Britische Forscher wollen Hunde auf Erkennung von Covid-19 trainieren
Mit ihrem feinen Geruchssinn können Hunde nicht nur Leckereien erschnüffeln, sondern auch Krankheiten. Bald könnten sie als Coronavirus-Kontrolleure dienen.
- Sascha Mattke
Der beste Freund des Menschen kann auch noch ziemlich nützlich sein: Dank ihres feinen Geruchssinns sind Hunde in der Lage, verschiedenste Gerüche aufzuspüren, die Menschen zum Teil nicht einmal wahrnehmen. Von dieser Fähigkeit wird schon lange bei der Drogen-Fahndung Gebrauch gemacht, zunehmend aber auch in der Medizin – so können Hunde verschiedene Krebsarten mittlerweile ebenso mit der Nase identifizieren wie Malaria-Infektionen. Und britische Forscher wollen die Tiere jetzt darauf trainieren, schnell und effizient auch das neuartige Coronavirus zu erkennen, das die Welt in eine Krise gestürzt hat.
"Hunde könnten sich dem Kampf gegen Covid-19 anschließen", meldete Ende März die London School of Hygiene and Tropical Medicine (LSHTM). Zusammen mit der Organisation Medical Dogs und der Durham University seien ihre Forscher der Meinung, dass Hunde dazu beitragen könnten, in großem Maßstab Tests auf das Virus vorzunehmen. Die Vorbereitungen für das Training der Tiere hätten schon begonnen, und in sechs Wochen könnten sie bereit für Praxis-Einsätze sein.
Atemwegserkrankungen wie Covid-19 mit speziellem Geruch
Ihre Zuversicht beziehen die LSHTM-Forscher aus früheren Studien: "Unsere bisherige Arbeit hat gezeigt, dass Hunde mit extrem hoher Genauigkeit Gerüche von Menschen mit einer Malaria-Infektion erkennen können", zitiert die Universität Professor James Logan, den Leiter der Abteilung für Seuchenbekämpfung. Die Erkennungsrate liege sogar über den Diagnose-Standards der Weltgesundheitsorganisation.
Bekannt ist, wie Logan Technology Review online auf Anfrage erklärte, dass auch andere Atemwegserkrankungen einen spezifischen Geruch haben. Auch für Covid-19 sei das deshalb wahrscheinlich, was aber jetzt erst einmal überprüft werden müsse. Wenn das geklärt ist, werden die Hunde – laut Logan stehen sechs davon schon bereit – mit diesem Geruch konfrontiert. Dabei sollen sie keinen direkten Kontakt mit dem Virus oder seinen Trägern bekommen, sondern nur mit Kleidung, in der es konzentriert ist. Die Schule verfüge bereits über eine Methode, den Erreger zu deaktivieren, um einen sicheren Umgang mit den Proben zu gewährleisten.
Testmethoden aller Art spielen eine bedeutende Rolle für den Umgang mit der Pandemie, die seit März die westliche Welt in großen Teilen lahmgelegt hat. Zum einen lässt sich damit sicher herausfinden, welcher Erkrankte tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert ist, zum anderen bieten Massentest die Chance, mehr über Ansteckungs- und Sterblichkeitsraten zu erfahren. Auch bei klassisch-chemischen (und gentechnischen) Corona-Tests sind Aktivität und Bedarf deshalb derzeit hoch.
Hunde aber könnten eine wichtige Ergänzung sein, hoffen Logan und seine Mitstreiter. Schon heute würden die Tiere in vielen Ländern der Welt für unterschiedliche medizinische Diagnosen eingesetzt, wofür sowohl ihr Geruchssinn eine Rolle spielt als auch ihre Lernfähigkeit und -bereitschaft, sagt der Professor.
Hunde werden auf Covid-19-Geruch abgerichtet
Sobald geklärt sei, ob Covid-19 wie erwartet für einen spezifischen Geruch sorgt (die Tiere riechen nicht das Coronavirus oder andere Erreger selbst, sondern durch sie ausgelöste Veränderungen), könne die Trainingsphase beginnen, berichtet Logan weiter. Wie bei Drogen werden die Hunde mit Üben und Verstärken durch Belohnungen auf den gesuchten Duft abgerichtet. Dies werde wohl nicht mehr als vier bis sechs Wochen in Anspruch nehmen, sagt Logan – und dann seien die Corona-Suchhunde im Prinzip schon bereit für den Praxiseinsatz.
Dabei wird es auf die Korrektheit der Hunde-Signale ankommen. Über die Rate der falschen Positiv- oder Negativ-Meldungen könne er noch nichts sagen, berichtet Logan. Sie spiele aber eine wichtige Rolle und werde beachtet. Bei einer Studie Ende 2018 etwa erkannten Hunde der jetzt ebenfalls beteiligten Organisation Medical Detection anhand von getragenen Nylonsocken nur etwa 70 Prozent der vorhandenen Malaria-Infektionen bei Kindern aus Gambia; zu immerhin 90 Prozent gaben sie aber keinen falschen Alarm.
Vor diesem Hintergrund hat Logan eher Massen-Screenings im Sinn als hochpräzise Tests für einzelne Patienten. Er gehe aber davon aus, dass die Duft-Erkennung vor allem in späteren Phasen einen Beitrag zur besseren Handhabung der Corona-Pandemie leisten werde. Ein einziger Hund könne pro Stunde 250 Personen überprüfen, was die Methode insbesondere an wichtigen Zugangspunkten in ein Land oder an großen öffentlichen Orten effizient mache. Und sie funktioniert kontaktlos und im Zweifelsfall auch ohne Mitwirkung der Betroffenen.
Dass die Anwesenheit der Kontroll-Tiere Menschen verängstigen könnte, fürchtet Logan nach eigenem Bekunden nicht: "Hunde sind heutzutage an Flughäfen ganz normal, also dürfte das kein großes Problem sein."
(sma)