Aufbruch in die dritte Dimension

Der 3D-Film "Avatar" war ein Riesenerfolg für Hollywood, nun setzen auch TV-Sender und Hersteller von Fernsehern auf räumliche Bewegtbilder. Kann die Technologie halten, was sie verspricht?

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Von
  • Holger Dambeck
Inhaltsverzeichnis

Der 3D-Film "Avatar" war ein Riesenerfolg für Hollywood, nun setzen auch TV-Sender und Hersteller von Fernsehern auf räumliche Bewegtbilder. Kann die Technologie halten, was sie verspricht?

Die Szenerie erinnert an ein Kirmesspektakel: Im achten Stock des Berliner Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) haben Wissenschaftler all das aufgebaut, was sie brauchen, um das menschliche Auge zu überlisten. Denn die perfekte optische Täuschung ist das Ziel von Ulrich Leiner, der im Fraunhofer-Institut die Abteilung Interaktive Medien leitet. Dazu bringt sein Team kleine Linsen oder feine Gitter auf handelsüblichen Computermonitoren an und lassen so das linke und das rechte Auge verschiedene Bilder sehen, obwohl beide Augen ein und denselben Bildschirm ins Visier nehmen.

Das im räumlichen Sehen geübte Gehirn konstruiert daraus ein drei-dimensionales Objekt, das im Raum zu schweben scheint. Die Wissenschaftler bezeichnen solche Monitore als "autostereoskopisch", da der Betrachter keine Brille mit gefärbten Gläsern oder speziellen Folien aufsetzen muss, um den 3D-Effekt zu erzielen. "Wir sagen: Der Monitor kriegt die Brille aufgesetzt", erklärt Leiner das Prinzip dahinter.

Jahrelang galten diese Monitore als ein Nischenprodukt – allenfalls zu gebrauchen als Eyecatcher auf Flughäfen oder Messen. Niedrige Auflösungen und eingeschränkte Blickwinkel machten den Forschern zu schaffen. Doch nun gewinnen sie und weitere Technologien für 3D-Darstellungen so sehr an Fahrt, dass sich selbst die Fraunhofer-Forscher im HHI verwundert die Augen reiben. In 3D produzierte Kinofilme wie "Avatar – Aufbruch nach Pandora" haben Millionen Zuschauer angelockt. Der Streifen von James Cameron über die blauhäutige Bevölkerung von Pandora gilt bereits als einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten und wurde unlängst mit drei Oscars ausgezeichnet.

Dabei war "Avatar" erst der Anfang: Die plötzlich wieder proppevollen Kinosäle haben die seit Jahren kriselnde Branche elektrisiert. Das in Deutschland gerade angelaufene 3D-Spektakel "Alice im Wunderland" hat in Nordamerika schon 116,3 Millionen US-Dollar eingespielt. Kein Wunder also, dass diverse Studios versuchen, bereits gezeigte Produktionen mit 3D aufzupeppen. Und George Lucas denkt darüber nach, seine "Star-Trek"-Trilogie nochmals abzudrehen – nur eben diesmal mit Stereokameras.

Auch die TV-Branche wittert das große Geschäft. Den ersten europäischen 3D-Kanal will der britische Bezahlsender BSkyB bereits im April starten, geplant sind unter anderem Live-Übertragungen von Fußballspielen aus der englischen Premier League. Erste Testvorführungen in einer Handvoll englischer Kneipen begeisterten die Zuschauer. Sky Deutschland zeigte Mitte März das Duell zwischen Bayer Leverkusen und dem Hamburger SV einem ausgewählten Zuschauerkreis in 3D. Von der anstehenden Fußball-WM in Südafrika will der japanische Elektronikkonzern Sony sogar einen 3D-Film drehen. Laut Aussage von Sony und Co. sollen die dafür tauglichen Fernseher ab Frühjahr 2010 in den Geschäften stehen. Der technische Standard für die Produktion von 3D-Filmen in der DVD-Nachfolge-Norm Blu-ray wurde bereits Ende 2009 vom entsprechenden Gremium, der Blu-ray Disc Association, beschlossen.

Auch Kinoketten sind daran interessiert, die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft in ihren Sälen mit 3D-Technik zu zeigen. "Die Zeit ist reif dafür", erklärt Sebastian Reichert, technischer Leiter bei der Kinokette Cinemaxx. Denn die Lichtspielhäuser haben in den vergangenen Monaten viel Geld in die räumliche Darstellung investiert. Allein Sony hat weltweit nach eigenen Angaben 1200 Säle mit 3D-fähigen Digitalprojektoren ausgerüstet, deren Stückpreis bei 90.000 Euro beginnt.