Apple kontra Smartphone-Sucht

Wir verwenden unsere Handys heute viel häufiger als früher. Ein Update für das iPhone soll den Trend umkehren.

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Apple kontra Smartphone-Sucht

(Bild: Apple)

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Es kommt nicht oft vor, dass Unternehmen ihre Kunden dazu bringen wollen, ihre Produkte seltener zu verwenden. Beim nächsten Smartphone-Betriebssystem iOS 12, das vermutlich im September erscheint, will Apple aber genau dies versuchen.

So erfasst das iPhone künftig minutengenau, welche Apps der Nutzer wie lange verwendet, und erstellt daraus eine Statistik, um ihn zu mehr "Digital Wellness" anzuhalten. Reicht das nicht, können User über die Funktion "Screentime" eine automatische Warnung nach einer bestimmten Nutzungsdauer einstellen. Die Warnung lässt sich allerdings ignorieren beziehungsweise übergehen.

Bitte nicht stören: Das iPhone soll den Nutzer in der Nacht schlafen lassen.

(Bild: Apple)

Googles Betriebssystem Android soll bald ähnliche Funktionen erhalten. Allerdings widerspricht dieser Ansatz dem Geschäftsmodell des Suchmaschinenkonzerns stärker als dem von Apple: Google lebt von eingeblendeter Werbung – und der zu deren Anzeige notwendigen Nutzungszeit, die daher so lange sein sollte wie möglich. Dagegen verdient Apple vor allem am Geräteverkauf.

Das Thema "Digital Wellness" hat mittlerweile die psychologische Forschung ebenso erfasst wie die Netzfirmen und die Soft- und Hardwarehersteller. Es gilt allgemein als ausgemacht, dass wir heute unsere Internetgeräte zu lange und zu intensiv nutzen und dies in immer mehr Fällen schon fast Suchtcharakter hat. Entwickler im Silicon Valley räumten bereits ein, dass es ihnen bislang nur um das maximale "Engagement" ging, ohne die möglichen sozialen Auswirkungen zu beachten.

Eltern können ihrem Nachwuchs Zeitvorgaben machen – etwa zum Spielen.

(Bild: Apple)

Mark Zuckerberg, Chef von Facebook, betonte in diesem Jahr, man wolle die Nutzung des sozialen Netzwerkes nicht mehr nur als reinen Zeitvertreib verstanden wissen, sondern als Methode, "bedeutungsvolle Verbindungen zwischen den Menschen" aufzubauen. Entsprechend wertet der Konzern reine, nicht interaktive Nachrichtengeschichten mittlerweile in seinem Newsstrom ab, solche Stories, die viel Nutzerfeedback haben, werden hingegen nach oben gespült. Gleichzeitig soll künftig gelten, dass Freunde vor professionellen Inhalten angezeigt werden – es sei denn, es handelt sich um bezahlte Posts.

Auf Apple lastet schon seit längerem großer Druck, mehr für die "Digital Wellness" zu tun. So forderten Aktionärsgruppen Anti-Sucht-Techniken für iPhone und iPad. Mit iOS 12 werden einige davon umgesetzt, wobei es vor allem darum geht, beim Nutzer Selbsterkenntnis für sein eigenes (Fehl-)Verhalten zu wecken, indem konkret aufgeführt wird, wo(mit) er seine Zeit möglicherweise verschwendet.

Das iPhone sammelt Daten, wie lange welche Dienste verwendet werden.

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Das grundlegende Problem der digitalen Technik werden Initiativen wie die von Apple oder Google jedoch kaum lösen können – Smartphones geben dem Gehirn durch ihre Pieperei, neue Nachrichten und Push-Botschaften den ganzen Tag über kleine Dopamin-Kicks. Hat man sich an die mal gewöhnt, kommt man kaum von ihnen weg. Apple hat nicht umsonst über eine Milliarde iPhones an Frau und Mann gebracht.

(bsc)