwert also um diese Größenordnung überschreiten.

Das ist der Punkt, an dem die Abgasnorm Euro 6e ansetzt. Die gilt für die Typprüfung ab dem 1. September 2023 und ein Jahr später für alle neu zugelassenen Pkw. Der Conformity Factor wird ersetzt durch die PEMS error margin, übersetzt eine Fehlertoleranz bei den mobilen Messystemen im Straßentest. PEMS steht für Portable Emissions Measurement System.

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Diese PEMS error margin ist in Wirklichkeit nichts anderes als eine Umbenennung des Conformity Factors. Für Stickoxide tritt eine Fehlertoleranz von 0,1 in Kraft. Das ist wie ein Conformity Factor von 1,1 statt der zurzeit gültigen 1,43. Bei der Partikelzahl PN ist die Fehlertoleranz 0,34, was einem Conformity Factor von 1,34 entspricht und somit einer Verschärfung gegenüber den zurzeit gültigen 1,5 für die Partikelzahl.

Verbrennungsmotoren mit Wasserstoff als Kraftstoff könnten auch nach 2035 noch zulassungsfähig sein, weil sie kein Kohlendioxid ausstoßen. Allerdings emittieren sie Stickoxide. Toyota testet solche Motoren derzeit im Rallye-Einsatz. Das Problem dürften weniger die Abgasgrenzwerte als vielmehr das Packaging sein – bitte beachten Sie, dass die hinteren Seitenfenster abgedeckt sind.

(Bild: Toyota)

Ab dem Typprüfungsdatum 1. Januar 2025 und ein Jahr später für alle neu zugelassenen Pkw wird die Euro 6e nochmals überarbeitet: Wahrscheinlich wird die Norm-Temperatur verändert, bei der die Straßentests gefahren werden. Die Abgasnachbehandlung muss dann in einem größeren Temperaturfenster die Grenzwerte einhalten als in der ersten Fassung der Euro 6e.

Während die Euro 6e beschlossen ist, wird über die Euro 7 noch debattiert. Der Kommissionsvorschlag ist mit dem Veröffentlichungsdatum am 12. Oktober 2022 keineswegs verabschiedet; danach geht es in die Verhandlungen. So viel lässt sich nach heutiger Einschätzung spekulieren: Zwar werden Pkw mit Verbrennungsmotor marginal teurer. Das Aus droht Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor aber erst über die Reduktion der CO₂-Emissionen auf null im Jahr 2035.

(mfz)