Aufbruch in die dritte Dimension

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Im Prinzip könnten 3D-Fernseher auch mit polarisiertem Licht arbeiten – die Brillen dafür sind spottbillig. Doch bislang gehen nur wenige Hersteller diesen Weg – und meist auch nur bei ihren Prototypen. Denn in der Regel halbiert sich bei diesen Geräten die Auflösung, weil gerad- und ungeradzahlige Bildzeilen unterschiedlich polarisiertes Licht aussenden. Den dadurch bedingten Qualitätsverlust wollen viele Hersteller nicht riskieren.

So werden Shutterbrillen wohl die Einstiegstechnik in das 3D-Fernsehen bilden. Die Frage ist jedoch, ob sie dreidimensionales Fernsehen wirklich so attraktiv machen, dass sich genügend Konsumenten dafür entscheiden. Einige haben sich gerade erst einen HD-Fernseher gekauft, da trommeln die Hersteller schon kräftig für die nächste Gerätegeneration "3D ready". Dabei ist zumindest in Deutschland noch nicht einmal das HD-Fernsehen richtig angekommen.

"Was wir derzeit erleben, ist eine Art Testballon", sagt René de la Barré, der mit Leiner zusammen am HHI an autostereoskopischen Monitoren forscht. Er ist überzeugt, dass 3D-Brillen mittelfristig nur eine Übergangstechnik sind. "Wenn 3D durchstartet, dann wird die nächste Frage sein: Wie kommen wir von der Brille weg hin zur Autostereoskopie?" Das sagen auch Fernsehgeräte-Hersteller, die jetzt erst mal auf Shutterbrillen setzen.

"Das langfristige Ziel wird sein: 3D ohne Brille", meint ein TV-Experte von Sony. Wie lang der Weg bis zu solchen Fernsehern noch ist, kann freilich niemand sagen. Obwohl die entsprechenden Prototypen schon seit Jahren existieren, stufen die Marktforscher von Pricewaterhouse Coopers autostereoskopische Displays derzeit noch als "experimentell" ein. Autostereoskopische Displays müssen ebenfalls an das rechte und das linke Auge unterschiedliche Bilder liefern. Das Kunststück gelingt hier mit Tausenden von kleinen Linsen, die über den Pixeln liegen. Diese sogenannten "lentikularen Displays" funktionieren ganz ähnlich wie Wackelbilder

Das Licht einer Pixelreihe wird von den Linsen Richtung linkes Auge gelenkt, das Licht einer anderen Pixelreihe Richtung rechtes Auge. Damit jedoch die jeweilige Pixelreihe auf das richtige Auge abgebildet wird und sich so der gewünschte dreidimensionale Effekt einstellt, muss klar sein, wo sich gerade die Augen des Betrachters befinden. Daher übernimmt eine kleine Kamera, die in den Monitor integriert ist, das Verfolgen der Augen. So kann sich der Zuschauer auch vor dem Bildschirm bewegen, ohne den 3D-Effekt zu verlieren – allerdings nicht zu schnell.

Die zweite Technologie für Autostereoskopie nennt Fraunhofer-Forscher Ulrich Leiner "die Methode Lattenzaun". Ein feines Raster über der Anzeige aus Flüssigkeitskristall erlaubt jedem Auge nur den Blick auf einen Teil der Pixel. Weil jedes Auge verschiedene Pixel zu sehen bekommt, werden verschiedene Bilder an die Augen geliefert. Auch hier können kleine Kameras das Gesicht des Beobachters überwachen, um ein für ihn optimales Bild darzustellen. Ohne das sogenannte Tracking muss der Betrachter starr an einem ganz bestimmten Punkt vor dem Gerät sitzen.

Der Aufwand lohnt sich, denn die Qualität solcher 3D-Monitore ist durchaus beeindruckend, wie die räumliche Darstellung einer Molekül-Grafik im Vorführraum des HHI beweist. Dennoch sind diese Prototypen von einer industriellen Massenproduktion weit entfernt. Hauptmanko ist die niedrige Auflösung, die bei der Darstellung von computergenerierten Objekten nicht so auffällt. Denn von den 1920 mal 1080 Pixeln einer verbauten HD-Anzeige sehen das linke und das rechte Auge jeweils höchstens die Hälfte, weil der Bildschirm ja verschiedene Bilder für die beiden Augen produziert. Bildschirme mit höherer Auflösung könnten nach Meinung der Fraunhofer-Forscher dieses Manko ausgleichen.

Doch nicht nur die Darstellungsgüte wird über den Erfolg von 3D in Kinosälen und Wohnzimmern entscheiden, sondern auch das Handwerk, mit dem die Inhalte geschaffen wurden. "Bei 3D gibt's eine Reihe von Tücken", erklärt Fraunhofer-Forscher Leiner. Auch Alaric Hamacher, der mit seiner Münchner Firma Virtual Experience schon seit Jahren in 3D dreht und produ-ziert, kennt die Fallstricke: "Es kann beispielsweise zu widersprüchlichen Informationen kommen, wenn man Objekte anschneidet." Solche Bildteile könne man leicht versehentlich vor dem Bildschirm positionieren, als würden sie im Raum davor schweben. "Das Gehirn sagt aber zugleich: Verdecktes befindet sich hinter dem Bildschirm." Dieser Widerspruch irritiere den Zuschauer.