Corona und die Sorgen der Autoindustrie

Nach Finanzkrise und Abgasbetrug steht die Autoindustrie jetzt vor ihrem nächsten Härtetest: Covid-19 lässt keine Produktion zu, die Nachfrage sinkt massiv.

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Corona und die Sorgen der Autoindustrie

Im Moment sind fast alle Bänder angehalten. Der Schaden ist noch schlecht abschätzbar.

(Bild: Opel)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Esch
  • Jan Petermann
  • Andreas Hoenig
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Die Autohersteller sind von der Corona-Krise bereits schwer getroffen. Viele Fabriken bleiben vorübergehend geschlossen, im März brachen die Absätze nach dem Marktabsturz in China nun auch in Deutschland ein. Um 38 Prozent gingen die Neuzulassungen im abgelaufenen Monat zurück, wie der Branchenverband VDA meldete. Das war der höchste Rückgang seit der Wiedervereinigung. Gleichzeitig produzierten die Hersteller 37 Prozent weniger Autos. Doch die große Phase der Unsicherheit dürfte für die deutsche Schlüsselindustrie jetzt erst richtig beginnen.

Über 800.000 Menschen arbeiten bundesweit bei Autobauern und Zulieferern. Weltweit stehen die meisten Werke still – Infektionsrisiken konnten teils nicht ausreichend verringert, wichtige Teile nicht mehr beschafft werden. Lieferketten sind gekappt, Beschäftigte warten auf die Rückkehr an den Arbeitsplatz. Viele Firmen haben ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt oder versuchen, den Nachfrageeinbruch durch Urlaubsausgleich und Nutzung der Arbeitszeitkonten abzufedern.

"Wir stehen vor einer Herausforderung in bisher nie gekanntem Ausmaß", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Wie lange die Krise anhält, ist unklar. Der Branchenexperte Stefan Bratzel erwartet, dass der globale Automarkt in diesem Jahr um 17 und in Europa um 21 Prozent absacken könnte – ein noch relativ optimistisches Szenario, das von Beschränkungen des öffentlichen Lebens auf höchstens acht Wochen ausgeht. Es werde "erhebliche Verwerfungen" geben.

Volkswagen hat die Produktionsunterbrechung in allen deutschen Werken gerade bis zum 19. April verlängert, 80.000 Menschen sind in Kurzarbeit. In vielen weiteren europäischen Fabriken sowie in Amerika und Russland ruht der Betrieb ebenfalls. Laut Konzernchef Herbert Diess verliert VW im "Shutdown" pro Woche bis zu zwei Milliarden Euro an Liquidität: "Wir machen keinen Absatz, wir machen keinen Umsatz außerhalb Chinas." Die Finanzsparte legte neue Anleihen im Volumen von 2,15 Milliarden Euro auf. Markenfinanzchef Alexander Seitz betonte: "Die Corona-Krise ist beispiellos und wird ohne Zweifel Einfluss auf die Geschäftsentwicklung haben."

Die Tochter Audi fuhr ihre Werke in Europa und Mexiko herunter, dem Betriebsrat zufolge stehen die Bänder "voraussichtlich für längere Zeit" still. Porsche geht am Montag in die dritte Schließungswoche, am Stammsitz in Stuttgart-Zuffenhausen und in Leipzig ist Kurzarbeit angesagt. Vorstandschef Oliver Blume "fährt auf Sicht". Für das erste Quartal rechnet er mit einem Absatzrückgang um etwa zehn Prozent.