Covid-19: Impfstoffkandidaten zeigen vielversprechende Wirkung

Corona-Impfstoffe aus Großbritannien, China und Deutschland erwiesen sich in ersten Studien als sicher und lösten eine starke Immunantwort aus.

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Covid-19: Impfstoffkandidaten zeigen vielversprechende Wirkung

(Bild: Photo by National Cancer Institute on Unsplash)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Charlotte Jee
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Ein von der Universität Oxford und AstraZeneca entwickelter Impfstoff gegen das neue Coronavirus hat in einer kombinierten Phase-1/2-Studie erste vielversprechende Ergebnisse gezeigt. Wie die Autoren im Fachjournal The Lancet schreiben, produzierte das Immunsystem der Probanden sowohl Antikörper gegen das Spike-Protein des Virus, als auch T-Zellen genannte Immunzellen. Dabei traten nur relativ milde Nebenwirkungen auf.

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An den Studien nahmen dem Bericht zufolge insgesamt 1077 gesunde Erwachsenen teil, die nachweislich noch keine Covid-19-Erkrankung durchgemacht hatten. 543 von ihnen erhielten den Covid-19-Impfstoff "ChAdOx1 nCoV-19", während 534 Probanden als Kontrollgruppe einen Meningitis-Impfstoff verabreicht bekamen. Die Versuche waren randomisiert und einseitig verblindet. Probanden wurden also zufällig einer Gruppe zugeteilt, wussten aber – im Gegensatz zu den Ärzten – nicht, welche das ist.

In der Gruppe für den Phase-1-Arm der Studie wurde die Sicherheit eines Impfstoffes getestet, in den Gruppen für Phase 2 die Wirksamkeit und die optimale Dosis ermittelt. Die Antikörperantworten erreichten am 28. Tag ihren Höhepunkt und blieben bis zum 56. und letzten Studientag der Studie hoch. Eine Untergruppe mit zehn Teilnehmern, die nach 28 Tage eine zweite Dosis erhalten hatte, zeigte eine noch stärkere Antikörperantwort.

Der Covid-19-Impfstoff führte bereits am 7. Tag zu einem deutlichen Anstieg der T-Zell-Reaktionen. Diese waren auch am letzten Testtag noch vorhanden. T-Zellen gehören zu den weißen Blutkörperchen, die eindringende Viren erkennen und angreifen. Das Hervorrufen einer starken T-Zell-Antwort könnte wichtig sein, weil sich die Hinweise darauf mehren, dass das für eine dauerhafte Immunität gegen SARS-CoV-2 entscheidend sein könnte.

Der Impfstoff verursachte bei 70 Prozent der Probanden geringfügige Nebenwirkungen. Am häufigsten traten Müdigkeit und Kopfschmerzen auf, die jedoch mit Paracetamol behandelt werden konnten, schreiben die Autoren. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

Auch für den Covid-19-Impfstoff von CanSino Biologics in Wuhan gibt es neue Testergebnisse, die im Fachjournal "The Lancet" veröffentlicht wurden. In der randomisierten und doppelt verblindeten Phase-2-Studie mit 508 gesunden Erwachsenen entwickelten mehr als 96 Prozent der Teilnehmer Antikörper gegen das Spike-Protein des Virus, während über 90 Prozent auch T-Zell-Antworten zeigten.

Obwohl diese Ergebnisse vielversprechend sind, ist es noch zu früh zu wissen, ob einer der Impfstoffe einen ausreichenden Schutz vor Infektionen bietet oder wie lange der Schutz anhalten würde.

In Großbritannien sind bereits weitere Versuche mit dem Oxford-Impfstoff angelaufen, an denen mehr als 10.000 Menschen beteiligt sind. Diese Studie rekrutiert derzeit weitere 30.000 Menschen in den USA, 5000 in Brasilien und 2000 in Südafrika. Großbritannien hat bereits 100 Millionen Dosen des Impfstoffs bestellt.

Darüber hinaus gaben auch das deutsche Biotechnologie-Unternehmen BioNTech und der Pharmakonzern Pfizer erste Daten aus ihrer deutschen Phase-1/2-Dosis-Eskalationsstudie mit insgesamt 60 Probanden bekannt. Die Zwischenergebnisse der nicht verblindeten, nicht randomisierten und ohne Kontrollsubstanz durchgeführten Studien wurden erst auf dem Online-Preprint-Server MedRxiv veröffentlicht und durchlaufen aktuell ein Peer-Review-Verfahren für die Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift.

Der Impfstoffkandidat "BNT162b1", der sich gegen einen Teil des viralen Spike-Proteins richtet, erzielte nach Verabreichung einer zweiten Dosis am 22. Tag vergleichbare oder höhere neutralisierende-Antikörper-Antworten – verglichen mit Konvaleszenz-Seren, also dem Blut von ehemals Erkrankten. Darüber hinaus erzeugte er auch zum ersten Mal eine gleichzeitige Induktion von starken T-Zell-Antworten. Die durch "BNT162b1" induzierten Antikörper zeigten eine breitgefächerte Aktivität gegen 16 verschiedene Varianten des Spike-Proteinabschnittes sowie gegen den neuen dominanten D614G-Virusstamm.

Lokale und systemische Reaktionen nach der Immunisierung mit BNT162b1 waren dosisabhängig und traten nur vorübergehend in milder bis moderater Form auf. Gelegentlich kam es zu Grippe-ähnlichen Symptomen oder Injektionsstellen-Reaktionen, die aber spontan abklangen. Es wurden keine schwerwiegenden Nebenwirkungen festgestellt.

Die vorläufigen Ergebnisse der deutschen und US-Phase-1/2-Studien dienen mit weiteren Daten dazu, die Dosis festzulegen sowie eine Auswahl aus den verschiedenen Impfstoffkandidaten zu treffen, um die geplante großangelegte, globale Phase-2b/3-Studie zur Untersuchung der Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes beginnen zu können. Abhängig von der behördlichen Genehmigung, soll die Studie, an der mehr als 30.000 gesunde Probanden beteiligt wären, im späten Juli 2020 beginnen. (vsz)